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Faktencheck bitte!


11.01.2023 21:34 - Gestartet von wolfbln
8x geändert, zuletzt am 11.01.2023 23:04
Die Telekom hat dieser Tage die Zahlen vorgelegt, wonach sie alle Auflagen (außer die Whitespots) "übererfüllt" hätte.
Von Telefónica kommt heute eine fast identische Mitteilung:
https://www.telefonica.de/news/corporate/2023/01/schnelle-fortschritte-im-netzausbau-o2-telefonica-erfuellt-ausbauauflagen-der-bundesnetzagentur.html



Kann das wirklich stimmen? Teltarif wird noch über o2 schreiben, wie ich höre, also hier nur zur Telekom. Schauen wir uns die Auflagen genauer an und ob sie so erreicht sein können, wie sie es vorgeben.

1.) Haushaltsabdeckung: mind. 98% in jeden Bundesland. Das kann hinkommen mit 99,6% bundesweit, denn in Stadtstaaten haben sie fast 100% und in Flächenstaaten nur gut 98%. Sie nutzen dazu ein paar Tricks: Haushalte statt Bevölkerung benachteiligt das Land, 5G kann als DSS und im NSA dazu gezählt werden, auch wenn viele Handys das gar nicht empfangen können. Und 100 Mbit/s ist eine theoretisch-technische Größe und sagt nichts darüber aus, was beim Endnutzer effektiv an Speed ankommt. Darum ist das zwar möglich, aber für Laien praktisch unüberprüfbar.

2.) Autobahnen: komplett mit 100 Mbit/s. Auch da sind die 99,9% nicht so ganz realitätsfremd. Ich fahre mit Live Radio häufig drüber und es gibt nur noch wenige Aussetzer, oft bei Unterführungen. Diese wenigen Stellen sind aber dann ärgerlich: Der zweit-längste Autobahntunnel in Deutschland komplett ohne Empfang und damit Notruf per Handy ist einfach ein Sicherheitsrisiko. Der Tunnel ist 10 Jahre lang gebaut worden in Hessen und jetzt nach der Verkehrsfreigabe überlegt man eine Repeateranlage einzubauen. Bei etwa 13.200 km fehlten damit nur 13,2 km (= 0,1%) na ja. Fraglicher ist, ob da überall wirklich 100 Mbit/s technisch ankommt. Das hieße LTE+ oder DSS bzw. 5G zusätzlich.

3.) Bundesstraßen: die bis Ende 2022 abzudecken waren, sind nur in der Verbindungskategorie 0 und 1. Von den 38.000 km sind das nur ca. 5000 km, die man auf dieser Karte sehen kann: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/Verbindungsfunktionsstufen-0-1.html
Da muss man sagen, dass diese Strecken schon ganz gut abgedeckt sind, aber nicht so lückenlos wie die "100%" suggerieren. Hier findet ja die unsägliche gegenseitige Anrechnung statt: hat ein anderer Betreiber dort abgedeckt, kann man sich das anrechnen lassen, ohne dass man in das Netz des anderen kommt. 100% hieße aber komplett steht auf allen grünen und lila Straßen der Karte mindestens ein Betreiber mit LTE. Ich bin meist mit allen 3 Anbietern unterwegs und das ist klar eine Lüge. Da gibt es auf dem Land häufig Orte, wo 0G oder nur 2G GSM vorhanden ist, was für mind. 100 Mbit/s weder theoretisch noch praktisch ausreicht.
Bei den übrigen Bundesstraßen seien 99% abgedeckt und nur damit ca. 380 km ohne 4G/5G. Also diese Zahl ist auch sicher höher, aber erst bis 2024 zu erreichen.

4.) Seehäfen und Wasserstraßen: damit kenne ich mich nicht so aus. Die Wasserstraßen machen 7.350 km aus. Es dürften nur 73,5 km (0,1%) ohne Abdeckung sein. Halte ich auch für fraglich, auch wenn hier wieder gegenseitig angerechnet werden kann.

