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Anhörung: Viel Kritik am Anti-Spam-Gesetz

Experten halten den Gesetzentwurf der Bundesregierung für untauglich
Von Marie-Anne Winter

Spam ist lästig, da sind sich alle einig. Aber über die Methoden, mit denen die Flut des unerwünschten Werbemülls eingedämmt werden soll, wird hierzulande weiter gestritten. In anderen Ländern wurden schon Anti-Spam Gesetze installiert: In den USA etwa müssen Spammer mittlerweile mit Gefängnisstrafen bis zu zehn Jahren rechnen. Anfang des Monats machte die Verurteilung eines Spammers zu neun Jahren Haft Schlagzeilen. Auch in Deutschland wird ein Anti-Spam-Gesetz diskutiert. Aber ob der von der Regierungskoalition vorgelegte Gesetzentwurf wirklich dazu taugt, Spam wirksam zu bekämpfen, ist bei Experten umstritten.

Auf der einen Seite fordern Verbraucherschützer, erheblich härter als von Rot-Grün geplant gegen die Verursacher vorzugehen. So soll nach Ansicht des Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) jegliches Übersenden unverlangter kommerzieller Werbung per E-Mail als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden. Das Anti-Spam-Gesetz von Rot-Grün sieht Bußgelder dagegen erst vor, wenn Absender oder der Werbezweck der unverlangten Mails verschleiert werden. Für diesen Fall verlangten die Verbraucherschützer sogar Freiheits- oder Geldstrafen. Das gelte insbesondere, "wenn die Angeschriebenen verleitet werden, geheime Informationen preiszugeben". Gemeint sind damit Daten für das Internet-Banking, die sich Betrüger erschleichen.

Spam ist in Deutschland illegal

Zahlreiche Verbände und Online-Unternehmen bezweifelten allerdings, dass das Gesetz nennenswerte Erfolge im Anti-Spam-Kampf bringen werde. Der überwiegende Teil der verdeckt arbeitenden Spammer ist vom Ausland aus tätig und es bestehen kaum Möglichkeiten, sie dingfest zu machen - selbst wenn man ihnen auf die Spur kommen sollte. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) ließ bei einer Anhörung [Link entfernt] des Bundestags-Wirtschaftsausschusses gestern in Berlin keinen Zweifel daran, dass er den rot-grünen Gesetzentwurf für untauglich hält. Auch der Branchenverband Bitkom meint, dass dieser Gesetzentwurf in der Praxis nicht umsetzbar sei. Im Rahmen der Anhörung wiesen auch Rechtsexperten auf Lücken und Schwachstellen in dem Regierungs-Entwurf hin.

In Deutschland ist der Umgang mit unerwünschten Webemails bisher im Wettbewerbsrecht geregelt. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist der Versand von Spam illegal - es sei denn, der Empfänger hat dem Versand von Info- oder Werbemails zugestimmt. Wettbewerber und Verbände können den Versender unerwünschter E-Mails auf Unterlassung und Schadenersatz verklagen. Allerdings wird von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht.

Doch auch das vieldiskutierte Anti-Spam-Gesetz ist kein eigenes Gesetz, sondern eine Erweiterung des so genannten Teledienstegesetzes. Die Neufassung zielt wie bereits mehrfach berichtet, auf das Verbot von E-Mails, in denen in der Kopfzeile die Identität des Absenders verschleiert oder verheimlicht wird. Verstöße können mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro geahndet werden. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert in seiner Stellungnahme eine Geldbuße bis zu 450 000 Euro.

Wirtschaft fürchtet Überregulierung

Die Wirtschaftsvertreter allerdings wehren sich gegen eine generelle Kennzeichnungspflicht für elektronische Werbesendungen. Damit würde sämtliche Werbung per E-Mail unter Generalverdacht gestellt. Eine ausdrückliche Kennzeichnung etwa durch den Hinweis "Werbung" sei aber kontraproduktiv. Internetuser könnten dann zwar die derart gekennzeichnete Reklame leicht wegfiltern, aber das verstärke nur den Anreiz für schwarze Schafe, ihre Botschaften zu verschleiern.

Einig waren sich die Experten immerhin, dass der Kampf gegen den elektronischen Werbemüll nur auf internationaler Ebene erfolgreich geführt werden könne, weil nur ein kleiner Teil der Spam-Versender aus Deutschland stamme. Aber selbst bei einem international koordinierten Vorgehen laufen die Ermittlungen häufig ins Leere, weil Spam zunehmend über so genannte Zombie-PCs verschickt werde. Dabei handelt es sich um Rechner, die von den Spammern über Schadprogramme ferngesteuert werden. Auch wurde ins Gespräch gebracht, den Kampf gegen Spam einer Bundesbehörde zu übertragen, beispielsweise der Regulierungsbehörde, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) oder den Datenschutzbeauftragten. An wen sich Spam-Opfer aktuell derzeit wenden können, erfahren Sie in einer weiteren Meldung und auf unseren Info-Seiten.