Classic classic

Der stille Abschied von Btx

Bis zum Ende nächsten Jahres werden alle Angebote jenseits des Homebankings aus dem Btx-Dienst genommen
Von Marie-Anne Winter

Der zur Zeit unter dem Namen "T-Online Classic" angebotene Bildschirmtext-Dienst der Deutschen Telekom wird zum Ende des nächsten Jahres auslaufen. Grund ist, dass T-Online Classic mit dem Btx-Format vom graphischen Aufbau und der Benutzerführung als proprietärer Standard nicht mehr zeitgemäß ist. Daran ändert auch der Multimedia-Aufsatz "Kit" nichts. Folglich gehen immer mehr Angebote aus dem Btx ins Internet. Andere fühlen sich hingegen von der Telekom rausgeschmissen.

Als einziges werden Homebanking-Angebot auch über den 31. Dezember 2001 innerhalb des Dienstes verbleiben, angeblich weil es einen hohen Sicherheitsstandart garantiert. Dabei ist das Sicherheitskonzept von Btx (proprietäres System, abgeschirmte Leitungen) mit dem des Internet (Nutzung hochwertiger Algorithmen zur Daten-Verschlüsselung zwischen Bank und Kunden) nur schwer vergleichbar. Jedes hat seine individuellen Schwächen, das im Internet genutzte scheint aber ausbaufähiger durch "smart cards" und "trust center".

Die erste Btx-Vermittlungsstelle war 1977 auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin zu bewundern, nach Feldversuchen in Berlin und Düsseldorf startete die damalige Deutsche Bundespost 1984 den Regelbetrieb. Der Bildschirmtext-Dienst war im Prinzip eine Weiterentwicklung des Videotextes, statt des Fernsehsignals wurde nun eine Telefonverbindung verwendet, über die jeder Teilnehmer auf eine Datenbank gespeicherter Seiten zugreifen kann. Damit war es in den achtziger Jahren bereits möglich, schriftliche Mitteilungen sekundenschnell an andere Teilnehmer zu übermitteln - lange vor der massenhaften Verbreitung von E-Mail-Diensten.

Allerdings blieben die Teilnehmerzahlen weit hinter den Erwartungen der Bundespost zurück. Der Dienst arbeitete auch Jahre nach der Einführung noch nicht kostendeckend, obwohl auch potentielle kommerzielle Anbieter den Btx-Dienst für ihre Zwecke testeten. Gerade für Versandhäuser erschien es attraktiv, dass ihre Kunden bequem am Fernseher bestellen konnten - nur sahen diese offenbar lieber die Lindenstraße als Bildschirmtext. Insofern kann Btx durchaus als früher Vorläufer des "E-Commerce" angesehen werden.

Erst mit der Ausbreitung von Homecomputern und der zunehmenden Nutzung des Internet kam Btx - jetzt unter der Bezeichnung Datex-J - in Fahrt. 1995 meldete die Deutsche Telekom 750.000 Teilnehmer, die im Datex-J-Netz den Btx-Dienst nutzten. Richtig erfolgreich wurde dann das Produkt T-Online, der Internetzugang der Deutschen Telekom. Europaweit surfen über 5 Millionen Internetnutzer über T-Online. Allerdings kann jeder per Internet frei auf alle möglichen Informationsdienste, e-shops und sonstige e-commerce-Angebote zugreifen - damit wird das bisherige Btx-Angebot überflüssig. Deshalb wird es ab dem 1. August 2000 keine Btx-Teilnehmerkennung für Neukunden mehr geben. Der alte T-Online Classic-Zugang für die Software 1x.x unter der Nummer 01910 wird zum 31. Dezember 2001 endgültig abgeschaltet.