Bedrängnis

Funkrufdienst DFR (Markenname "TeLMI") vor dem Aus?

Zum zweiten Mal in Bedrängnis
Von Henning Gajek (TeLMI 1580565)

Da staunten die immer noch zahlreichen Kunden des Funkrufdienstes "TeLMI" der Deutschen Funkruf (DFR) nicht schlecht, als ihnen am Mittag, den 31.10.2001, auf dem Display die Message aufleuchtete, dass schon am gleichen Abend ab 22 Uhr der Betrieb eingstellt würde. Nur die automatischen Dienste (d.h. ohne Operator-Unterstützung) laufen noch bis mindestens 30.11.2001 weiter.

Der Funkrrufdienst TeLMI (Vorwahl 0166) war vor Jahren von Motorola, Selectric und der Hörmann Gruppe aus der Taufe gehoben worden: Als Zielgruppe wurden überwiegend Jugendliche und Junggebliebene angesprochen, für die ein Handy nicht in Frage kam, oder in Situationen, wo ein bimmelndes Mobiltelefon nun nicht unbedingt passt.

Funkruf (Paging): Was in Fernost oder USA tadellos klappte, sollte auch in Deutschland gehen. Im Prinzip schon. Aber: Prohibitiv hohe Rufpreise, speziell vom Mobiltelefon zum Pager, der unerwartete Preissturz bei Handys und der Erfolg von SMS brachten die Funkruf-Branche ins Schleudern. Miniruf ("Quix") gab entnervt auf, T-Mobil verkaufte seine Paging-Aktivitäten (Scall, Skyper und Cityruf) an die neue e*message, und die Deutsche Funkruf ("TeLMI") restrukturierte und machte einen Management-Buyout. Mit kreativen Ideen, aber kaum sichtbarem Marketing gelang es DFR sogar, das Schiff wieder flott zu bekommen, denn für eine E-Mail-Adresse mit Alarmierung auf dem Pager waren viele Kunden sogar bereit, moderate Preise zu bezahlen.

Im Industrie- und Sicherheitsbereich ist Funkruf praktischer, weil die Nachrichten im DFR-Netz in deutlich unter als einer Minute ankommen, e*message braucht aufgrund seiner "rotierenden" Sendetechnik rund 2-3 Minuten. Bei SMS kann es (im extremen Ernstfall) Stunden bis Tage dauern, bis diese ankommt. Zumal GSM-Betreiber zwar für SMS kassieren, aber für die Zustellung nicht garantieren.

Doch DFR machte die Rechnung ohne die Banken. Die WestLB, Hausbank der Mainzer Funkrufer kappte schon vor einiger Zeit die Kreditlinie (obwohl nicht ausgeschöpft) und DFR versuchte, "alleine" weiterzumachen. Insider spekulierten , dass die WestLB vielleicht auch deswegen abgesprungen sein könnte, weil TeLMIs Senderstandorte für einen anderen WestLB Kunden von Interesse gewesen wären: Die Mobilcom-Multimedia AG. Bei einem Konkurs von DFR-TeLMI wären diese für einen Spottpreis zu haben gewesen. Diese Hoffnung hatten auch die Erben von Miniruf/Quix beerdigt: Selbst für WLL (Ortsnetz per Funk) wollte sie keiner mehr haben. Klar: Die hohen Standorte für Funkruf sind in der Regel für flächendeckenden zellularen Mobilfunk kaum zu gebrauchen.

Die Regulierungsbehörde - von DFR erst spät über das jähe Ende informiert - war natürlich nicht glücklich. Doch ein Machtwort der Behörde ist nicht zu erwarten, denn die DFR ist kein "Universal-Diensteanbieter" und "wir können uns nicht in den Markt einmischen", so deren Sprecher auf Anfrage. Folglich gelten nur die AGB der Deutschen Funkruf. Nur welcher Kunde mag das gebeutelte Unternehmen auf Erfüllung seines Netzbetriebs verklagen, wenn (zu) viele Kunden die kostenlosen Grundgebühren so gut fanden und nur die kostenlosen Rufangebote übers WWW nutzten?

Immerhin: Die Mitarbeiter von DFR haben sich nun freiwillig bereit erklärt, solange an Bord zu bleiben, wie es noch geht, d.h. das Funkruf Netz von DFR läuft noch bis Ende November weiter. Alle automatischen Rufe per Tonwahl oder Internetpaging (www.telmi.de) werden abgewickelt, jedoch keine Call-Center-Dienste (0166-1) mehr. Wer den "Chat-Pager" mit Vorwahl 0166-5 gebucht hat, kann sich wieder auf Standard zurückstellen lassen (Hotline 06134-716-0, soweit noch erreichbarb) und ist somit binnen weniger Minuten zu erreichen. Vielleicht kommt dann noch ein Angebot, dass DFR den Weiterbetreib erlaubt. Eventuelle Investoren sollten 300.000 Mark im Monat Unterdeckung ausgleichen können, so ein Insider zu Teltarif.

Dabei spricht einiges für TeLMI: Nach den schrecklichen Vorfällen von New York steigt das Interesse an schneller Sicherheitskommunikation rapide. Gegenüber seinem einzigen Konkurrenten e*message hat der Funkrruf der DFR wesentliche Vorteile: Alle Nachrichten sind durchnumeriert und können bei Verlust von DFR/TeLMI auf Anruf erneut zugestellt werden. Das DFR/TeLMI-Funknetz ist moderner und erlaubt die Rufaussendung binnen weniger Sekunden, was Sicherheitsdienste und Behörden zu schätzen wissen. Die nehmen lieber die preiswerten TeLMI-Piepser (Kaufpreis deutlich unter 200 DM), als die alten und schwerfälligen Funkrufempfänger des Behördenfunks (BOS). Und Handy-Netze brechen im Ernstfall viel zu schnell zusammen, jedes Jahr an Neujahr live zu erleben und nicht nur da.

DFR-TeLMI bot auch ein Sekretariatsdienst an, der sich am Telefon meldete und die Nachrichten auf den Pager, ein Handy oder per Fax weiterleitete, bei e*message gibt es sowas nicht. Vor kurzem erst wurde von DFR eine SMS-Auftragsannahme für alle 4 Handy-Netze gestartet. Chat-Gruppen erlaubten es, Handys und Pager untereinander kurzzeitig zu verknoten, doch... es wusste kaum jemand.

So bleibt noch Warten auf Wunder, nicht das erste Mal, dass die User ihr Netz am Leben erhielten, wir erinnern uns an Iridium. Mögliche Investoren können DFR-TeLMI unter Deutsche Funkruf, Anna Birle Str. 11, 55252 Mainz-Kastel, Telefon 06134-716-0 erreichen.