Web 2.0 neuer Liebling der Musikbranche
Das Musikbusiness hat einen neuen Lieblingsbegriff: Web 2.0. Wo man hinhörte in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm, Web 2.0 wurde auf der dreitägigen Popkomm als das neue, Hoffnung bringende Ding gepriesen. Doch keine neue Super-Band, kein musikalischer Trend stecken dahinter, sondern einfach das längst angebrochene zweite Internetzeitalter. Nach dem Boom und Absturz des ersten Web-Hypes um die Jahrtausendwende heißt das Zauberwort jetzt Community, zu deutsch: Gemeinschaft.
Die Nutzer schaffen sich ihr eigenes Netz im Netz. Sie werden über Web-Tagebücher (Blogs) zu Chronisten ihrer (Internet-)Zeit, schließen sich über Foren und Chats zu Gruppen zusammen, gestalten über Mitmachportale wie MySpace oder YouTube selbst ihren Raum im weltweiten Datennetz - mit Filmen, Fotos, Animationen und eben auch Musik.
"Das Web 2.0 ist (...) wie geschaffen für die direkte Interaktion zwischen Künstler und Consumer. Der Artist kann sein Werk direkt präsentieren und ohne großen Aufwand dem Planeten zugänglich machen", schwärmt Christopher von Deylen, Kopf des Musikprojektes Schiller, im Fachmagazin "Musikwoche" über den direkten Kontakt zum Fan.
Musik-Tausch im Internet als Marketing- und Verkaufsinstrument
Schnell merkte die Musikindustrie auf: Der verteufelte Tausch von Musik bei bislang illegalen Börsen wie Kazaa soll jetzt als Marketing- und Verkaufsinstrument genutzt werden: Musikfans berichten Gleichgesinnten im Netz von ihren Vorlieben, verschicken Musikdateien - gegen Bezahlung natürlich, tauschen sich über Konzerte aus, vernetzen sich zu Online-Fan-Clubs. "Wir nutzen MySpace ganz offensiv zum Marketing, präsentieren dort unsere Musik und leiten die Nutzer damit auf unsere Webseite", erzählt US-Boyband-Macher Lou Pearlman.
Eine clevere Werbestrategie, doch wie will die Plattenindustrie mit dem Web 2.0 wirklich Geld verdienen? Schlüssige Geschäftsmodelle sind derzeit nicht parat. "Für das Internet sind soziale Netzwerke und der Aufbau von Gemeinschaften sehr wichtig, aber die Frage ist: Wie kommen die Plattenfirmen an ihre Lizenzgebühren, an ihr Geld?", fragt Paul Brindley vom britischen Unternehmen MusicAlly, das seit fünf Jahren den digitalen Musikmarkt analysiert und Musik-, Online- sowie Mobilfunkfirmen berät.