Zuwachsmodell

Ungetaktete Großhandelspauschalen könnten E-Commerce in Europa populär machen

AOL-Flat in Großbritannien erfolgreich
Von Marie-Anne Winter

Nach der Ansicht von Steve Case, dem Aufsichtsratsvorsitzenden von AOL Time Warner könnten ungetaktete Großhandelspauschalen das Volumen des E-Commerce in Europa auf amerikanisches Niveau wachsen lassen. Als Indiz dafür nennt er die Flatrate von AOL UK, die in Großbritannien im ersten Jahr zu einer Rekordnutzungsdauer und zu einer Steigerung der Mitgliederzahlen um mehr als 50 Prozent geführt

Anlässlich der Markteinführung dieser Flatrate vor genau einem Jahr fordert der Aufsichtsratsvorsitzende von AOL Time Warner, Steve Case, die Regierungen in Europa auf, die Voraussetzungen für ähnliche Modelle zu schaffen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Im "Handelsblatt", in der französischen Tageszeitung "Le Monde" sowie in der Brüsseler "European Voice" macht Steve Case deutlich: "Die Erfahrungen in den USA, Großbritannien und Frankreich haben gezeigt, dass sich mit der Einführung einer Internet-Flatrate unmittelbar hunderttausende neuer User anmelden und die Nutzungsdauer erheblich steigt." Und weiter: "Wenn europäische Telekommunikationsfirmen das Modell übernehmen würden, das den britischen Verbrauchern einen preisgünstigen Zugang zum Internet ermöglicht, bin ich überzeugt, dass das Internet deutlicher an Akzeptanz gewinnen und der E-Commerce einen Aufschwung nehmen wird, wie wir es in den USA erlebt haben. Diese Entwicklung würde für die gesamte Wirtschaft einen Multiplikationseffekt auslösen."

Im November 2000 stellte AOL UK das erste auf FRIACO basierende Flatrate-Modell vor. Bei FRIACO (Flat-Rate Internet Access Call Origination) handelt es sich um einen kapazitätsbasierten, zeitunabhängigen Großhandelstarif, den British Telecom (BT) anderen Providern anbietet. Das Modell wurde auf Grund von Wirtschaftsstudien entwickelt und der britischen Telekommunikations-Regulierungsbehörde OFTEL von BT zur Prüfung und Freigabe vorgelegt. OFTEL gab BT im Mai 2000 den Auftrag, FRIACO anzubieten.

Sowohl Kanzler Gerhard Schröder als auch der französische Premierminister Lionel Jospin haben öffentlich ihre Unterstützung von Großhandelspauschalen analog zu FRIACO bekräftigt. AOL France führte im letzten Jahr eine Test-Flatrate ein, die nicht auf Großhandelspreisen basierte. Hunderttausende von Kunden nahmen das Angebot wahr, davon waren die Hälfte neue Mitglieder. In Deutschland haben sich innerhalb von zwei Monaten über eine Viertelmillion Internet-Nutzer für die schmalbandige AOL-Flatrate registriert.

Europas Regierungen können dazu beitragen, das Potenzial des Internets auszuschöpfen, indem sie "die Uhr anhalten". Gleichzeitig verschaffen sie damit den Verbrauchern ungeheure Vorteile und kurbeln das Wirtschaftswachstum an. Nicht zuletzt ermöglichen sie damit, dass mehr Menschen an den Vorteilen der digitalen Revolution teilhaben können", erklärt Case. In Deutschland und Frankreich steht eine Flatrate nach britischem Modell derzeit nicht zur Verfügung.