VoIP

Festnetzanbietern droht Konkurrenz aus dem Internet

Internet-Telefonie wird in Japan immer beliebter
Von Marie-Anne Winter

Das Land der aufgehenden Sonne ist mittlerweile ein beliebter Testmarkt für technologische Neuerungen. Allerdings sind diese Testläufe mit Vorsicht zu genießen. So konnte beispielsweise der grandiose Erfolg des mobilen Multimedia-Dienstes i-mode in Europa nicht wiederholt werden - die Japaner konnten mit den bunten Bildchen auf dem Handy offenbar mehr anfangen als die spröden Europäer. Beim Mobilfunk der dritten Generation hingegen zeichnet sich ab, dass auch den technophilen Japanern UMTS zu teuer und zu kompliziert ist. Der japanische Marktführer NTT Docomo, der Ende 2001 mit FOMA den weltweit ersten UMTS-Dienst startete, hat eine herbe Enttäuschung wegstecken müssen - so gut i-mode lief, so schlecht ging es bei dem UMTS-Angebot. Und so wie es aussieht, wiederholt sich das auch in Europa.

Dennoch - der Erfolg der Mobilfunkanbieter hat den Festnetzanbietern Japans schwer zugesetzt. Und nun zeichnet sich eine weitere Bedrohung ab, die vermutlich noch ernster sein wird: Das Telefonieren übers Internet, auch Voice-over-Internet-Protokoll(VoIP)-Telefonie genannt. Wie das Handelsblatt heute berichtet, rechnen die beiden Marktführer Nippon Telegraph und die zu NTT gehörige Telefone Corp. damit, dass bis 2005 ein Fünftel der Einnahmen (geschätzt 16,5 Millionen Euro) aus dem VoIP-Geschäft stammen werden.

Breitbandige Internetzugänge erfreuen sich in Japan großer Beliebtheit, die beiden Marktführer in diesem Bereich, Fusion Communications und Yahoo Japan haben zusammen bereits 4 Millionen Kunden. Die Festnetzanbieter treten nun die Flucht nach vorn an: NTT, KDDI und Japan Telecom bieten seit einigen Wochen eigene VoIP-Dienste an. Branchenexperten schätzen Japan als interessanten Testmarkt ein, denn hier gibt es bereits über sieben Millionen DSL-Kunden. Und weil die Fixkosten für den Zugang sehr günstig sind, ist eine weitere Zunahme zu erwarten. Der Breitbandzugang gilt aus Voraussetzung für eine ausreichende Sprachqualität. Allerdings sind die Kosten für Festnetzgespräche in Japan deutlich höher als bei uns, weshalb Minutenpreise von etwa 2 Cent, die für ein VoIP-Gespräch anfallen, in Japan ein echtes Schnäppchen sind.

Doch auch in Japan haben die Festnetzanbieter den Daumen auf der "letzten Meile". Die Internet-Telefonie-Anbieter müssen für die Durchleitung der Gespräche zahlen. Stromanbieter sollen aber planen, die "letzte Meile" zu umgehen, indem sie eigene Glasfasernetze aufbauen. Auch NTT will nun schnelle Glasfaserdienste anbieten. Aber die Konkurrenz in den DSL-Leitungen schläft nicht. Die großen Internet-Anbieter haben sich bereits zu einem Verbund zusammengeschlossen, innerhalb dessen die Kunden kostenlos über das Internet miteinander telefonieren können. Ein großer Nachteil der Internet-Telefonie ist bisher, dass zwar Festnetzanschlüsse aus dem Internet heraus angerufen werden können, nicht aber Internet-Telefonie aus dem Festnetz. Außerdem sind die IP-Netzwerke der großen Anbieter noch nicht miteinander verknüpft. Trotzdem setzen Japans große Konzerne auf VoIP: Bei Mitsubishi Motors gibt es IP-Telefone zum Festnetzanschluss dazu, Tokyo Gas will seine sämtlichen Festnetzanschlüsse während des nächsten Jahres durch IP-Telefone ersetzen.

Wie sich die Internet-Telefonie hierzulande entwickelt, bleibt abzuwarten. Denn die Minutenpreise sind hier zumindest für Call-by-Call-Nutzer nicht viel höher als die für Internet-by-Call - und ein Festnetztelefon hat nun wirklich fast jeder, während erst knapp die Hälfte der deutschen Haushalte einen Zugang zum Internet hat - der größte Teil noch immer per Analogmodem oder ISDN.