Emission

T-Online-Börsengang weder Top noch Flop

Experten rechnen mit Ausgabepreis unter 32 Euro
Von Christopher Paun / AFP

"Deutschland geht T-Online. Gehen Sie mit." Es sollte das Börsenereignis des Jahres werden. Als drittgrößter Börsengang in der deutschen Unternehmensgeschichte war T-Online noch vor wenigen Wochen als sichere Sache gehandelt worden: Viele Anleger hatten in der Folge der Goldgräberstimmung nach dem Handelsstart der Siemens-Tochter Infineon schon auf satte Zeichnungsgewinne gehofft. Doch mit dem jüngsten Absturz der Internet- und Technologiewerte ist die Stimmung trotz vielfacher Überzeichnung vor dem Börsengang am Montag gedämpft. Zwar rechnete kein Experte damit, dass der Start der T-Online-Aktie zum Flop werden könnte, auf hohe Zeichnungsgewinne dürfen Anleger aber wohl kaum hoffen.

Allein durch Privatanleger sei T-Online bis zu 15-fach überzeichnet worden, berichtete das "Handelsblatt" am Freitag. Die Telekom werde deshalb das Los über die Zuteilung entscheiden lassen. Trotz der hohen Nachfrage werde der Ausgabepreis der zunächst 100 Millionen Aktien jedoch unter 32 Euro liegen. Dies wäre unter der oberen Marke der so genannten Bookbuilding-Spanne zwischen 26 und 32 Euro (50,85 und 62,59 Mark). Ein solcher Wert enspräche auch den Erwartungen des Grauen Marktes: Dort rutschte die T-Online-Aktie zum Wochenende teilweise in Richtung 31 Euro. Experten sehen das Kalkül von Telekom-Chef Ron Sommer bei der Festlegung des Emissionspreises am Wochenende so: Lieber ein niedrigerer Preis beim Börsenstart, der in den ersten Handelstagen ein Potenzial nach oben bietet, als ein Absacken unter einen zu hoch gesetzten Emissionswert.

Beim Infineon-Börsengang Mitte März war das noch anders. Das Papier des Chip-Herstellers, das 33-fach überzeichnet war, konnte seinen Ausgabekurs von 35 Euro am ersten Handelstag mehr als verdoppeln. "Money for nothing", sagten sich viele Deutsche daraufhin und schworen, beim nächsten Börsengang dabeizusein. Doch die Ernüchterung kam bald: Die Aktie des Internet-Portals Lycos Europe stürzte bei ihrem "Going public" schon eine Woche später ab. Frustriert räumte ein Lycos-Sprecher ein, die Entwicklung zeige, dass eine mehrfache Überzeichung keine Garantie für den Erfolg an der Börse sei.

T-Online habe nun das Pech, mit dem Börsengang "ein paar Monate zu spät" zu kommen, meint Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Frankfurt am Main. Seit vergangenem Monat ist vorerst die Luft raus aus dem Hoffnungsmarkt Internet. Viele Firmen mussten an der Börse hohe Kursverluste hinnehmen. Zwar sei das Internet noch immer der "Mega-Trend", betont Kurz, die Börsen hätten hier aber anscheinend übersteigerte Erwartungen auf eine schnelle Entwicklung gehabt.

T-Online-Zeichnern rät der DSW-Vertreter aber auch bei einem mäßig erfolgreichen Börsengang, erstmal "dabeizubleiben". Kurz schreibt T-Online mit der Muttergesellschaft Deutsche Telekom im Rücken den finanziellen Atem zu, "die anstehenden Preiskämpfe auf dem Markt auszuhalten". Mit dem bloßen Bereitstellen eines Online-Zugangs zum weltumspannenden Datennetz werde sich in Zukunft aber "kaum Geld verdienen lassen". Die mittelfristige Entwicklung von T-Online hänge deshalb wesentlich davon ab, welche Geschäftsfelder sich das Unternehmen in Zukunft erschließen könne.

Marktexperten rechnen jedenfalls kaum damit, dass T-Online in den ersten Tagen regelrecht in den Keller gehen wird. Die Banken, die Telekom-Chef Sommer mit ins Börsengang-Boot genommen hat, dürften schon aus Prestigegründen kaum zulassen, dass der Kurs deutliche Einbußen erleidet. Dabei könnten ihnen auch institutionelle Anleger zu Hilfe kommen. Kaum ein Fonds-Manager möchte sich in einigen Monaten gegenüber seinen Anlegern rechtfertigen, wenn das Papier doch abhebt und der Kurs des eigenen Anlagepools deshalb hinter den Konkurrenten zurückbleibt. Da ist Zeichnen das geringere Risiko für die Fonds-Experten.