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RegTP fordert besseren Maßnahmenkatalog für eigene Behörde

Zufriedenheit über Erfolge der aktuellen Regulierung
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Matthias Kurth, Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), sprach gestern abend zufrieden über die aktuelle Arbeit seiner Behörde. In seinem Referat auf Einladung des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) wies er in Berlin auf zahlreiche Erfolge in der aktuellen Regulierungspraxis hin, so etwa die Öffnung des Ortnetzes für Call by Call und Pre-Selection, räumte aber auch Misserfolge der aktuellen Wettbewerbspolitik und -praxis ein, z. B. im Bereich DSL.

Gerade der in der Vergangenheit von der RegTP eingeschlagene Weg, einen ausgewogenen Infrastruktur- und Dienstewettbewerb zu fördern, zahle sich aus. So hat die Einführung alternativer Diensteanbieter bei den Ortsgesprächen binnen kurzem den betroffenen Firmen einen Marktanteil von 17 Prozent beschert. Diese Entwicklung führt nach Kurth allerdings nicht, wie von einigen Marktteilnehmern befürchtet, zu einem Zusammenbruch des Wettbewerbs in anderen Bereichen, so etwa beim Teilnehmeranschlussmarktes (TAL): Hier wurden im letzten Quartal 2003 109 000 Anschlüssen von Wettbewerbern der Deutschen Telekom verkauft. Dies sind so viele Anschlüsse wie keinem anderem Quartal zuvor, also "ein Erfolg". Wie Diskussionsteilnehmer aus Reihen des VATM anmerkten, sei dieser Wert allerdings immer noch verschwindend gering, als dass man wirklich von funktionierendem Wettbewerb bzw. Erfolgen in diesem Bereich sprechen könne. Gerade, wenn man den gesamten Marktanteil der Wettbewerber in diesem Bereich ansehe bzw. bedenke, dass bereits zur Einführung von GSM im Mobilfunk im Jahre 1992 eine größere Anzahl mobiler Anschlüsse verkauft wurde, werde diese Sorge deutlich.

Plädoyer für Technologie-Mix und Resale

Im weiteren Verlauf setzte sich Kurth dafür ein, in Deutschland einen vielfältigen Mix an Zugangstechnologien parallel zu ermöglichen und zu fördern. So äußerte er sich erfreut über den aktuellen Boom bei WLAN-Anschlüssen, zugleich aber auch besorgt über den geringen Ausbaustand und technischen Standard des TV-Kabel-Netzes.

Da in absehbarer Zeit "leider" keine flächendeckende Alternativinfrastruktur zur Verfügung stehe, sei es aus Wettbewerbsgesichtspunkten daher wesentlich, dass vor allem in der Fläche zusätzliche Angebote durch Wiederverkäufer (Resale) bereitstünden. Aus Sicht der Bonner Behörde sei bei der genauen Ausgestaltung eine sinnvolle Balance zwischen Infrastrukturanreiz und Resale wichtig. Wesentlich sei vor allem, dass keine der beiden Handlungsalternativen (Infrasturkurinverstitionen versus Resale) durch die gesetzliche Rahmenbedingungen oder die Regulierung bevorteilt werde.

Sündenfall DSL - wirkungsvollere Regulierungsinstrumente gefordert

Genau an den letzten Äußerungen scheiden sich in der Praxis allerdings die Geister und entzünden sich eine Vielzahl der Streits zwischen Politik, RegTP, dem Ex-Monopolist und Marktführer Deutscher Telekom sowie einer Vielzahl der Wettbewerber. Besonders am "Sündenfall" der aktuellen Regulierungspolitik und -praxis DSL wird dies besonders deutlich. Viele Wettbewerber sind der Ansicht, dass bis heute hierfür kein adäquates Vorleistungsprodukt zur Verfügung steht, um eigene DSL-Anschluss und -Zugangsprodukte anbieten zu können. Der Wettbewerb beschränke sich immer nur auf den mit dem DSL-Anschluss verbundenen Internetzugang.

Diese Situation ist einer Vielzahl an Wettbewerbern ein tiefer Dorn im Auge, stärkt doch der eigene Markterfolg beim Internetzugang die Marktposition der Festnetztochter der Deutschen Telekom, T-Com, beim DSL-Anschluss. Laut Arcor-Chef Stöber machen sich die Wettbewerber so zum "Handlanger der T-Com", eine auf Dauer untragbare Situation.

Zahlreiche im VATM organisierten Wettbewerber, so auch AOL, fordern daher ein echtes Vorleistungsprodukt auf Basis des Bitstream-Access. Künftig müssten solche Vorleistungsprodukte jeweils gleichzeitig mit dem Launch eines neuen Privatkundenproduktes zur Verfügung stehen. Nur so könne man wirklich von Wettbewerb sprechen. Andernfalls seien die Wettbewerber letztendlich nur Vertriebspartner verschiedener T-Com-Produkte - eine Situation die langfristig zu Margenverfall und mangelnder Innovationskraft in Deutschland führen werde.

Matthias Kurth nahm seitens der RegTP die bisherige Situation bei DSL mit Bedauern zur Kenntnis, stellte aber auch klar, dass er auf Basis der bestehenden Gesetze und Regulierungsnormen derzeit nur wenig eigenen Handlungsspielraum sieht. Leider fehlten seiner Behörde effiziente materielle Normen, um wirklich wirksam auf bestimmte Verzögerungstaktiken der Telekom reagieren zu können bzw. die Telekom zu für sie wirklich schmerzlichen Dingen zu verpflichten. So sei es heute z. B. nicht möglich, ein neu geplantes Endkundenprodukt der Telekom (z. B. die jüngst angekündigte Breitband-Offensive von T-Com) solange aufzuhalten, bis das entsprechende Vorleistungsprodukt für die Wettbewerber zur Verfügung stehe. "Wenn ich einen Wunsch für das neue TKG frei hätte, würde ich mir eine Regelung wie diese, die im ersten Arbeitsentwurf enthalten war, auch im endgültigen TKG wünschen!", so der Appell Kurths an die Vertreter der Politik.

Umbenennung der RegTP?

Am Rande der Veranstaltung äußerte sich Kurth auch zur aktuellen Diskussion über die Namens- und Abkürzungsgebung seiner Behörde. Mit einem Schmunzeln meinte er, dass der Namensgeber bei Gründung der Regulierungsbehörde schon mit Weitsicht gehandelt habe. Die beiden neuen Zuständigkeitsbereiche Strom und Gas, die Mitte des Jahres zusätzlich zur Post und Telekommunikation hinzukommen, sind im wesentlichen schon in der heutigen Abkürzung RegTP enthalten: Die beiden Kleinbuchstaben "e" und "g" könnten auch heute schon als Hinweis auf die Zuständigkeit für den Elektrizitäts- bzw. Energiemarkt und den Gasmarkt interpretiert werden.