5.) Schienenwege: Da war jetzt das "fahrgaststarke" Netz mit über 2000 Passagieren pro Tag abzudecken. Wenn ich der Berechnung der Telekom trauen kann sind das jetzt knapp 20.000 km der 33.400 km Schienennetz der DB AG. Eine Karte findet man dazu hier: https://www.deutschebahn.com/resource/blob/6860340/3ac8a071ef34862400e0f395db0c698d/Infografik-Starkes-Netz-fuer-Deutschland-data.pdf
Also zu 99,9% hieße nur insgesamt 20 km ohne Netz und das ist ein Witz und völlig unglaubwürdig. Bei den "restlichen Schienenwegen" sollen schon 100% abgedeckt sein. D.h. an den Hauptstrecken fehlen noch 20 km und alle Nebenbahnen, die oft viel schlechter sind, weil einspurig und eng, seien komplett abgedeckt. Wen wollen sie das denn bitte erzählen?

6.) Land- und Staatsstraßen: Das sind 86.900 km. Hier behaupten sie, dass ihnen noch 0,3% fehlen. Das wären ganze 261 km. Puh. Selbst mit Anrechnung der anderen beiden Anbieter ist das völlig ausgeschlossen. Sie haben aber noch 2 Jahre Zeit. Darum verstehe ich jetzt diese völlig fiktive Zahl nicht. Völlig abstrus wird die Angabe wenn man sie mit 3.) vergleicht: es fehlten 300 km Bundesstraße, aber nur 261 km Landstraße, obwohl das LS-Netz dreimal so groß ist. Jeder weiß, dass Landstraßen meist noch schlechter als Bundesstraßen sind.

7. Whitespots: Da gibt es eine interessante Entwicklung. In der Auktionsvergabe von 2019 steht zu lesen, dass jeder "Zuteilungsinhaber" 500 Whitespots zu bauen hätte. Das wären 3 x 500 also 1500, wenn man 1&1 noch dazuzählt sogar 2000. Die Telekom geht nur von insgesamt 500 aus, die sie drittelt. So ist sie für genau 167 zuständig. Aber vereinbart war etwas anderes. Gab es da einen Deal mit der BnetzA, denn alle 3 Anbieter gehen idR auf den Whitespot, denn sie haben ja alle da Loch? Da sollte Teltarif mal um Aufklärung bei der BNetzA sorgen. Jedenfalls auch bei 500 Stück sind sie unter Soll, können das aber ganz vernünftig mit den notwendigen Planungszeiten erklären.

Fazit: Also manches können sie durchaus erreicht haben, wie die Haushalte und die Autobahnen. Das ist technisch kaum verifizierbar mit der Geschwindigkeit, möglich mit der Fläche. Die Straßen und Schienenwege haben sie sicher nicht so abgedeckt, wie sie vorgeben, auch nicht kombiniert mit Vodafone und o2. Die Whitespots geben sie selbst zu, bisher verfehlt zu haben, weil man die auch am einfachsten zählen kann, wobei die Frage nach der Gesamtzahl bleibt.
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[1] NumeroFox antwortet auf wolfbln
12.01.2023 08:46
Benutzer wolfbln schrieb:
5.) Schienenwege: Da war jetzt das "fahrgaststarke" Netz mit über 2000 Passagieren pro Tag abzudecken. Wenn ich der Berechnung der Telekom trauen kann sind das jetzt knapp 20.000 km der 33.400 km Schienennetz der DB AG. Eine Karte findet man dazu hier:
https://www.deutschebahn.com/resource/blob/6860340/3ac8a071ef34862400e0f395db0c698d/Infografik-Starkes-Netz-fuer-Deutschland-data.pdf Also zu 99,9% hieße nur insgesamt 20 km ohne Netz und das ist ein Witz und völlig unglaubwürdig. Bei den "restlichen Schienenwegen" sollen schon 100% abgedeckt sein. D.h. an den Hauptstrecken fehlen noch 20 km und alle Nebenbahnen, die oft viel schlechter sind, weil einspurig und eng, seien komplett abgedeckt. Wen wollen sie das denn bitte erzählen?


