verwirrend

Editorial: Akkusorgen und Modellpaletten

Die Probleme des Wachstums
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Es entwickelt sich zur Posse: Erst findet die Stiftung Warentest unsichere Akkus bei bestimmten Nokia-Handys. Nokia dementiert umgehend. Der holländische Partner der Stiftung Warentest räumte daraufhin ein, dass man möglicherweise gefälschte Akkus getestet habe. Nokia versprach daraufhin, künftig aggressiv gegen Fälschungen vorzugehen. Ein Programm zur unzweideutigen Kennzeichnung ist in Vorbereitung. Doch unterdessen fand Stiftung Wartentest erneut unsichere Original-Akkus. Gleichzeitig waren zumindest einige der Produkte von Drittherstellern sicher.

Zunächst einmal ist festzuhalten: Es ist grundsätzlich legal, dass Dritthersteller Zubehör und Verschleißteile wie Handy-Akkus nachbauen. Dazu darf sogar die Marke des Handy-Herstellers benutzt werden, etwa um anzugeben, zu welchen Handy-Modellen der Nachbau kompatibel ist. Jedoch muss der Nachbau sich hinreichend vom Original unterscheiden, etwa durch andere Farbgebung und deutlich erkennbares Logo des Drittherstellers.

Lukrativer für manche Dritthersteller sind aber Fälschungen des Originalzubehörs, die sich meist zu höheren Preisen verkaufen lassen. Dabei sind nicht nur Akkus betroffen. Auch Headsets, Car Kits oder Datenkabel lassen sich mit vertretbarem Aufwand nachbauen, zum Ärger des Kunden, der bei Piraten-Produkten oft mit verminderter Qualität zu kämpfen hat. Immerhin ist ein gefälschtes Headset mit minderwertigem Mikrofon nicht ganz so "brandgefährlich" wie ein gefälschter Akku ohne Kurzschlusssicherung. Unschön für den Kunden bleibt es aber trotzdem.

Es soll sogar schon Fälle gegeben haben, in denen komplette Handys nachgebaut worden sind. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass mehrere Handy-Marken ihre Geräte zwar in Europa entwickeln, aber in Fernost von Subunternehmern herstellen lassen. Dazu muss zwangsläufig Wissen transferiert werden, wodurch sich entsprechendes Missbrauchspotenzial ergibt. Es soll Werke gegeben haben, die tagsüber "echte" Handys im Auftrag der Markenhersteller produzierten, und nachts in Sonderschichten zusätzlich unlizensierte "Nachbauten".

Die Zahl der Handy-Modelle nimmt immer weiter zu. Siemens listet auf ihrer Homepage ca. zwei Dutzend aktuelle Handys [Link entfernt] . 2004 sollen mindestens 29 neue Handy-Modelle vorgestellt werden. Ähnliche Zahlen gelten auch für Nokia. Selbst der gewogene Fachhändler kann damit die Modellpalette kaum mehr überblicken, geschweige denn die Zubehörpalette.

Durch die verwirrende Vielfalt bleiben Fälscher möglicherweise lange Zeit unerkannt. Vermutlich weiß noch nicht einmal Nokia, ob die von der Stiftung Warentest entdeckten gefälschten Akkus in dieser Form seit Tagen, Monaten oder gar Jahren im Handel sind. Das animiert natürlich weitere Nachahmer.