patentierbar oder nicht

EU-Parlament will strikte Einschränkungen für Software-Patente

Dachverband der Informatikindustrie "zutiefst enttäuscht"
Von AFP / Hayo Lücke

Das Europaparlament hat Einschränkungen für Patente auf Software gefordert. Einen entsprechenden Richtlinienentwurf der EU-Kommission lehnte das Straßburger Parlament am Mittwoch in erster Lesung mit deutlicher Mehrheit als zu weitreichend ab. Nach dem Willen der Abgeordneten sollen EDV-gestützte Erfindungen nur patentierbar sein, wenn sie einen "technischen Beitrag" leisten - etwa bei der Steuerung von Bremsanlagen, "intelligenten" Haushaltsgeräten oder Produktionsanlagen in Fabriken. Reine Software, Datenverarbeitung und computergestützte Geschäftsmethoden sollen vom Patenschutz ausgenommen werden.

Ziel der geplanten Richtlinie ist es, den derzeit unterschiedlichen und somit wettbewerbsverzerrenden Patentschutz für Erfindungen, die auf Computern eine Anwendung finden, in der EU zu vereinheitlichen. Notwendig sei eine Regelung, die einerseits dem "Ideenklau" Einhalt gebiete, betonte der CSU-Abgeordnete Joachim Würmeling als Schattenberichterstatter des Rechtsausschusses im Europaparlament. Andererseits müssten Zustände wie in den USA verhindert werden, wo Patente auf Software einigen Großkonzernen zu einer marktbeherrschenden Stellung verholfen hätten.

Die vom Parlament geforderten Verbesserungen böten einen "wasserdichten Schutz gegen exzessive Patentierung von Software", sagte Würmeling. Sie schützten vor allem die Interessen kleinerer und mittelständischer Unternehmen. Auch habe das Parlament den Bedenken der so genante "Open-Source-Bewegung", die sich gegen jegliche Patente auf Softwafe zur Wehr setzt, Rechnung getragen.

Dem widersprachen Vertreter der Grünen, die gegen die abgeänderte Richtlinie stimmten. Zwar sei die Vorlage der EU-Kommission "deutlich verbessert" worden, betonte die Österreicherin Mercedes Echerer. Dennoch schließe der vorliegende Text nicht aus, dass Software-Patente doch noch "durch die Hintertür" in die EU eingeschleust würden. So sei nicht ausreichend geklärt, ob einzelne Algorithmen - mathematische Zeilen in Computerprogrammen - patentierbar sein könnten oder nicht.

"Zutiefst enttäuscht" äußerte sich auch ein Sprecher des Europäischen Dachverbandes der Informatik- Kommunikations- und Elektronikindustrie, dem nationale Verbände in Europa sowie führende Unternehmen aus den USA, Japan und der EU angehören - darunter Siemens, Sony, Microsoft und Grundig. Sollte die Richtlinie in dieser Form verabschiedet werden, seien etwa Erfindungen im Bereich der Datenverarbeitung ausgeschlossen, weil diese nicht als schützenswerte "Technik" angesehen würden.

Gegen die Richtlinie machen Vertreter der "Open-Source-Bewegung" sowie Globalisierungsgegner wie das Netzwerk Attac bereits seit Monaten mit Demonstrationen und Aufrufen im Internet mobil. Rund 200 000 Bürger, darunter freie Programmierer, aber auch Vertreter kleinerer und mittlerer Betriebe, haben eine Petition gegen das geplante EU-Regelwerk unterzeichnet. Damit wird sich am kommenden Dienstag der Petitionsausschuss des Europaparlaments befassen.