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Zur Klarstellung...


27.06.2003 16:31 - Gestartet von guidod
Die Standort Information fuer Notdienste ist in den USA schon laengst gesetztlich vorgeschrieben, und das Gesetz wurde wohlgemerkt vor 9/11 beschlossen. Vielleicht ja, weil US Buerger etwas reiselustiger sind, gerade im eigenen Land.

Weiterhin ist es ja nicht erforderlich, in allen Bereichen eine hochgenaue Ortung zu erreichen, auf dem Lande kann man einen Verunfallten auch auf mehrere hundert Meter finden, in der Stadt braucht man es genauer, und ebenda ist aber auch die Antennendichte je Flaeche hoeher.

Was so erstmal simpel klingt, scheitert an einer simplen Software-Frage, denn das HLR (home location register) fuer das Mobilfunknetz speichert nur den Betriebsraum, in dem sich das Handy aufhaelt, dieses ist jedoch ein eigener Computer der mehrere Antennen verwaltet.

Fuer die Ortung braucht man erstmal nur, dass die Antennennummer uebermittelt wird. Als weitergehendes Merkmal kann man nutzen, dass ein Handy sich im Empfangskegel mehrerer Antennen aufhaelt, und durch simple Schnittflaechen berechnungen, kann man den Aufenthaltsraum nun auf das gesetzliche Masz einschraenken.

Eben hier liegt der Knackpunkt, will man doch nun die Verwaltungscomputer der Antennen anweisen, auch die Handies zu uebermitteln, die gar nicht von ihnen verwaltet werden, sondern nur mal eben vorgeifahren sind. Das kostet natuerlich Bandbreite, gerade bei den vielen Handies heutzutage, die schon so das Netz an die Lastgrenze bringen koennen.

Dieses ist unabhaengig von irgendwelchen time-of-flight und anderen Distanz-Messungen je Antennenkegel, oder aehnlichen Dingen wie sie wohl dem geneigten UMTS Interessenten mal bekannt geworden waeren. Der Luftabschnitt ist weniger betroffen, es geht um eine Reorganisation des Verbindungsnetzes, zur Uebermittlung nicht nur der Anmeldedaten, sondern aller Sichtungsdaten.

Nur an wenigen Stellen muesste das Netz dann um Antennenkegel verstaerkt werden, die man in die Berechnungen einbeziehen kann. Das ist mit begrenzten Mitteln machbar, zu diskutieren lohnt jedoch, um die Einfuehrung eines neuen Verbindungsnetzes kurzerhand im Wege des Aufbaus des UMTS-Verbindungsnetzes zu machen, also alle eher gelegene Termine abzuwehren.

Die im journalistischen Bereich gerne vorgebrachte Angst, dass damit einem Ueberwachungsstaat Vorschub geleistet wuerde, ist aus technischen Gruenden nicht sinnreich. Zum Aufgreifen einer bekannten Person, genuegt es auch heute schon, nur den Bereich zu kennen, und dann Personal in die Gegend zu schicken, an typische Ecken zu stellen, die dort ihre Augen offenhalten, bis derjenige vorbeikommt. Das ist schon heute gar nicht so selten.

Bei der Notfall Ortung geht es ja gerade um den Fall, dass man eine Person finden will, die den anrueckenden Kraeften nicht bekannt ist, und nicht zu markante Verbindungspunkten der Gegend vorruecken wird. Das mag auch das Aufgreifen durch Strafermittler unterstuetzen, ist da aber keine neue Qualitaet. Fuer das Auffinden von Verunfallten ist das aber sehr wichtig, denn gerade hier spielt Zeit eine entscheidende Rolle, und kann gar den Unterschied von Leben und Tod ausmachen.

Und der Rest, ist eben Ansichtssache -- cheers, guidod
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[] re: Überwachung / RE: Zur Klarstellung...
guidod antwortet auf
27.06.2003 20:32
Benutzer Monopoly schrieb:

Ich habe meine Zweifel, ob hier der Schaden nicht deutlich den Nutzen überwiegt. Ich glaube kaum, dass vereinzelte gezielte Hilfe, die vielleicht jeder einmal im Leben in Anspruch nimmt, eine Totalüberwachung rechtfertigt.

