Schelte

Call by Call im Ortsnetz: Wieder Kritik aus Brüssel

EU-Kommission missfällt Einschränkung bei Mitbenutzung des Telekom-Netzes durch Mitbewerber
Von Marie-Anne Winter

Dass die Einführung des Call by Call im Ortsnetz in Deutschland sehr zäh verläuft, haben wir schon mehrfach berichtet. Jetzt zeichnet sich die nächste Auseinandersetzung mit Brüssel ab: Wie das Handelsblatt heute berichtet, gefällt der EU-Kommission die entsprechende Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) nicht. Sie kritisiert, dass das Recht der Wettbewerber auf die Mitbenutzung des Netzes der Deutschen Telekom eingeschränkt werde. Es könne nicht sein, dass die deutsche Regulierungsbehörde den Call-by-Call-Anbietern Auflagen zur Netzgestaltung mache, heiße es in einem Brief an die Bundesregierung. Damit droht der Bundesregierung erneut eine Klage wegen der Verletzung von EU-Rahmengesetzen.

Laut Handelsblatt herrsche nun erhebliche Hektik im Bundeswirtschaftsministerium. Man suche nach Kompromissen, um eine erneute Änderung des Gesetzes zu vermeiden. Die Regulierungshörde ließ verlauten, dass sie sich nun einmal an das deutsche Gesetz halten müsse. Darin ist der von der Kommission kritisierte Passus enthalten, der eine ortsnahe Zuführung der Gespräche in das vorhandene Netz durch die Mitbewerber verlangt. Für die Anbieter heißt das, dass sie die entsprechenden Übergabepunkte einrichten müssen - genau das missfällt der EU-Kommission, der die Öffnung der deutschen Ortsnetze ohnehin zu langsam erfolgt. Diese Einschränkung wurde von Stadtnetzbetreibern und der Telekom durchgesetzt, die ihrerseits keine Konkurrenten ins Netz lassen wollen, die sich an den Investitionskosten für den Netzaufbau nicht beteiligt haben.

Nach der Vorstellung des Wirtschaftsministeriums sollen Unternehmen, die ein eigenes Netz mit 475 Übergabepunkten zum Netz der Telekom aufbauen, bessere Konditionen erhalten als Wettbewerber, die Netze anderer Anbieter nutzen. Damit sollten die Wettbewerber zu eigenen Investitionen in Infrastruktur verlockt werden. Die Frage ist ohnehin, ob es sich in diesem Fall um einen effizienten Anreiz zu Investitionen oder um einen Anreiz zu effizienten Investitionen handelt - über die Umsetzung der Vorgaben wird ohnehin noch einige Zeit gestritten werden. Denn entscheidende Fragen zur technischen Umsetzung blieben weiterhin offen. Nach der neuerlichen Kritik aus Brüssel wird die Auseinandersetzung vermutlich mit härteren Bandagen fortgesetzt - ob die Umsetzung dadurch schneller erfolgt, ist allerdings mehr als fraglich.