vesäumte Kontrolle

Schulbuch in Österreich lotst 13-Jährigen in Abo-Falle

Bildungsministerium prüft Konsequenzen
Von Christian Horn

Der Lerneifer eines 13-jährigen Schülers hat in Österreich für einigen Wirbel gesorgt. Ein im Schulbuch "Deutschstunde 3" aus dem Linzer Veritas Verlag empfohlener Web-Link hatte den Schüler direkt in eine 84 Euro teure Abo-Falle gelotst - jetzt bemüht sich der Verlag um Schadensbegrenzung und das österreichische Bildungsministerium prüft Konsequenzen.

Der 13-Jährige nahm im Deutschunterricht die Erörterung durch, die am Thema Rauchen geübt werden sollte. Der Siebtklässler griff zu seinem Schulbuch "Deutschstunde 3" und fand darin den Ratschlag: "Im Internet kann man davon unter www.rauchen.de viel nachlesen." Er besuchte die genannte Seite, wurde von dort aber auf die Seite www.rauchen-heute.de weitergeleitet - eine Internetseite, die seit langem als Kostenfalle bekannt ist. "Weil wir den Auftrag hatten, eine Erörterung über Nichtraucher zu schreiben, registrierte ich mich dort und schrieb meine Erörterung", berichtet der 13-Jährige. "Das war vor 2 Wochen. Jetzt kam eine Mail, dass ich 84 Euro zahlen muss. Jetzt sah ich auch dass die Laufzeit 24 Monate ist. Also muss ich dann nächstes Jahr wieder 84 Euro zahlen", klagte der Schüler im Forum von Dialerschutz.de.

Verlag vesäumte Kontrolle der Website-Inhalte

Dialerschutz.de konfrontierte das österreichische Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit dem Fall, das daraufhin eine Stellungnahme des Schulbuchverlages forderte. "Es ist sehr bedauerlich, dass der Schüler in eine Kostenfalle getappt ist, und es ist ganz besonders bedauerlich, dass er dazu offenbar durch sein Schulbuch angeregt wurde", erklärte Gertrude Öllinger vom Veritas-Verlag. Als das Buch erstellt und überprüft wurde, sei rauchen.de noch ein empfehlenswertes Angebot gewesen: "Bei den Nachdrucken wurde eine neuerliche Kontrolle der genauen Website-Inhalte leider verabsäumt."

Dialerschutz.de zufolge wurde die vormals kostenlose Info-Seite jedoch schon vor zwei Jahren an einen Betreiber aus dem hessischen Büttelborn verkauft, der zunächst auf teure Dialer-Abrechnung setzte. Nachdem für 0900-Dialer in Deutschland strengere Regeln eingeführt wurden, wechselten die Büttelborner ihr Zahlungssystem aus. Seit Anfang des Jahres lauert darauf nun eine so genannte Abo-Falle: Wer sich mit seinen Daten registriert, bekommt nach Ablauf der Widerrufsfrist eine Rechnung über 84 Euro ins Haus geschickt. Dass potenzielle Kunden auf der Startseite inzwischen über die Kosten und den Abo-Vertrag hingewiesen werden, ist allerdings neu. Der Bundesverband Verbraucherzentrale hatte die Büttelborner Firma abgemahnt, woaufhin die Seiten geändert wurden.

Der Veritas-Verlag versprach Konsequenzen. Die kommende fünfte Auflage des Schulbuchs sei zwar schon gedruckt, in der nächsten Auflage werde der Link aber aus dem Buch entfernt. Bis dahin werde per Korrigenda-Zettel auf die Gefahr aufmerksam machen, außerdem würden die Lehrer, die das Buch in ihren Klassen verwenden, informiert.

Bildungsministerium überdenkt Konsequenzen

Das österreichische Bildungsministerium denkt derweil schon an weitere Konsequenzen: "Im zuständigen Ressort wurde eine Beratung geführt, inwieweit im Bereich der Online-Schulbücher Überprüfungen eventuell anders stattfinden sollen, sowohl was die Lehrplanentsprechung als auch die Inhalte selbst betrifft", sagte Dr. Sepp Redl Dialerschutz.de. Für den Fall des 13-Jährigen gab Dr. Redl Entwarnung, indem er auf die Rechtslage verwies nach der Minderjährige in Österreich nur beschränkt geschäftsfähig sind: "Ungültig im Sinn dieser Regelung sind auch Geschäfte, die ein Minderjähriger nicht durchschauen kann. Im Fall von Geschäften im Internet spielt zusätzlich das Konsumentenschutzgesetz hinein, dass besondere Rücktrittsrechte enthält. Bei einem 13-Jährigen, der im Internet ein Geschäft abschließt, kommen diese Rücktrittsrechte jedoch gar nicht in Frage, da der Abschluss schon nach dem ABGB nicht gültig ist." erklärte Dr. Redl.