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Erneuter Streit um Verisign-Vorgehen

Eigene Kunden bei Domainregistrierung bevorzugt
Von Ralf Hüskes

Bereits seit einiger Zeit gibt es Planungen zur Einführung von internationalen Buchstaben wie ä, ö und ü für .com-Domains. Die bisher nicht in Domainnamen erlaubten Zeichen werden dazu im Hintergrund auf der Grundlage des Punycode-Standards in erlaubte Zeichen umgesetzt, so dass viele bisher nicht verfügbare Domainnamen wie bücher.com, männer.com und küsse.com mit einem Schlag zur Verfügung stehen.

Nutzer sollten dazu nach dem Prinzip First-Come-First-Serve die Möglichkeit haben, neue Domains zu registrieren. Doch diese theoretische Chancengleichheit hat Verisign durch ein trickreiches Verfahren zum eigenen Vorteil ausgenutzt.

In einer Nacht- und Nebelaktion schaltete Verisign ohne offizielle Ankündigung der ICANN nun dieses Wochenende die offizielle Registrierung der neuen .com-Domains frei. Gleichzeitig stellte die Firma über eine Millionen Domains auf die neue Kodierung um, die von ihr in den vergangenen Jahren in dem gescheiterten RACE-Standard registrierte wurden. Damit haben anderen Registrare keine Chance mehr, die begehrten Domainnamen zu registrieren.

"Wir freuen uns natürlich, dass Verisign nun den Punycode-Standard unterstützt", so Andreas Maurer von Schlund + Partner, "das Vorgehen hat uns jedoch irritiert. Am Mittwoch noch saßen wir mit Verisign in Deutschland zusammen und man wollte oder konnte uns keinen Termin für die Einführung nennen. Am Freitag kam dann nicht nur die Nachricht über den Termin. Es erfolgte auch gleich die Freischaltung."

Verärgert ist Maurer nicht nur darüber, dass seine Mitarbeiter am Wochenende Überstunden machen mussten: "Das ist ein Wettbewerbsnachteil für alle Provider, die sich nicht an dem alten Test beteiligt haben."

Ronald Paul, Leiter Domain Services von United-Domains und Mitteilnehmer an dem alten Feldtest sieht das unterdessen anders: "Man muss auch sehen, dass die Kunden von Verisign teilweise zwei Jahre lang Gebühren für die Registrierung ihrer Domains nach dem alten RACE-Standard bezahlt haben, ohne diese wie erhofft nutzen zu können." Dass diese nun auf den neuen Standard umgestellt werden, sei nur folgerichtig, so Paul.

Maurer von Schlund + Partner verweist hingegen darauf, dass die alten Registrierungen klar als Test bezeichnet worden sind. "Wir hatten das damals bewußt nicht mitgemacht", so Maurer, "da es sich nicht um einen Internet-Standard gehandelt hat."

Zumindest für die Zukunft sieht United-Domains die internationalen .com-Domains nun unterdessen kritisch und möchte sich zwischenzeitlich zurück halten. "Wir werden zunächst einmal keine Registrierungsmöglichkeit für internationale .com-Domains anbieten", so Paul. "Die meisten Anwender können die damit entstehenden technischen Probleme nur schwer einschätzen und es bedarf erst einmal einer intensiven Informations-Kampagne."

Sichtbar sind die multilingualen .com-Domains nur für Anwender, die sämtliche Programme - vom Webbrowser bis zum Email-Client - aktualisieren.

Erinnerungen an vergangene Sonderwege

Bereits vor einigen Wochen machte Verisign Schlagzeilen, nachdem die Firma eine Art Wildcard-Domain in ihren Nameserver eingetragen hatte, der dazu führte, dass alles Nutzer, die eine nicht existierende Domain aufriefen, auf einen von Verisign betriebenen Werbe-Server weitergeleitet worden sind. Erst nach heftigen internationalen Protesten wurde das Angebot eingestellt.

Verisign ist für den technischen Betrieb des Root-Nameservers für .com-Domains zuständig und hat in dieser Eigenschaft Zugriff auf das System. Gleichzeitig arbeitet Verisign als Domain-Registrar und befindet sich so mit anderen Registraren im Wettbewerb.

Historisch gesehen fiel Verisign der Betrieb des Root-Nameservers durch die Aquisition der Firma Network Solutions zu, die der amerikanischen Regierung nahe stand und vor der Öffnung des Domain-Marktes ein Monopol auf die Registrierung von .com-, .net- und .org-Domains hatte.