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Editorial: Regulierungsbehörde erschlägt Call by Call im Ortsnetz

Mit Aufschlag konkurrenzfähiges Angebot zur Nebenzeit nicht mehr möglich
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Die heute abend bekannt gegebene Entscheidung der Regulierungsbehörde, einen Zuschlag von 0,4 Cent pro Minute auf die Zuführung von Ortsgesprächen zu Telekom-Wettbewerbern zu erheben, ist nicht nachvollziehbar. Sie erstickt Call by Call im Ortsnetz zur Nebenzeit bereits kurz, nachdem es gestartet ist. Hier sind die Wettbewerber nämlich ab 1. Juli gezwungen, höhere Preise als die Telekom zu berechnen, wenn sie nicht draufzahlen wollen.

Konkret: Werktags zwischen 21 und 7 Uhr (Analoganschluss) bzw. 18 und 8 Uhr (ISDN-Anschluss) sowie ganztags am Wochenende (beide Anschlüsse) kosten Ortsgespräche bei der Deutschen Telekom 1,5 Cent pro Minute. Die Wettbewerber bezahlen hingegen mindestens zweimal 0,44 Cent IC-Entgelte, sowie 0,4 Cent Zuschlag. Zusammen mit der Mehrwertsteuer ergibt das 1,4848 Cent pro Minute. Addiert man noch die Kosten für Abrechnung und eigene Anlagen des Wettbewerbers, erkennt man schnell, dass zur Nebenzeit keine konkurrenzfähigen Preise der Wettbewerber möglich sind.

Eine Entscheidung der Regulierungsbehörde, die den Wettbewerb im Blick behält, hätte anders aussehen müssen, beispielsweise, dass sie einen Zuschlag nur zur Hauptzeit festsetzt, wo die "Preis/Leistungs-Schere" aufgrund der deutlich höheren Preise der Telekom nicht sofort zuschlägt.

Problematisch ist aber auch die Gesetzeslage. Die Entscheidung der Regulierungsbehörde fußt auf §43 TKG, in dem Call by Call und Pre-Selection im Orts- und Fernbereich vorgeschrieben werden. Im Gegenzug zu der Ermöglichung dieser Dienste soll der Telekom-Konkurrent laut Gesetzestext "angemessen an den Kosten des dem Nutzer bereitgestellten Teilnehmeranschlusses beteiligt" werden. Jedoch macht das Gesetz keine Unterscheidung zwischen Orts- und Ferngesprächen. Wenn die Regulierungsbehörde jetzt einen Zuschlag nur bei Ortsgesprächen einführt, bei Ferngesprächen jedoch ablehnt, begibt sie sich damit auf sehr dünnes juristisches Eis.

Die Regulierungsbehörde ist jedoch nicht alleine schuld an der nun prekären Lage. Ihre Entscheidung ist nämlich eine Folge aus der unklaren Formulierung des zitierten §43 TKG. Hierzu hatte ich bereits am 1. Dezember ein ausführliches Editorial geschrieben. Dieses ist angesichts der heutigen Entscheidung aktueller denn je.

Ebenfalls problematisch ist die Entscheidung der Regulierungsbehörde angesichts von §24 Abs. (2) Satz 1 des TKG. Dieser besagt: "Entgelte dürfen keine Aufschläge enthalten, die nur auf Grund der marktbeherrschenden Stellung nach §19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eines Anbieters auf dem jeweiligen Markt der Telekommunikation durchsetzbar sind". Der Aufpreis auf die Zuführung der Ortsgespräche wird jedoch damit begründet, dass die Deutsche Telekom bei Teilnehmeranschlüssen defizitär arbeitet. Offensichtlich muss dieses durch überteuerte Ortstarife - sei es nun dem Endkunden oder dem Wettbewerber gegenüber - ausgeglichen werden. Diese Mischkalkulation und die damit verbundenen Aufschläge könnte sich die Deutsche Telekom aber bei echtem Wettbewerb nicht erlauben. Sie nun in der Monopolsituation von der Regulierungsbehörde gutzuheißen, ist ein klarer Verstoß gegen den oben zitierten Paragraphen.