Looser

Auf der Internet-World in Berlin treffen sich die gefallenen Engel

Dennoch doppelt so viele Aussteller wie im Vorjahr
Von dpa / Frank Rebenstock

Ein Jahr ist eine lange Zeit - erst recht für die Jungunternehmer der New Economy. Zwölf Monate ist es her, da ließ die Pleite des britischen Online-Modehauses boo.com an den Messeständen der Internet World erste Zweifel am unbegrenzten Höhenflug der Onlinebranche aufkommen. In dieser Woche treffen sich die Manager, Screendesigner und Programmierer wieder auf Europas größter Internetmesse in Berlin und sprechen sich angesichts der weltweiten High-Tech-Krise Mut zu. Pleiten und Kurseinbrüche, Entlassungen in den Tüftlerstuben, Betrügereien und sogar die Verhaftungen einiger Firmenchefs hat die Branche hinter sich - das schlägt aufs Gemüt.

"Man heult immer noch", beschreibt Harald Summa, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Internet-Wirtschaft die Stimmung. Nachdem in den vergangenen Jahren kräftig in die Informationstechnologie investiert wurde, seien die Aufträge spürbar zurückgegangen, die IT-Firmen nicht mehr voll ausgelastet und unter Kostendruck. Große Computerhersteller wie Cisco, Compaq und Hewlett-Packard streichen deshalb genauso Stellen wie die einstigen Höhenflieger Pixelpark oder Intershop. Die Talfahrt werde noch eine Weile dauern, meint Summa, dessen Verband 250 Internetfirmen vertritt.

Dennoch hat sich die Zahl der Aussteller auf der Internet World mit rund 1 000 fast verdoppelt. Im fünften Jahr ihres Bestehens hat sich die Messe, die Wirtschaftsminister Werner Müller am Dienstag eröffnen wird, zu einer festen Institution für Kontaktpflege und Marktbeobachtung gemausert. 70 000 Besucher werden erwartet. 1997 waren es gerade einmal 5 000.

Anders als die bedeutendere CEBIT in Hannover oder die Systems in München glauben kleinere Unternehmen, auf der spezialisierteren Berliner Veranstaltung weniger in der Masse der Großen unterzugehen, auch wenn gerade diese nach Abstinenz im vergangenen Jahr wieder zurückkehren. Der Veranstalter ComMunic GmbH wirbt mit der Präsenz von IBM, Microsoft, Sun Microsystems oder T-Online.

Einige kleine StartUps haben ihr Kommen wegen der Internet-Krise abgesagt. Der Gründer-Salon für die jüngsten der Internetfirmen ist dennoch bis auf den letzten Platz ausgebucht, denn auf der Internet World (15. bis 17. Mai) findet sich auch so mancher den Finanzier für die nächsten Monate oder Jahre. "In den drei Tagen haben wir locker einige hundert Kontakte", sagt der Sprecher des Risikokapitalgebers bmp, Thomas Blees. "Für uns hat die Krise den Vorteil, dass die Preise für Beteiligungen rapide nach unten gegangen sind." Verglichen mit früheren Jahren sind auch die Finanziers sparsamer.

Bestrebt um mehr Wirtschaftlichkeit steht nach Meinung Summas diesmal vor allem die Integration bestehender Produkte im Mittelpunkt des Interesses. Infrastruktur-Lösungen für Online-Inhalte, neue Geschäftsmöglichkeiten mit dem Bezahlen übers Handy, die Vernetzungstechnologie Bluetooth, aber auch die Sicherheit im weltweiten Datennetz sind wichtige Themen der Messe.

Erstmals findet parallel die "Streaming Media" statt, auf der Unternehmen das Internet-Fernsehen der Zukunft zeigen können. Eine der großen Entwicklungen in den kommenden Jahren - wenn man den Dienstleistern der Branche Glauben schenken kann.