degree mills

Dubiose Diplom-Fabriken zocken im Internet ab

Wertlose Titel für echtes Geld
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die Angebote klingen richtig verlockend: Zu Hause studieren, im eigenen Wohnzimmer die Vorlesungen hören, per Online-Studium einen akademischen Grad erwerben und damit Eindruck zu schinden... Mit solchen Versprechungen warb die Columbia State University aus Metairie im US-Bundesstaat Louisiana für ihren Service. Es gab allerdings einen Haken: Die Universität war tatsächlich absolut virtuell - sie bestand in erster Linie aus einem Postfach. Die Columbia State University war ein Gründungsmitglied des ständig wachsenden Clubs der so genannten "degree mills": Diplom-Fabriken, die für viel Geld wertlose Titel verkaufen.

Etwa 300 solcher Anbieter treiben zur Zeit weltweit ihr Unwesen, sagt der amerikanische Autor John Bear. Er half jahrelang der amerikanischen Bundespolizei FBI bei der Entlarvung von degree mills. Diese groß angelegten Ermittlungen führten in den 90er Jahren zu einem Rückgang des internationalen Betrugs mit gefälschten Titeln. Aber der aktuelle Trend zur Online-Ausbildung, die vor allem in den USA von vielen absolut seriösen Hochschulen angeboten wird, lockt nun immer mehr schwarze Schafe an. Doktortitel im Sonderangebot sind nach Bears Erfahrungen keine Seltenheit mehr.

Auf das Angebot der Columbia State University, die inzwischen schließen musste, fiel auch Buchhalter Bill Johnson aus North Carolina herein. "Sie haben mir Bücher und Prüfungsformulare geschickt; alles sah völlig echt aus", sagt Johnson, der insgesamt 5000 Dollar (5850 Euro bzw. 11 440 Mark) für sein dreijähriges Betriebswirtschafts-Studium bezahlte und dann ein verdächtig aussehendes Diplom erhielt. Er alarmierte die Behörden, und Ermittler deckten einen großen Betrug auf: "Es gab überhaupt keine Universität, keine Gebäude, keinen Campus - nur ein Postfach", sagt Louisianas Oberstaatsanwalt Richard Ieyoub.

In den USA tummeln sich dubiose Institutionen wie die Columbia State University besonders gerne, denn dort machen ihnen verwirrende Gesetze die Arbeit leicht. Über die Zulassung von weiterführenden Schulen und Universitäten entscheiden die einzelnen Bundesstaaten nach oft lockeren Regeln. Und selbst diese können geschickte Betreiber von degree mills umgehen. Im Bundesstaat Idaho etwa ist das Canyon College ansässig. Dieser Betrieb ist in Idaho nicht als Bildungsinstitution zugelassen, kann aber völlig legal dort arbeiten, so lange keine Diplome an Bürger des Staates Idaho verkauft werden.

John Bear hat die Entlarvung der Online-Betrüger auch deshalb zu seiner Lebensaufgabe gemacht, weil die degree mills seiner Meinung nach einer guten Idee einen schlechten Ruf verleihen. Das virtuelle Lernen sei eine geniale Methode, glaubt Bear, denn via Computer hätten immer mehr Menschen Zugang zu hochwertigem Ausbildungsmaterial. Er selbst veröffentlicht einen Führer mit Empfehlungen für die besten Online-Kurse.

Die Titel-Dealer leben längst nicht alle in den USA, sie verstecken sich auch gerne weit weg vom Wohnort ihrer besten Kunden. Bear ist zur Zeit besonders empört über eine Firma, die akademische Titel seriöser Universitäten anbietet. Diese "Glencullen University" habe ihren Sitz in England und Irland, sei aber international organisiert, betont Bear: Die Werbung werde in Rumänien gemacht, die gefälschten Diplome kämen aus Israel und die Geschäftszentrale sei auf Zypern.