Wolkensurfen

Multimedia über den Wolken: Internetzugang im Flugzeug

Flugzeuge mit Highspeed-Internet an Bord gehen in den Linienbetrieb
Von dpa /

Mit der Ausrede "Da saß ich schon im Flieger" können viele Mitarbeiter ihrem Chef bald nicht mehr das Nicht-Lesen wichtiger E-Mails erklären. Fluggesellschaften und Flugzeughersteller schließen zurzeit Stück für Stück die Kommunikationslücken zwischen Himmel und Erde. Satellitentechnik verwandelt dabei Großraumflugzeuge wie Airbus A330, A340 oder Boeing 747 in Multimedia-fähige Büros.

"Das fliegende Internet wird sich gerade bei der Reiseplanung von Großkonzernen zügig durchsetzen", sagt Heinrich Großbongardt, Boeing-Sprecher in Hamburg. Mit dem auf der Breitbandtechnologie beruhenden Connexion-System des US-amerikanischen Herstellers können Passagiere über den Wolken im Web surfen, aber auch auf das Intranet ihres Unternehmens zurückgreifen. Rund 30 US-Dollar (etwa 26 Euro) pro Flug soll das Angebot den Passagier kosten.

Die Alternative zu Connexion ist das so genannte Tenzing-System, das auf Basis der Schmalbandtechnologie entwickelt wurde. Es bietet SMS- und E-Mail-Versand aus luftiger Höhe. Virgin Atlantic und Cathay Pacific haben die Geräte schon an Bord. Nach Angaben der Firma Tenzing in Seattle im US-Bundesstaat Washington kostet der Versand einer Kurzmitteilung 2,50 US-Dollar (etwa 2,20 Euro).

Keine Ruhezone mehr für gestresste Manager

Bei Connexion kommt die Datenverbindung zwischen Flugzeug und Servern am Boden durch Satelliten zu Stande. "Lufthansa und British Airways haben Connexion schon erprobt, Japan Airlines und SAS planen den Einbau", beschreibt Großbongardt den Zeitplan.

"Die Ausrüstung unserer Langstreckenflotte dauert ungefähr zwei Jahre", gibt Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty einen Ausblick, wann Passagiere den neuen Dienst nutzen können. Anfang 2003 flog bereits probeweise zwischen Deutschland und Nordamerika eine Boeing 747-400 mit dem System. Im Frühjahr 2004 geht die erste Lufthansa-Maschine mit Connexion-System in den regulären Liniendienst. Da die Umrüstung verhältnismäßig aufwendig ist, bauen die Fluggesellschaften die neue Technik meist bei größeren Wartungsterminen in ihre Jets ein.

Noch vor kurzem galt das Flugzeug als eine der wenigen Ruhezonen für gestresste Manager: Spätestens beim Start der Triebwerke stoppte jede mobile Kommunikation - zwischen Singapur und Frankfurt war der Reisende beispielsweise für bis zu 14 Stunden unerreichbar. Gespräche aus dem Flugzeug macht zwar ein Satellitentelefon möglich - Kosten von bis zu neun Dollar (etwa 7,85 Euro) pro Minute verhinderten bisher aber den breiten Durchbruch dieses Angebots.

Büroarbeiten im Flugzeug

Dennoch ist Büroarbeit im Flugzeug nicht erst seit der Einführung des fliegenden Datentransfers an der Tagesordnung. Mit der Kofferschreibmaschine auf dem Klapptischchen schrieben Journalisten und Manager schon in den fünfziger und sechziger Jahren an Bord ihre Texte.

Auf den Durchbruch des Laptops in den späten neunziger Jahren reagierten fast alle großen Airlines und boten zumindest in der Business und First Class Sessel mit Steckdosen an. Der technische Aufwand dafür ist allerdings erheblich: Das bordinterne Stromnetz funktioniert mit komplett anderen Spannungen und Frequenzen als der 110- oder 220-Volt-Standard am Boden.

Noch eine Spur komfortabler als im Linienjet geht es in den Büros an Bord von Geschäftsreise- oder VIP-Jets zu. Hier sind auch Faxanschlüsse und vor allem Datenverschlüsselung Standard. Spezialisten für Flugzeugausbau wie die Lufthansa Technik in Hamburg bauen Kunden aus aller Welt Kommunikationssysteme nach Wunsch in die individuell ausgestatteten Jets.

"Wir wollen dem Passagier eine möglichst lückenlose Kette anbieten", schildert Boeing-Sprecher Großbongardt die Perspektiven: "W-LAN in der Lounge und dann Onboard-Web im Flugzeug." Die Internetzugänge im Flieger sollen auch die Kundenbindung verstärken. So ist es denkbar, Passagieren kurz vor der Landung individuelle Hinweise zu ihren Umsteigeflügen auf ihre Laptops zu schicken.

Der Datenstrom zwischen Flugzeug und Boden soll aber nicht nur die Arbeitsmöglichkeiten an Bord verbessern. "Damit kann sich auch jeder Passagier ein individuelles Unterhaltungsprogramm zusammenstellen", erklärt Großbongardt die Möglichkeiten des Connexion-Systems. Das schließt auch den Fernsehempfang ein - die "Lindenstraße" über Labrador am Sonntag abend ist allerdings noch Zukunftsmusik.