Quasimonopol geknackt?

Gericht: Telekom muss Ortsnetze auch für Wettbewerber öffnen

Richterspruch aus Münster zwingt Telekom, ein Angebot für Mitbewerber vorzulegen
Von Marie-Anne Winter / dpa

Die Deutsche Telekom muss ihre Ortsnetze zumindest vorläufig auch für Wettbewerber öffnen. Das hat das Oberverwaltungsgericht in Münster entschieden. Einen entsprechenden Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) bestätigte das Gericht am Mittwoch. Der Telekom-Wettbewerber Debitel hatte sich demnach gerichtlich gegen die marktbeherrschende Stellung der Telekom im Ortsnetz gewehrt und Recht bekommen. Die Telekom muss den Mitbewerbern ein Wiederverkäuferangebot für die so genannte "letzte Meile", die Leitung bis in die Haushalte der Endkunden zur Verfügung stellen. Nur auf diese Weise können die Telekom-Konkurrenten ein flächendeckendes Ortsnetzangebot entwickeln, ohne in eigene Infrastruktur investieren zu müssen. Denn bisher hatten nur sehr große Mitbewerber wie Mannesmann Arcor eine Chance, die über entsprechende Mittel für derartige Investitionen verfügen.

Erst wenn auch die Reseller ihren Kunden einen Ortsnetzanschluss anbieten können, wird es für die Kunden interessant, mit ihrem Telefonanschluss komplett den Anbieter wechseln. Der Wiederverkäufer kann die Leistungen bei der Telekom kaufen, durch eigene Dienste ergänzen und dann mit einem eigenen Preismodell an den Kunden weiterverkaufen.

Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass dadurch in relativ kurzer Zeit ein echter Wettbewerb im Ortsnetz einsetzen soll. Das De-facto-Monopol der Telekom im Ortsnetz dürfte damit gebrochen sein. Branchenkenner erwarten danach einen Preisverfall auch bei den Ortsgesprächen. Es ist schließlich absurd, dass ein Ortsgespräch mit der Telekom tagsüber 8 Pfennig pro Minute kostet, während ein Gespräch in die USA zur Zeit für nur 0,4 Pfennig mehr (8,4 Pfennig pro Minute bei Super24) zu haben ist. In der Hauptsache, ob die Telekom prinzipiell ein Reseller-Modell einführen muss, ist allerdings noch nicht entschieden.

Debitel hatte sich bereits im vergangenen November bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) über das Verhalten der Telekom beschwert. Laut Debitel nutze die Telekom ihre marktbeherrschende Stellung im Ortsnetz aus, in dem sie keine Angebote für Reseller zur Verfügung stelle und damit Konkurrenz im Ortnetz verhindere. Die RegTP hatte dieser Beschwerde im März dieses Jahres stattgegeben und die Telekom angewiesen, ein Resellerangebot vorzulegen. Die Telekom ihrerseits hatte vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen diese Entscheidung geklagt. Weil sich derartige Verfahren über Jahre hinziehen können, beantragte die Telekom auch gleich einstweiligen Rechtsschutz, um den Vollzug der Verpflichtung der RegTP aufzuschieben, denn normalerweise müssen die Beschlüsse der RegTP sorfort umgesetzt werden. Genau diese Umsetzung will die Telekom am wenigsten, deshalb legte sie den nächsten Bremsklotz ein, um Ruhe zu haben, bis die Klage entgültig entschieden ist.

Das Verwaltungsgericht in Köln hatte allerdings diesem Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht stattgegeben. Jetzt wurde diese Ablehnung einer Aufschiebung vom Oberverwaltungsgericht in Münster bestätigt - damit ist die Telekom gezwungen, Debitel in Kürze ein Angebot auf der Basis einer Wiederverkäufervereinbarung vorzulegen.

Zwar wird die eigentliche Klage in der Hauptsache nicht direkt durch diese Entscheidung berührt, aber die Richter ließen in der überaus langen Begründung des Urteils durchblicken, dass sie wenig Chancen für die Telekom sehen, den Bescheid der RegTP noch zu kippen.