zu langsam oder zu schnell?

UMTS: Ist die "dritte Generation" schon überholt, bevor sie wirklich da ist?

Der Mobilfunk der "vierten Generation" nimmt schon Gestalt an
Von Marie-Anne Winter

Nach der milliardenschweren Auktion im vergangenen Jahr lässt die UMTS-Euphorie inzwischen erstaunlich nach - der Katzenjammer nach einer gelungenen Party ist bekanntlich immer der größte. Jetzt müssen die Netzbetreiber Farbe bekennen: Die Behauptungen der Lizenzerwerber, der neue Mobilfunkstandard erlaube qualitativ hochwertige Videoübertragungen aufs Handy und Datentransfers mit zwei Megabit pro Sekunde zu jeder Zeit und jedem Ort entsprechen leider nicht ganz den Tatsachen. Was theoretisch machbar ist, lässt sich nicht ohne Weiteres auf die Realitäten im "wahren Leben" anwenden.

Allerdings ist das nicht das einzige Problem, mit dem die Anbieter des Mobilfunks der "dritten Generation" zu kämpfen haben. Während der Aufbau der UMTS-Netze gerade erst anläuft, arbeiten Techniker schon an der nächsten Generation mobiler Telekommunikationsgeräte. Wie die Zeitschrift "connect [Link entfernt] " in der aktuellen Ausgabe (Nr. 10/2001) berichtet, ist die so genannte vierte Generation schon im Entstehen.

Die vierte Generation (4G) soll UMTS nicht ersetzen, sondern ergänzen und attraktiver machen. Theoretisch möglich sollen "für den Anfang" Datengeschwindigkeiten von bis zu 10 Megabit pro Sekunde sein - aber was das heißt, lernen wir ja gerade. Immerhin wird jetzt gleich dazu gesagt, dass diese Geschwindigkeiten aus wirtschaftlichen Gründen nicht im gesamten Netz zur Verfügung stehen werden, sondern nur in sogenannten "Hot Spots" mit vielen Nutzern auf kleinem Raum. Dazu gehören beispielsweise Flughäfen und Bürozentren in Großstädten. Außerhalb der Ballungsgebiete werden Kunden die Bandbreite einer UMTS-Basisstation teilen, oder sie können selbst ein eigenes kabelloses Netzwerk im Haus einrichten, das per TV-Kabel, Richtfunk oder DSL mit dem Provider verbunden ist.

Viele Kommunikationsgeräte für die vierte Generation haben mit herkömmlichen Handys äußerlich wenig gemeinsam. Die Designer arbeiten unter anderem an Geräten, bei denen das Display in eine Brille, sowie Mikrofon und Ohrhörer in Schmuckstücke integriert sind. Befehle werden die Geräte per Sprachsteuerung empfangen. Die Einzelteile kommunizieren drahtlos und bilden das so genannte Personal Area Network (PAN), das den Mobilfunkkunden der Zukunft wie ein Netzwerk immer und überall umgibt. Darüber hinaus tauschen die 4G-Geräte innerhalb einer bestimmten Reichweite Daten mit Computern, Handys oder Haushaltsgeräten aus. So kann beispielsweise der Kühlschrank seinem Besitzer melden, dass die Butter alle ist - das geht auch mit relativ niedrigen Übertragungsraten.

Zudem eröffnet der Datenaustausch zwischen verschiedenen 4G-Geräten weitere Möglichkeiten. Kommen bestimmte Gegenstände wie ein Mietwagen in Reichweite, bietet 4G aktiv seine Hilfe an: "Wollen Sie diesen Wagen mieten?" Falls ja, kann der Wagen über die Rechnung des Netzbetreibers bezahlt werden. Ob wir wirklich mit dermaßen aufdringlichen Geräten ausgestattet werden wollen, scheint die Entwickler derzeit weniger zu beschäftigen.