Seifenblase?

Die Zukunft der BerliKomm ist offen

Neue Produkte nur für Geschäftskunden geplant
Von Matthias Maetsch

Nachdem der Berliner City-Carrier BerliKomm kürzlich die Vermarktung von analogen Telefonanschlüssen einstellte (ISDN-Anschlüsse werden weiterhin angeboten) und zum Jahreswechsel auch Datenverbindungen mit einem Pfennig tarifierte, scheint das Interesse am Privatkunden bei BerliKomm zusehends zu schwinden. Auf der heutigen Pressekonferenz hieß es, man habe nicht vor, die jetzigen Tarife zu ändern. Insbesondere Preise für Anrufe in die E-Netze und ins Ausland sind auf Grund Ihrer Höhe kaum noch marktgerecht, wir berichteten bereits darüber.

Kleine und mittelständische Unternehmen sind nun die Hauptzielgruppe, wie man durchblicken ließ. Diese möchte man mit einem Bündel an Büro- und Kommunikationsdienstleistungen bedienen. BerliKomms Geschäftsführer Sebastian Krems stellte eine neue Kooperation mit dem amerikanischen Software-Giganten Microsoft vor. Als erstes deutsches Tk-Unternehmen werde man Microsofts ASP-Lizenzmodell vermarkten. ASP-Software (Application Service Providing) wird nicht, wie bisher üblich, auf dem PC des Anwenders installiert, sondern über ein schnelles Netzwerk direkt von einem zentralen Rechner aus gestartet. Die Software muss vom Anwender weder gekauft noch installiert werden. Bezahlt wird lediglich die Nutzung - eine Miete sozusagen. Weitere Beispiele für ASP-Software sind Outlook bei 1&1 oder Online-Office bei MobilCom.

Mit ihrem, nach eigenen Angaben gut ausgebauten Glasfasernetz sieht sich BerliKomm für dieses Produkt als den idealen Partner für Microsoft an. In der Verbindung von klassischen Telefondienstleistungen und Netzwerk-Systemlösungen sehe man die Zukunft von BerliKomms Business-Bereich.

Preise für die neuen Produkte wollte man heute allerdings noch nicht nennen, betonte jedoch, dass BerliKomms Angebote im Vergleich zu den Kosten eines herkömmlichen PC-Arbeitsplatzes deutlich günstiger seien. Während der diesjährigen Berlinale wird BerliKomm das Pressezentrum mit der neuen ASP-Technologie ausrüsten, um der Öffentlichkeit das Produkt nahezubringen. Durch die Zusammenarbeit mit Microsoft und der Nutzung des eigenen Netzes sehe man keine Sicherheitsprobleme, wenn die Daten des Kunden zentral gespeichert werden, wie es bei einer ASP-Lösung üblich ist. Ob das der potenzielle Kunde auch so sieht, und seine Buchhaltung auslagert, wird sich im Einzelfall entscheiden. Microsofts Ruf in Zusammenhang mit Datensicherheit war nicht immer der Beste in der Vergangenheit. Als ersten Schritt wird BerliKomm daher den Kunden auch Office-Software (Word, Excel) per ASP anbieten, um das Vertrauen langsam wachsen zu lassen.

Ob ASP-Software BerliKomms Marktposition in Berlin verbessern wird, darf bezweifelt werden. Nach eigenen Angaben hat man zur Zeit gerade einmal 2500 Geschäftskunden unter Vertrag. Von den insgesamt 27 000 akquirierten Kunden seien erst 15 000 am Netz. Die anderen müssten auf Grund eines Auftragsstaus bei der Telekom noch auf den Anbieterwechsel zu BerliKomm warten.

Auf Anfrage gab man bei BerliKomm zu, dass die Kundenzahlen ursprünglich falsch eingeschätzt worden waren und die Gründe für die langen Wartezeiten daher nicht nur bei der Telekom zu suchen seien. Aus diesem Grund habe man auch die Werbung in den vergangenen Monaten etwas zurückgefahren. Betrachtet man jedoch BerliKomms Kundenzahlen im Verhältnis zur Anzahl der Berliner Haushalte (etwa zwei Millionen), so wird schnell klar, dass BerliKomm weit entfernt davon ist, für die Telekom eine ernste Konkurrenz in Berlin zu sein. Angesichts unzeitgemäßer Tarife, schleppender Aufschaltung, technischer Problem und zahlreicher Pannen im Marketing dürfte sich an dieser Situation wohl so schnell nichts ändern.

Aus normalerweise gut unterrichteten Kreisen ist zu vernehmen, dass BerliKomm mit einer hohen Mitarbeiter-Fluktuation insbesondere im Vertrieb zu kämpfen hat. Darüber hinaus gibt es Gerüchte, dass BerliKomm die Vorleistungen der Telekom nur zögerlich bezahlt. Ob hier Versäumnisse der Telekom durch die BerliKomm "bestraft" werden, oder umgekehrt, die Telekom so langsam aufschaltet, weil Rechnungen offen sind, ist nicht bekannt. Da bislang die Suche nach einem Investor für die BerliKomm erfolglos verlief, wäre es kaum verwunderlich, wenn irgendwann der komplette Rückzug aus dem Privatkundengeschäft bekannt gegeben wird. Für die Bundeshauptstadt wäre dies schade, verschwände doch so auch die Hoffnung auf eine starke Konkurrenz für das Ortsnetz der Telekom in Berlin.