Wie gesagt, das ist eben Ansichtssache, was 'ueberwiegt', oder ob man diese Technik mit 'Totalueberwachung' attributiert.


Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch den Strafbehörden Zugriff auf die Daten gewährt wird, soweit das nicht heute schon der Fall ist.


Das ist ein anderes Problem, dem ich im politischen Sinne sehr ablehnend gegenueberstehe, und unter dem Begriff der Verschmelzung nachrichtendienstlicher Methoden mit polizeilichen Ermittlungen beschrieben wird, ein Phaenomen das vielerorts in Erscheinung tritt.

Die Nachrichtendienste braucht man sicherlich als warnendes Instrument, deren Ergebnisse und Methoden aber gerichtlich verwertbar zu machen, das fuehrt m.E. zu Big Brother, als der praeventiven Erhebung von Daten und umgehenden Nutzung zur Straferhebung.

Ich moechte hier mal propagieren, sich dafuer einzusetzen, eine formelle Trennung zu setzen, so wie heute Legislative, Judikative, Exekutive getrennt sind, muessen die Nachrichtdienste straff getrennt sein. Deren Ziel soll nicht die Bereitstellung von Daten sein, sondern allein ein Bericht, der allgemein moegliche verborgenen Strukturen beschreibt. Kein Ergebnis darf Beweiskraft erlangen.

Dies ist bisher nicht in den Koepfen verankert, jeder Kinderschaenderfall fuehrt zum Aufbau weiterer Datenbanken mit zehntausenden Eintraegen genetischer Abdruecke. Die man sehr schoen auch in anderen Ermittlungen einsetzen kann. Es muss zum Dogma werden, dass sehr _breite_ Informationserhebungen eben nicht sehr _breit_ zur Beweisfuehrung eingesetzt werden koennen.

Und die formelle Trennung ist hier ein guter Ansatz, breite Informationserhebung wird nicht eingesetzt, ausser zu praeventiven Berichten - zur Beweisfuehrung darf nur schmal und fallbezogen erhoben werden, wenn eben schon ein Fall eingetreten ist. Ohne Uebertrag. Punktum.

Das gelte selbst wenn mancher Terrorist dadurch durch die Luecken schluepft, ebenso wie heute manche Beweisfuehrung im Verfahren unzureichend ist, die bei gebuendelten Kraeften (den Fasci) nicht geschehen koennte. Wohin Buendelungen staatlicher Kraefte und Methoden fuehren kann, mag der Hinweis auf den lateinischen Begriff andeuten, wenn er zum -ismus wird.

beste Gruesse, guidod
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[1] Überwachungsstaat und Papierformulare
peggy antwortet auf guidod
29.06.2003 15:15
Ich moechte hier mal propagieren, sich dafuer einzusetzen, eine formelle Trennung zu setzen, so wie heute Legislative, Judikative, Exekutive getrennt sind, muessen die Nachrichtdienste straff getrennt sein. Deren Ziel soll nicht die Bereitstellung von Daten sein, sondern allein ein Bericht, der allgemein moegliche verborgenen Strukturen beschreibt.

Mir ist es neuerdings sehr angenehm, wenn bei Ämtern auch weiterhin die Verwaltung von Anträgen mittels Papier stattfindet. Früher habe ich immer auf die Bürokratie gemeckert. Heute finde ich Verwaltung per Papier eine sinnvolle Sache. Denn der Antrag beim Sozialamt, der dort auf Papier hinterlegt ist, läßt sich nicht so ohne weiteres mit den Daten beim Finanzamt verschmelzen. Und die Krankheitsgeschichte eines Patienten, die in der Patientenakte beim jeweiligen Arzt stehen, lassen sich (noch) nicht vom Arbeitgeber (heimlich) online anzapfen. Auch lassen sich die Steuerbescheide (noch) nicht mit BAFöG-Anträgen verschmelzen, ebenso wie eine Agglutination von Antrag auf Behindertenrente und Gendatei (noch) nicht möglich ist.