Ja, das sind völlig an den Haaren herbeigezogene Zahlen. Ich war vor einer Woche ungefähr mit Telekom in Zügen unterwegs und es gab sehr viele Stellen wo ich nicht mal die 1 Mbit/s erreicht habe... Egal ob es das iPad oder das Handy war. Telekom ist in Zügen einigermaßen gut aber definitiv sind diese Zahlen falsch.

1.) Haushaltsabdeckung: mind. 98% in jeden Bundesland. Das kann hinkommen mit 99,6% bundesweit, denn in Stadtstaaten haben sie fast 100% und in Flächenstaaten nur gut 98%. Sie nutzen dazu ein paar Tricks: Haushalte statt Bevölkerung benachteiligt das Land, 5G kann als DSS und im NSA dazu gezählt werden, auch wenn viele Handys das gar nicht empfangen können. Und 100 Mbit/s ist eine theoretisch-technische Größe und sagt nichts darüber aus, was beim Endnutzer effektiv an Speed ankommt. Darum ist das zwar möglich, aber für Laien praktisch unüberprüfbar.

Ich gehöre zu den 2% die man nicht ausbauen muss. Ich hab über LTE gerade so wohlwollend 20-30 Mbit/s. Mehr ist technisch mit LTE 900 was Telekom hier anbietet nicht möglich. 5G mit DSS und NSA ist kein 5G... Das ist eine reine Mogelpackung. Ich hab noch nie irgendwo in DE einen Ort gehabt wo 5G DSS nennenswert schneller war als LTE im gleichen CA. Und für diese Mogelpackung feiert sich Telekom des Todes mit angeblichen 94% 5G Abdeckung. Weil man für Messungen das Handy austrickst, es glaubt in 5G zu sein, dabei ist es das nicht. 5G ist für mich 700 MHz, 3500 MHz oder DSS mit SA wie bei Vodafone.
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[2] br403 antwortet auf wolfbln
12.01.2023 10:05
Benutzer wolfbln schrieb:

Der zweit-längste Autobahntunnel in Deutschland komplett ohne Empfang und damit Notruf per Handy ist einfach ein Sicherheitsrisiko. Der Tunnel ist 10 Jahre lang gebaut worden in Hessen und jetzt nach der Verkehrsfreigabe überlegt man eine Repeateranlage einzubauen.

Irgendwas muss dort ja sein warum es nicht geht, im neuen Tunnel Oberau in Garmisch (kein Autobahntunnel) war vom ersten Tag an 5G vorhanden. Wäre mal interessant woran es liegt, da könnte ja mal Henning nachfragen.

Zum Notruf: Ohne dass ich den Tunnel kenne, gibt es dort aber sicher eine Tunnelzentrale mit Kameraüberwachung und Notfallbuchten.

Dennoch muss natürlich Mobilfunk dabei sein, wie gesagt, es wird sicher einen Grund haben, ganz blöd ist die Telekom ja nicht.
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[2.1] wolfbln antwortet auf br403
12.01.2023 12:48

2x geändert, zuletzt am 12.01.2023 12:54
Benutzer br403 schrieb:
Benutzer wolfbln schrieb:

Der zweit-längste Autobahntunnel in Deutschland komplett ohne Empfang und damit Notruf per Handy ist einfach ein Sicherheitsrisiko. Der Tunnel ist 10 Jahre lang gebaut worden in Hessen und jetzt nach der Verkehrsfreigabe überlegt man eine Repeateranlage einzubauen.

