Speicherpläne

Meinungsverschiedenheiten bei EU-Speicherplänen

Treffen der EU-Innen- und Justizminister brachte keinen Durchbruch
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die EU-Pläne zur massenhaften Speicherung von Telefon- und Internetdaten sind bei Datenschützern und der Industrie auf Kritik gestoßen. Einzelheiten des Vorhabens blieben gestern auch auf einem Treffen der Innen- und Justizminister der 25 EU-Staaten im englischen Newcastle heftig umstritten. Die Minister seien sich aber im Grundsatz einig, dass Verbindungsdaten zur Fahndung nach Terroristen und anderen Verbrechern EU-weit einheitlich gespeichert werden sollten, sagte der britische Ressortchef und Ratsvorsitzende Charles Clarke.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, warnte indes davor, "dass Millionen von Datensätzen völlig unschuldiger und unverdächtiger Nutzer von Telekommunikationsdiensten quasi "auf Vorrat" überwacht würden". Der Branchenverband BITKOM bezifferte die Kosten allein für die deutschen Unternehmen "auf weit mehr als 200 Millionen Euro allein im ersten Jahr".

Vertreter der Industrie und der britischen Polizei trugen den Ministern ihre Vorstellungen vor. Michael Batholomew vom europäischen Telekommunikationsverband ETNO kritisierte, dass laut EU-Plan auch der genaue Ort eines Handy-Teilnehmers festgehalten werden solle. "Dies verstößt gegen die geltenden Datenschutzgesetze", sagte Batholomew. Für Verbindungsdaten zu manchen Telefonaten im Internet müsste zudem deren gesamter Inhalt gespeichert werden, hieß es.

Der britische Innenminister Clarke drang auf eine Einigung im Rat binnen vier Wochen. Dieses Datum sei angesichts der Meinungsverschiedenheiten aber kaum noch zu schaffen, meinte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Sie verwies auf einen einstimmigen Bundestagsbeschluss, wonach solche Daten höchstens sechs Monate gespeichert werden dürften. Bundesinnenminister Otto Schily trat hingegen für "mindestens ein Jahr" Speicherzeit ein.

Speicherdauer umstritten

Neben der Dauer der Speicherung ist auch der Umfang der Datensammlung umstritten. Schily wandte sich dagegen, auch alle erfolglosen Anrufversuche aufzuzeichnen. Der schwedische Justizminister Thomas Bodström bestand hingegen auf einer solchen Vorschrift. Seine deutsche Amtskollegin Zypries äußerte Verständnis für entsprechende Wünsche: "Wer regelmäßig "Tatort" guckt, der weiß, dass da ein Fahndungsinteresse besteht."

Die Branche bemängelte, viele Punkte seien noch ungeklärt. "Es hält sich hartnäckig das Missverständnis, die Unternehmen müssten ohnehin vorliegende Daten einfach nur länger aufbewahren. Das ist falsch", sagt BITKOM-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder in Berlin. Der Vorstoß von Frankreich, Großbritannien, Irland und Schweden sehe auch vor, erfolglose Anrufversuche und aufgerufene Webseiten sowie E-Mail-Partner im Internet zu protokollieren.

Der EU-Plan lässt offen, ob die Kunden oder der Staat - und damit die Steuerzahler - für die Speicherkosten aufkommen sollen. Nach einer repräsentativen Befragung der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des Unternehmens COLT Telecom sind 47 Prozent nicht damit einverstanden, dass ihre Telekommunikationsdaten über einen längeren Zeitraum detailliert gespeichert werden. Gleichzeitig lehnen es 78 Prozent der Befragten ab, die dabei entstehenden Kosten zu tragen.