In Zukunft sollten möglichst viele verschiedene Computersysteme existieren, die möglichst NICHT alle untereinander per Internet verknüpft sind. Die Digitalisierung läßt sich nicht vermeiden und ist auch sinnvoll und kostensparend. Aber nicht jede Arztpraxis muß den Diagnosen-Speicherungs-Computer auch in die Internetsteckdose reintun, sondern kann für diese Zwecke einen zweiten Computer anschaffen. Und das Atomkraftwerk täte gut daran, den Steuerungscomputer für die Brennstäbe ebensowenig mit dem Internet zu verbinden. Diese physische Trennung von Datennetzen sollte sich mehr in den Köpfen verankern.

Denn wo Menschen manuell Daten übertragen müssen (durch abtippen, einspeisen oder konvertieren), ist ein hoher krimineller Aufwand erforderlich. Hingegen ein Kraftwerk zu attackieren, das ständig "online" ist, oder Krankenkassendaten zu hacken und ins Netz zu stellen, denkbarer ist als ersteres. Man erinnere sich bitte mal an die Stasi-Liste Anfang der 90er Jahre! Da gabs einen Skandal, als eine Tageszeitung diese Liste abdruckte. Heute stünde die ruckzuck im Netz.

Stichwort Datenhygiene: es sollte jedem klar werden, daß ein jederzeit "trackbarer" und gläserner Mensch dem Mißbrauch Tür und Tor öffnet. Wenn jeder von überall über's Internet beliebige Standortdaten abrufen kann, dazu die Krankendiagnosen und Kontostände - mir wird dabei nicht gerade wohler.

Heiratsdaten? Kein Problem. Was? Schon zehnmal geschieden? So einen wollen wir in der Firma nicht haben. Kontostand? Ist das versteuert worden? Schauen wir doch mal nach. Ein Mausklick später: vor 27 Jahren und vor 14 Jahren Steuerhinterziehung. Klage per Mausklick am Strafgericht eingereicht (automatisierter Prozeß, der ohne jedes Personal abläuft). Angeklagter gibt an, zum Prozeß wegen Krankheit verhindert zu sein. Was? Richter schaut im Diagnosenzentralregister nach. Keine arztbestätigte Krankmeldung liegt vor! Verurteilung folgt. Elektrische Fußfesssel angelegt. Patient ist jederzeit zu orten. Patient betritt mit seinem Handy einen Puff. Dank Mikrokamera wird festgestellt, daß dort kriminelle Geschäfte erfolgen. Sofortige Festnahme des Betreffenden.
Kameras in Londons Innenstadt neuerdings auch zur Überwachung von Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten eingesetzt. Weiße Linie überfahren? 100 Pfund Strafe. Effekt: 1000 mehr arbeitslose Polizisten und eine enorme Kostenersparnis. Kameras lassen sich auch gut zur Personenkontrolle nutzen. Verdeckte Kameras im Geldautomaten neuerdings schwenk- und zoombar! Achten Sie mal auf die kleine dunkle Scheibe, wenn sie das nächste Mal Geld abheben! Die Kamera kann jetzt auch Panoramabilder schießen und Detailaufnahmen machen. Das Polizeirevier hat so gerade ein paar Drogenabhängige der Haft zuführen können, die in der Umgebung einer Sparkasse Drogen kaufen mußten. Und neulich war da ein Prominenter am Geldautommaten - das Foto hat der Automat dank Biometrie-Gesichtserkennung gleich über Handy an ein großes Nachrichtenmagazin gesendet. Interessant, wer da noch auf dem Foto so drauf war! Das war doch gar nicht seine Frau! Morgen weiß jeder von der neuen Affäre.

Peggy
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[1.1] guidod antwortet auf peggy
29.06.2003 16:09
Benutzer peggy schrieb:
Ich moechte hier mal propagieren, sich dafuer einzusetzen, eine formelle Trennung zu setzen, so wie heute Legislative, Judikative, Exekutive getrennt sind, muessen die Nachrichtdienste straff getrennt sein. Deren Ziel soll nicht die Bereitstellung von Daten sein, sondern allein ein Bericht, der allgemein moegliche verborgenen Strukturen beschreibt.

