Aus?

BerliKomm: Braucht der City Carrier keine Privatkunden mehr?

Leitungsstörungen - Prepaid-Handys im Angebot
Von Frank Rebenstock

Berlin, Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg, Ende 1999: Ein Antiquariat schließt und ein in hellem Holz durchgestylter Laden des City Carriers BerliKomm eröffnet. Monate später ein Face-Lifting des Designs: Nun Stahl und Glas, statt Holz-Ambiente. Nur an potenziellen Kunden mangelt es. Selten ist mehr als ein Interessent im Laden, meist sieht man die Mitarbeiter alleine, gelangweilt den Straßenverkehr beobachtend.

Von außen fällt dem regelmäßigen Beobachter etwas auf, was nachdenklich stimmten sollte: Trotz vieler Mobilfunk-Shops in der Gegend, offeriert der Ortsnetzbetreiber immer mehr Prepaid-Pakete von T-D1, D2 Vodafone und E-Plus. Auch Werbung von Talkline hängt im Schaufenster. Ansonsten Schnurlos-Telefone, Werbe-Aufsteller für Calling-Cards und eine Auswahl an Mobiltelefonen. Für Frau Pfeiffer von der BerliKomm-Pressestelle ist das ein "Zusatzangebot", das nicht mit dem eigentlichen Kerngeschäft kollidiert. Schließlich komme man um Mobilfunk nicht mehr herum. Dass mit dem Verkauf von T-D1-Karten ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom gestärkt wird, der man im Festnetzbereich Kunden abjagen möchte, scheint das Tochterunternehmen der Berlinwasser AG nicht zu stören. Oder versucht man nur, etwas Leben in eine Repräsentanz zu bringen, die aus wirtschaftlichen Erwägungen eigentlich aufgegeben werden müsste?

Attraktiv waren die BerliKomm-Tarife vielleicht beim Marktstart für Privatkunden Ende 1999. Inzwischen gilt das nicht mehr: Zwar sind netzinterne Gespräche nach wie vor gratis und es gibt, je nach Vertragsdauer, unterschiedlich hohe Freistunden-Pakete für Ortsgespräche. 69 Pfennig pro Minute ins europäische Ausland, die USA und Kanada aber sind zu teuer, ebenso die 89 Pfennig pro Minute in die E-Netze, auch wenn sekundengenau abgerechnet wird. Auf den ständigen "Anpassungsdruck" bei den Tarifen, so Frau Pfeiffer, reagiert der City Carrier nur langsam: Seit langem sind günstigere Tarife im Gespräch, aber auch heute konnte uns kein Termin für eine Preissenkung genannt werden. Lediglich die Verbindungspreise zu den D-Netzen wurden gesenkt. Bei den Auslandsgesprächen sind Call-by-Call-Anbieter bis zu 90 Prozent billiger. Aber nach dem Wechsel zu BerliKomm ist Call by Call stark eingeschränkt.

Überhaupt ist der Wechsel ein leidiges Problem, über das wir schon eine fünfteilige Serie unter dem Titel Viag-Berlikomm-Odyssee (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5) veröffentlich haben. Wartezeiten von bis zu einem halben Jahr sind, so wird uns immer wieder mitgeteilt, keine Seltenheit. Wer überdies in einem von der Telekom mit Glasfaser versorgten Gebiet wohnt, kann gar nicht wechseln. Ähnlich wie Arcor muss auch BerliKomm bei der Siemens OPAL-Technik passen. Neukunden rät Frau Pfeiffer, selber bei der Telekom die Anschlussart zu erfragen. Die entsprechende Datenbank der Telekom stünde Mitbewerbern nämlich nicht zur Verfügung. Allerdings habe man inzwischen einen guten Überblick der betreffenden Bereiche und könne zügig Auskunft erteilen.

Für alle, die einen BerliKomm-Anschluss ergattern konnten, war oft die Internet-Flatrate über BerliKomm-interne Verbindungen zu bestimmten Providern ein entscheidendes Argument. Doch ab 1. März ist damit Schluss: Dann nämlich wird eine Verbindungsgebühr von 1 Pfennig pro Minute für die Einwahl bei Internet-Providern erhoben. Eine nicht unwesentliche Preiserhöhung, denn bereits bei einer durchschnittlichen Internetnutzung von etwa vier Stunden am Tag ergibt sich monatlich ein Verbindungsentgelt von rund 72 Mark. Die Sonderküngigungen, so Frau Pfeiffer, hätten sich "im erwarteten Rahmen" gehalten. Liest man das in unserem Forum zitierte Schreiben, so könnte man meinen, BerliKomm wolle Privatkunden loswerden: "Sollten Sie an einer außerordentlichen Kündigung interessiert sein, bitten wir Sie, rechtzeitig bis zum 28.02.2001 eine schriftliche Kündigung zur Tarifänderung einzureichen."

Vorige Woche waren Kunden in Mitte und Prenzlauer Berg von Störungen betroffen, von Freitag Mittag bis heute waren an den HVT 381 angeschlossene BerliKomm-Leitungen teilweise tot. Angeblich, so Hinweis eines Lesers, beinhalte der Vertrag zwischen BerliKomm und Telekom keine Entstörung an Wochenenden und Feiertagen. Andere Leser sprechen sogar von einem "Glücksspiel", ob das Telefon funktioniert oder nicht. Auf die anhaltenden Störungen angesprochen, konnten uns aber weder Frau Pfeiffer, noch Herr Will von der Pressestelle der Telekom in Berlin bislang Auskunft geben.

Fazit: BerliKomm scheint sein Interesse an Privatkunden verloren zu haben. Wohl nicht umsonst erscheint diese Gruppe auf der Web-Site an letzter Stelle der Rubrik "Sie, unser Kunde". Veraltete und wenig attraktive Preise, die Einführung eines Verbindungsentgelts für die Internet-Zugänge und tote Leitungen sind kein Anreiz für Privatkunden.

Und wieder geht ein Gerücht um, wonach in der Hauptstadt ein Carrier von der Telekom abgeklemmt werden soll und dieses Vorgehen, so Original-Zitat unserer Quelle, "die Monopolstellung der Telekom wieder stärken wird". Beim derzeitigen Stand der Information wäre es jedoch reine Spekulation, die technischen Pannen bei BerliKomm mit diesen Leitungsabschaltungen in Verbindung zu bringen.