Markt

Festnetzanbieter fürchten den Bitstromzugang

Der Bitstromzugang kommt, doch zu welchen Konditionen?
Von Björn Brodersen mit Material von dpa

Die deutschen Festnetzbetreiber befürchten einen Wettbewerbsnachteil durch das Eingreifen der Europäischen Kommission in den Breitbandmarkt. "Wir sehen unsere Investitionen gefährdet, wenn der Preis für Bitstrom nicht im richtigen Verhältnis zu den Entgelten für die Telekom-Anschlussleitung steht", sagte Peer Knauer, Chef von Versatel Deutschland, heute in Köln der dpa-AFX. Die EU hatte am Montag eine Regelung der Bundesnetzagentur gebilligt, womit der so genannte Bitstrom-Zugang gewährleistet werden soll.

Die Telekom-Wettbewerber können über den Bitstrom-Zugang eigene Internetangebote zusammenstellen und unter eigenem Namen und Rechnung anbieten. Die nötigen Investitionen für den Zugang zum Telekom-Netz verringern sich durch Bitstrom nach Einschätzung von Experten deutlich, da das eigene Netz nicht mehr so eng mit der Infrastruktur der Telekom verwoben werden muss. Profitieren werden davon vor allem die Wiederverkäufer von DSL-Anschlüssen der Telekom, die über kein eigenes Netz verfügen. Unternehmen wie Versatel Deutschland, Arcor, Telefónica/o2 und HanseNet haben bereits massiv in den Ausbau ihrer Infrastruktur investiert und benötigen daher den Bitstrom-Zugang nicht mehr.

Netzbetreiber bleiben von Telekom abhängig

Trotz der Investitionen sind die Netzbetreiber von der Telekom abhängig, die quasi ein Monopol über den direkten Hausanschluss (letzte Meile) zu den Kunden verfügt. Diese so genannte Teilnehmeranschlussleitung (TAL) mieten die Wettbewerber der Telekom daher für knapp elf Euro im Monat pro Anschluss bei dem Bonner Konzern. Sollte der Bitstrom-Zugang kaum teurer als die Anmietung einer TAL sein, dann rechnet sich der Netzausbau nach Angaben von Versatel-Chef Knauer nicht.

Auch andere Festnetzbetreiber fürchten um ihre getätigten Investitionen: "Der Regulierer muss darauf achten, dass die bisherigen Investitionen durch die Einführung des Bitstrom-Zugangs nicht gefährdet werden", sagte ein Sprecher von Arcor, dem zweitgrößten Anbieter nach der Telekom.

Die Netzagentur müsse nun dafür sorgen, dass Bitstrom nicht zu günstig werde, sagte Knauer, der auch Präsident des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko) ist. In den vergangenen Wochen habe es bereits Gespräche mit der Bonner Behörde gegeben. "Ich habe nicht den Eindruck, dass der Regulierer mit Augenmaß entscheiden wird." Die Bundesnetzagentur äußerte sich auf Anfrage nicht zu der geplanten Entgeltstruktur. Diese müsse nun festgelegt und der Telekom innerhalb von drei Wochen zugestellt werden.

VATM: Bitstrom ist nur eine von mehreren Vorleistungen

Der Branchenverband VATM dagegen begrüßt das Eingreifen der EU-Kommission. Der Bitstream sei allerdings ein Vorleistungsprodukt von mehreren, die in Deutschland benötigt würden, um eine größtmögliche Angebotsvielfalt sicherzustellen. Wenn es der Telekom gelänge, unreguliert auf den Fernsehmarkt vorzustoßen, würde dies nach Meinung des Verbands nicht nur einen eklatanten Wettbewerbsnachteil für die anderen Breitbandanbieter im Telekommunikationsmarkt bedeuten, sondern auch die Versuche der Bundesregierung konterkarieren, alternative Infrastrukturen wie die der TV-Kabelnetzbetreiber zu fördern.

"Die hier anstehende Regulierung betrifft zwar nur den Bitstream-Zugang als eine Variante. Sie hat aber grundsätzliche Bedeutung für die Frage, ob die Telekom zu fairen Konditionen zum Zugang zu ihrem Netz verpflichtet werden kann. Ansonsten könnte es ihr gelingen, ihre Monopolvorteile auszuspielen und weiterhin den Zugang zu Glasfasernetzabschnitten, Leerrohren oder Kabelverzweigern zu verhindern", sagte Geschäftsführer Jürgen Grützner heute. Die Bundesnetzagentur stehe nun eben vor der Aufgabe, die Konditionen für den Bitstream Access konsistent zu anderen Vorleistungsprodukten wie etwa TAL oder Line Sharing zu gestalten, um einen chancengleichen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen zu gewährleisten.