EU

Pläne für Telefondaten-Speicherung werden konkreter

Die EU-Staaten rücken bei der Terrorabwehr zusammen
Von dpa / Björn Brodersen

Angesichts der Selbstmordanschläge von London rücken die 25 EU-Staaten in der Terrorabwehr enger zusammen. Die Innen- und Justizminister vereinbarten bei einem Sondertreffen in Brüssel eine verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen die Bedrohung. Konkret soll im Oktober ein Beschluss zur Speicherung aller Daten zu Telefon- und Handyverbindungen fallen. Bedenken von Europa-Abgeordneten und des Europäischen Datenschutzbeauftragten wiesen Bundesinnenminister Otto Schily und seine Kollegen zurück. Auch Branchenverbände wehren sich bislang gegen solche Pläne. Dagegen hatte die britische EU-Ratspräsidentschaft vor wenigen Tagen angekündigt, die strittigen Pläne für eine umfassende Speicherung von Telekommunikationsdaten verstärkt voranzutreiben.

"Sicherheit ist die Voraussetzung für Freiheit", sagte Schily zur Kritik an den Datensammlungen. "Man sollte zwischen diesen beiden Begriffen keinen Gegensatz schaffen." Schilys britischer Amtskollege Charles Clarke, der dem Rat vorsitzt, forderte eine Beschleunigung des Vorhabens. Die bürgerlichen Freiheiten müssten als Ganzes gesehen werden, meinte Clarke. Auch die Freiheit, mit der U-Bahn zu fahren und einer Arbeit nachzugehen, gehöre dazu.

Schily: Zwecke heiligt die finanziellen Mittel

In großer Geschlossenheit unterstützte der Ministerrat ein Dokument des britischen EU-Vorsitzes, das auch die Bedeutung der vorbeugenden Arbeit betont. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sagte, dem vorliegenden Entwurf zur Telefondatensammlung könne Deutschland zustimmen. Über die Kosten des Vorhabens habe man mit der Industrie "sehr vernünftige Gespräche geführt", sagte Schily. Die Kosten hielten sich "im Rahmen", wenn die Speicherung aller Verbindungen per Handy und Festnetz auf ein Jahr begrenzt würde. Die Angaben würden schon heute aufgezeichnet und 90 Tage lang zur Abrechnung aufgehoben. "Wer da Kostenargumente geltend macht, der muss sich mal überlegen, was die Todesopfer bedeuten", mahnte der Minister.

Der EU-Datenschutzbeauftragte Hustinx hatte hingegen vor einer Flut von Angaben gewarnt, die am Ende weder kontrollierbar noch nutzbar wäre. "Da wird ein riesiger Heuhaufen von Daten aufgehäuft, der selbst zu einem Sicherheitsproblem werden kann", sagte Hustinx der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Die Kernfrage ist, ob die Maßnahme notwendig ist zusätzlich zu dem, was wir bereits haben."

EU-Justizkommissar Franco Frattini rief die Mitgliedstaaten zur raschen Umsetzung bereits gefasster Beschlüsse auf. Daran habe es in der Vergangenheit gemangelt, mahnte Frattini. "In der Tat fehlt es oft noch an einer ausgefeilten Zusammenarbeit", bestätigte Bundesjustizministerin Zypries. Kommissar Frattini kündigte einen eigenen Vorschlag zur Datensammlung für September an.