Planung

Spitzenpolitiker wollen neues Telekom-Netz schützen

Regulierer soll keinen Netzzugang für Wettbewerber verlangen dürfen
Von Björn Brodersen

Entgegen der Arbeitsgruppe Wirtschaft der angehenden Koalitionspartner CDU und SPD wollen Spitzenpolitiker der beiden Parteien nun doch das geplante Hochgeschwindigkeitsnetz mit einer Übertragungsrate von 50 MBit/s von der Regulierung ausnehmen. Vor allem SPD-Chef Franz Müntefering und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement drängen auf einen solchen Persilschein für zwei bis drei Jahre, aber auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat offenbar in einen solchen Schritt eingewilligt. Das berichtet heute die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) unter Berufung auf Koalitionskreise. Demnach soll die Telekom die führenden Politiker davon überzeugt haben, dass der Regulierer keinen Zugang für die Telekom-Konkurrenten in der Startphase des Glasfaser-Netzes verlangen darf. Nur dann will die Telekom eigenen Worten zufolge das Netz bauen.

Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke war offenbar schon vor Wochen bei der designierten Kanzlerin vorstellig geworden. Druck macht der Bonner Konzern, der im DSL-Geschäft in einigen Großstädten die Marktführung inzwischen verloren hat, vor allem über den angekündigten Abbau von 32 000 Arbeitsplätzen. Für das neue Netz würden im Gegenzug 5 000 neue Stellen geschaffen. "Da es sich um eine Neuinvestition handelt, wird es notwendig sein, deutlich zu machen, dass dies kein Fall für die Regulierungsbehörde ist", sagte SPD-Politiker Ludwig Stiegler der FTD. Die Koalition unterstütze die Investition vor allem mit Blick auf die Fußball-WM 2006. Über das neue Netz könnte die Telekom auch TV-Inhalte anbieten.

Konkurrenz warnt vor neuem Monopol

Die Konkurrenz warnt allerdings vor den Folgen: Sollte die Telekom sich durchsetzen, könnte sie 50-MBit/s-Anschlüsse zum selben Preis anbieten wie die nur halb so schnellen Anschlüsse der Konkurrenz. Das sieht auch Torsten Gerpott, Telekomexperte der Uni Duisburg, so: "Die Telekom hätte so eine gute Ausgangsposition, um die Rivalen an die Wand zu drücken." Und Jürgen Grützner, Chef des Wettbewerberverbandes VATM, kritisierte gegenüber der FTD: "Das wäre das erste Mal, dass ein Monopol wieder an den Marktbeherrscher gegeben wird. Dabei haben wir in Deutschland noch nicht einmal den flächendeckenden Ausbau des Internets geschafft." Kein anderer Anbieter könne solch ein Netz bauen, zudem nutze die Telekom alte Rohre aus Monopolzeiten dafür."

Bundesnetzagentur ist höchstens zu höheren Gebühren bereit

Die Bundesnetzagentur rät dagegen der Telekom, ihr neues Breitbandnetz für die Wettbewerber zu öffnen. "Wenn es bei Wettbewerbern den Verdacht gibt, dass die Telekom dauerhaft einen neuen Monopolsektor schaffen möchte, dann sollte sie diesen Verdacht im eigenen Interesse möglichst schnell ausräumen", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, dem "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe). Die Telekom sollte ihre Pläne mit den Wettbewerbern transparent diskutieren. Allerdings zeigte sich der Behördenchef bereit, auf die Telekom zuzugehen. So könnte sie von Wettbewerbern für die Nutzung des neuen Netzes unter Umständen höhere Gebühren verlangen. "Ich verstehe, dass die Telekom mit dieser Investition ein hohes Risiko eingeht und deshalb einen höheren Ertrag haben möchte", sagte Kurth.