Mir ist es neuerdings sehr angenehm, wenn bei Ämtern auch weiterhin die Verwaltung von Anträgen mittels Papier stattfindet. Früher habe ich immer auf die Bürokratie gemeckert. Heute finde ich Verwaltung per Papier eine sinnvolle Sache. Denn der Antrag beim Sozialamt, der dort auf Papier hinterlegt ist, läßt sich nicht so ohne weiteres mit den Daten beim Finanzamt verschmelzen. Und die Krankheitsgeschichte eines Patienten, die in der Patientenakte beim jeweiligen Arzt stehen, lassen sich (noch) nicht vom Arbeitgeber (heimlich) online anzapfen. Auch lassen sich die Steuerbescheide (noch) nicht mit BAFöG-Anträgen verschmelzen, ebenso wie eine Agglutination von Antrag auf Behindertenrente und Gendatei (noch) nicht möglich ist.


Yo, Papier ist schon nett geduldig, leider ist es in vielen Behoerden schon eine Taeuschung, bzw. ein Ueberbleibsel, und sehr wohl werden schon längst BAFöG Daten abgeglichen. Sehr richtig, die relevanten Eintraege im Papierformular werden in Datenbanken uebertragen, und gut genutzt.

Denn, die im Bundesgesetz verankerte Nichtweitergabe von Daten wird gerade auf Laenderebene sehr gern mittels Gesetz ausgehebelt. Zwar muss das fuer jede (automatische) Verknuepfung von Datenbestaenden einzeln geschehen, aber ueber die Jahre hat sich schon eine recht betraechtliche Zahl an automatischen Abgleichungsprozessen 'eingebuergert'. Was dem gemeinen Buerger meist nicht bekannt ist.

In diesem Sinne, wuerde sich eher eine erweiterte Auskunfspflicht lohnen, also auf allen Papierformularen die du schreibst, muss ein Hinweis stehen, auf die elektronische Verarbeitung und Weitergabe. Das ist heute ja schon bei vielen Formularen von Unternehmen (etwa KundenKarten) ja laengst ueblich. Scheinbar glaubt man, dass ein Gesetz und dessen Veroeffentlichung sonstwo diese abbedingt, wie hinterhaeltig m.E.

In diesem Sinne, sind wir jetzt schon sehr weit offtopic ;-)
-- cheers, GuidoD
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[2] Alles ist möglich?
peggy antwortet auf guidod
29.06.2003 15:28
Das hatten wir doch schon mal. Co-Shopping-Ameisen von letsbuyit.com sollten Käufermacht bündeln. Lebensmittel über's Internet? Fast so sinnvoll wie steckdosenkabelloses Bügeln. Pralinen gibt's bei der Post. Kaiser's verkauft jetzt auch Briefmarken. Die Bahn führt dank ihrer eingekauften ehenaligen Lufthansa-Manager Flugzeugtarife ein. Abstruse Ideen, die allesamt eingeführt wurden und dennoch die breite Masse ärger(te)n. Viele verloren Geld am Neuen Markt, mancher wünscht sich die einfachen alten Bahntarife zurück.

Merke: nicht alles, was machbar ist, bewährt sich. Und nicht alles, was möglich ist, darf man ausprobieren. Es muß ein Datenschutzgesetz geben, das der beliebigen Datenverknüpfung mehr Einhalt gebietet. Und zwar nicht durch Verbotsvorschriften, die keiner einhält und die zum Gesetzesbruch einladen. Sondern durch effektive Regeln, die für jeden einfach und klar sind.

Beispiele:

Speichere keine TAN-Listen auf Computern, sondern bewahre diese auf dem Stück Papier auf, auf dem sie dir die Bank mitgeteilt hat.
Schreibe deine PIN nicht auf Deine Maestro-Card drauf.
Laß keine Unbekannten ins Haus.
Schließe deine Haustür ab, wenn du fortgehst.
Schließe die Fenster, wenn es regnet.
Verbinde keine Datennetze untereinander, die hoch brisante Daten beinhalten (Kontostände, Gendaten, aktuelle Standorte der Personen, ärztliche Befunde, Stammbuch online, Verkehrszentralregister etc.)
Atomreaktoren besser nicht mit dem Internet verbinden.

Peggy