Seifenblase

Focus: Den Richtfunk-Anbietern geht die Puste aus

Pleiten und Angstfaktor Strahlenschäden
Von Frank Rebenstock

Vor zwei Jahren noch schien es ganz einfach, der Deutschen Telekom und ihrem Quasi-Monopol im Ortnetzbereich, ein Schnippchen zu schlagen: Richtfunkantennen und WLL hießen die zugkräftigen Schlagworte. Die Vergabe der Richtfunklizenzen durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) erregte zwar Aufsehen, doch waren nicht die Lizenzgebühren wie bei der UMTS-Auktion, sondern die tonnenweise nach Bonn gebrachten Bewerbungsunterlagen der Grund. Noch auf der diesjährigen CeBIT stellte der deutsche WLL-Anbieter Nummer Eins, Callino, sein PMP-Richtfunk-Angebot mit großem Optimismus vor. Und Ende April, teltarif.de berichtete, ergab eine Befragung der Unternehmensberatung Mummert + Partner unter Führungskräften der TK-Branche bei den WLL-Anbietern noch die größten Hoffnungen auf satte Gewinne.

Dass es sich dabei um einen Trugschluss handeln könnte, geht aus einem bei FOCUS Online veröffentlichten Beitrag hervor. Demnach sähe die Realität ganz anders aus. Immer mehr WLL-Anbieter fänden nicht genügend Kunden oder gingen Pleite. So sei bei dem inzwischen in Konkurs befindlichen Anbieter Callino, der 550 der insgesamt 1 600 WLL-Lizenzen erhalten habe, völlig offen, was mit den bald freiwerdenden Lizenzen geschehen solle. Unter Berufung auf Branchenkreise berichtet FOCUS weiter, dass der hannoversche Richtfunkanbieter FirstMark bei 153 Lizenzen auf höchstens 50 Kunden käme und daher das scheinbare Zukunftsprojekt gestoppt hätte. Das Unternehmen wolle sich stattdessen auf die an herkömmliche Telefonleitungen gebundene DSL-Technik konzentrieren. Schließlich, so FOCUS, habe am vergangenen Montag auch noch der Lizenznehmer Winstar [Link entfernt] beim Amtsgericht Düsseldorf einen Insolvenzantrag gestellt.

Laut FOCUS gibt es drei Gründe, warum der Milliardenmarkt nicht funktioniere: Insbesondere der "schlecht planbare Faktor Zeit" erschwere das Geschäft. Vom Vertragsabschluss mit dem Kunden bis zur Betriebsbereitschaft der Richtfunkanlage vergingen oft Monate. FOCUS zitiert Christian Golaszewski, den Technikvorstand von Star21 Networks [Link entfernt] , über die seiner Meinung nach schleppende Arbeit des Ex-Monopolisten, auf deren weiterführende Leitungen sein Unternehmen in über 40 Prozent der Fälle angewiesen sei. Ein weiteres Problem sei die Angst der Einwohner an den Antennenstandorten vor möglichen Strahlenschäden: Viele Mieter würden gegen starke Sendeanlagen protestieren, so Star21-Sprecherin Andrea Fischedick gegenüber FOCUS. Letztlich sei ein Funknetz kostenintensiv: Bei einem Basismodell fallen laut FOCUS Startkosten von 2 500 Mark für Point-to-Multipoint- (maximal 2 Megabit pro Sekunde) und 4 000 Mark für Point-to-Point-Verbindungen (bis 34 Megabit pro Sekunde) an. Die müsse der Kunde erst einmal aufbringen.

Der Bundesverband regionaler und lokaler Kommunikationsanbieter (BREKO) habe bereits resigniert, resümiert der FOCUS. Dazu Geschäftsführer Rainer Lüddemann gegenüber dem Nachrichtenmagazin: „Derzeit gibt es auf dem Markt kein System, das teurer ist als Richtfunk.“