Ausgespammt?

Weltweiter Kampf gegen Spam

Erstes Spam Summit in London
Von Thomas Wischniewski

Nichts geringeres als einen weltweiten Krieg gegen Spam haben sich Regierungsvertreter und Technologieunternehmen aus den USA und Europa auf dem am 1. Juli in London abgehaltenen ersten "Spam Summit" auf die Fahnen geschrieben. Einigkeit herrschte darüber, dass nur mit einem konzertierten Vorgehen im Kampf gegen die elektronische Werbeflut Siege zu erringen sind.

Das britische Kabinettsmitglied Stephen Timms brachte das Problem in seiner Eröffnungsrede auf den Punkt: Spam sei nicht nur ein britisches oder europäisches Problem. Erfolge gegen Spam ließen sich nur erzielen, wenn Europa und die USA zu einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit finden würden. Besondere Erwartungen und Hoffnungen wurden dabei vor allem an die Vertreter aus Übersee gerichtet, wo die Mehrzahl der professionellen Spammer vermutet wird.

USA: Spam-Hauptstadt der Welt?

Steve Linford vom Spamhaus Project, einer britischen Non-Profit-Organisation, die versucht, die Identität von Spammern offenzulegen, war sich sicher, dass der Schlüssel zur erfolgreichen Spam-Bekämpfung in der US-Gesetzgebung liegen würde. Den USA verlieh er den fragwürdigen Titel "Spam-Hauptstadt der Welt". Begründung: Von den durch das Spamhaus Project bisher identifizierten Spammern kamen 90 Prozent aus den USA.

Vertreter der US-amerikanischen Softwareschmiede Brightmail, einem Produzent von Anti-Spam-Lösungen, wollten dieser Argumentation allerdings nicht folgen. Auch wenn 80 Prozent aller Spams in Englisch geschrieben seien, müssten diese nicht tatsächlich aus den USA stammen. Letztlich sei es kaum möglich, Spam zum aktuellen Versender zurück zu verfolgen.

Bald sind mehr als 50 Prozent aller E-Mails Spam

Dass die elektronischen Werbemails dennoch ein drängendes Problem nicht nur für die Nutzer, sondern vor allem auch für die Wirtschaft sind, unterstrich Francois Lavaste, Marketing-Vize von Brightmail. Schon in diesem Monat, spätestens aber im September könnten 50 Prozent des weltweiten E-Mail-Verkehrs Spam sein. Im April 2001 lag die Quote noch bei sieben Prozent. Handeln tut also Not - und gehandelt wird derzeit schon an einigen Fronten des Spam-Krieges.

So sind in den Vereinigten Staaten bereits Gesetze erlassen worden oder Gesetzgebungsverfahren in Vorbereitung, die Massenmails unter harte Strafen stellen. Staaten wie Virginia und Washington haben bereits Anti-Spam-Gesetze erlassen, die teilweise mit drakonischen Strafen drohen. Treibende Kräfte dahinter waren nicht zuletzt Konzerne wie AOL oder Microsoft, die ein Interesse daran haben, gegen Spammer nachhaltig vorgehen zu können.

Gleichwohl herrschte unter den Teilnehmern Einigkeit darüber, dass neue Gesetze alleine nicht ausreichen, um Spam zu stoppen. Dies sei nur ein Mittel von vielen, die angewendet werden müssten. Dennoch: Eine Harmonisierung der amerikanischen und der europäischen Gesetze scheint überfällig.

Opt-in versus Opt-out

Die in den USA und Europa vom Grundsatz her unterschiedlichen Vorgehensweisen der Spam-Bekämpfung sind ein großes Problem. Während EU-Richtlinien dem so genannten Opt-in-Verfahren den Vorzug geben, bei dem ein Mailversender nur mit der Erlaubnis des Empfängers Werbung versenden darf, bevorzugen verschiedene Gesetzesvorschläge in den USA das Opt-out-Verfahren. Spammer dürfen damit so lange E-Mails versenden, bis der Empfänger die Sendungen ausdrücklich abbestellt. "Spammer bevorzugen natürlich die Opt-out-Gesetzgebung - sie legalisiert den Status quo", so Steve Linford vom Spamhaus Project.

Kombiniertes Vorgehen unumgänglich

Aber selbst das härteste Gesetz wird Spam wohl nicht mehr aus dem Netz schaffen. Enrique Salem, CEO von Brightmail, setzt daher auf eine Kombination unterschiedlicher Mittel: Anwendung und Vorantreiben von Anti-Spam-Technologien, Spam-Filter für Unternehmen und Provider, Gesetzgebung und Durchsetzung der Gesetze sowie eine Selbstregulierung der Marketingindustrie.

Aber auch wenn sich ein kombiniertes Vorgehen und konzertierte Gesetzgebungen zwischen den USA und Europa durchsetzten sollten - was zumindest bei der Gesetzgebung Jahre dauern dürfte - wird Spam so schnell wohl nicht mehr aus dem Internet zu vertreiben sein. Denn der größte Vorteil von offenen Netzen wie dem Internet ist zugleich einer der großen Nachteile: Wenn Spammern auch der Zugang in den USA und Europa durch harte Gesetze versperrt wird, bleiben genügend andere Staaten, in denen sie mit ihrem Geschäft Zuflucht finden können. Und auch der technische Rüstungswettlauf gegen die Spammer, die mit immer neuen Tricks Filter und Regeln umgehen, scheint nur schwer zu gewinnen, solange Spams Profite versprechen.