Zensur

Die Feinde des Internet

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" benennt 15 Staaten, in denen das Internet systematisch zensiert wird
Von Marie-Anne Winter

In 45 Staaten dieser Welt wird das Recht ihrer Bürger auf einen freien und ungehinderten Zugriff ins Internet eingeschränkt. Eine einfache, aber effektive Methode dafür ist, dass sie den Zugang nur über einen staatlichen Provider zulassen. Oft wird diese Kontrolle damit begründet, dass man die Menschen vor "subversiven Ideen" schützen müsse. In einigen Ländern ist der freie Zugang zum Internet ganz verboten, zwanzig Staaten üben offene Zensur.

Inzwischen formiert sich aber internationaler Widerstand. Internetnutzer, Hackergruppen und Menschenrechtsorganisationen protestieren und machen auf die Missstände aufmerksam. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" hat eine Liste mit den "Feinde des Internet" veröffentlicht:

  • Belorussland: Alle Medien werden zensiert, auch das Internet. Der Internetzugang ist nur über den staatlichen Provider Belpak möglich.
  • Burma: Zensur total, der Staat ist einziger Provider. Computerbesitz muss angemeldet werden, illegaler Besitz wird mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft.
  • China: Surfer werden überwacht, staatsfeindliche Websites wie das oppositionelle New Century Net ausgefiltert. Im Juni 1999 wurden in Shanghai 300 Cybercafes wegen Staatsfeindlichkeit geschlossen. Ein Hacker musste im Januar 2000 für zwei Jahre ins Gefängnis, weil er E-Mail-Adressen an eine opositionelle Site weitergegeben hatte.
  • Iran: Der Staat kontrolliert das Internet genauso wie alle anderen Medien. Seiten mit sexuellen, religiösen oder medizinisch-anatomischen Inhalts werden ausgefiltert.
  • Irak: Die Bevölkerung hat keinen Internetzugang. Ministerien-Websites liegen auf Servern in Jordanien. Computer sind wegen des noch immer andauernden internationalen Embargos gegen Irak Mangelware.
  • Kuba: Der Staat kontrolliert das Internet wie alle anderen Medien. Immerhin gibt es für einige Auserwählte ein Internet-Café in Havanna. Wer, um der Zensur zu entgehen, im Ausland kubakritische Webinhalte veröffentlicht, riskiert eine Gefängnisstrafe.
  • Libyen: Es gibt keine Anbindung an weltweite Datenleitungen, deshalb ist ein direkter Zugriff auf Webinhalte gar nicht möglich.
  • Nordkorea: Nordkorea stellt der Bevölkerung keine Datenleitungen zur Verfügung. Die Websites von Ministerien und Nachrichtenagenturen liegen auf japanischen Servern.
  • Saudi-Arabien: Es existieren 37 unabhängige Provider. Sämtlicher Traffic muss allerdings über einen Backbone geschleust werden, über den sämtliche "islamfeindlichen" Inhalte ausfiltert werden.
  • Sierra Leone: Als Teil der Repression gegenüber der Opposition werden auch Online-Journalisten verfolgt und verhaftet.
  • Sudan: Der Staat kontrolliert und zensiert Internet-Verbindung über den einzigen Provider Sudanet.
  • Syrien: Internet-Zugang für Privatpersonen ist bei Gefängnisstrafe verboten. Nur staatliche Stellen dürfen das Internet benutzen.
  • Tunesien: Die Tunesische Internet Agentur kontrolliert die beiden einzigen Provider in Privatbesitz (die der Präsidententochter bzw. einem Regierungsmitglied gehören). Die Website von Amnesty International wird von der Regierung blockiert, statt dessen existiert eine Gegenwebsite [Link entfernt] , betrieben von der PR-Agentur der Regierung.
  • Vietnam: Jeder, der einen Internet-Zugang wünscht, benötigt eine Genehmigung des Innenministeriums. Websites von Oppositionsgruppen und Menschenrechtgruppen werden gefiltert.
  • Zentralasiatische und kaukasische Republiken (Aserbaijan, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan): Der Internetzugang wird vom Staat kontrolliert. Zum Teil existieren private Provider, der Zugang wird aber reglementiert. Turkmenistan gilt als "schwarzes Loch" was Informationen über den Rest der Welt betrifft.
"Reporter ohne Grenzen" fordert die genannten Staaten auf, die Zensur und die Behinderung des Internet sofort zu beenden.