Irgendwas muss dort ja sein warum es nicht geht, im neuen Tunnel Oberau in Garmisch (kein Autobahntunnel) war vom ersten Tag an 5G vorhanden. Wäre mal interessant woran es liegt, da könnte ja mal Henning nachfragen.

Zum Notruf: Ohne dass ich den Tunnel kenne, gibt es dort aber sicher eine Tunnelzentrale mit Kameraüberwachung und Notfallbuchten.

Dennoch muss natürlich Mobilfunk dabei sein, wie gesagt, es wird sicher einen Grund haben, ganz blöd ist die Telekom ja nicht.

Hallo. Ich habe da schon intern bei meinen Kontakten nachgefragt.
Die Netzbetreiber dürfen erst eine Tunnelversorgung bauen, wenn die Autobahn GmbH die Genehmigung erteilt und das läuft offenbar zu langsam.

Der Tunnel bei Garmisch wurde gleich zur Verkehrsfreigabe versorgt. Das liegt vielleicht daran, dass er in Bayern liegt oder keine Autobahn ist oder weshalb immer.

In Hessen bei den Straßentunneln läuft es leider ganz anders. Das konnte man beim Frankenhainer Tunnel bei Schwalmstadt-Treysa auf der A49 beobachten. Da war es sogar noch krasser. Der ist aber nicht 4 km, sondern nur 900 m lang und deshalb nicht so dringlich.

https://www.frankenhain.info/index.php?seite=tunnel

Der wurde von 2011 bis 2015 (s. Link) gebaut. Dann stand er leer, weil die Anbindung der Autobahn nicht fertig wurde. Raver veranstalteten Parties und dann wurde er abgezäunt, dass keiner mehr reinkommt und vielleicht drinnen wohnt. Am 30.6.22, also 7 Jahre später, war die A49 dann dort fertig und Verkehrsfreigabe. Ohne Mobilfunk (im Juli 2022 getestet). Inzwischen läuft er aber dort bei allen Betreibern (im Dezember 2022 getestet).

Ähnlich der Tunnel Neuhof auf der A66 bei Fulda. Zur Freigabe 2014 gab es nur UKW. Inzwischen ist neben Mobilfunk 2G/4G sogar DAB+ dort vorhanden.

Das scheint ein generelles Problem zu sein. Ach ja, zurück nach Hirschhorn an die A44. Die Telekom baut demnächst dort eine Repeateranlage ein. Die anderen Betreiber müssen darauf warten.

Hier sollte man sich die Planungsabläufe anschauen und straffen.
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[2.1.1] br403 antwortet auf wolfbln
12.01.2023 12:54
Benutzer wolfbln schrieb:

Hallo. Ich habe da schon intern bei meinen Kontakten nachgefragt.
Die Netzbetreiber dürfen erst eine Tunnelversorgung bauen, wenn die Autobahn GmbH die Genehmigung erteilt und das läuft offenbar zu langsam.

Der Tunnel bei Garmisch wurde zur Verkehrsfreigabe versorgt. Liegt vielleicht daran, dass er in Bayern liegt oder keine Autobahn ist oder weshalb immer.
>
Das scheint ein generelles Problem zu sein. Ach ja, zurück nach Hirschhorn an die A44. Die Telekom baut demnächst eine Repeateranlage. Die anderen Betreiber müssen darauf warten.

Hier sollte man sich die Planungsabläufe anschauen und straffen.

Ja, sieht so aus, mal wieder die Genehmigungen. Tunnel Oberau war auch so halb Autobahn, aber es gibt ja unterschiedliche Abteilungen, vielleicht war es in Bayern wirklich schneller. Aber da muss der Bund schauen, ist ja bei Bahntunneln nicht viel anders. Wobei da ja die Tunnel an der SFS Ulm Wendlingen alles versorgt sind.
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[2.1.1.1] wolfbln antwortet auf br403
12.01.2023 16:25

2x geändert, zuletzt am 12.01.2023 16:28
Benutzer br403 schrieb:
Benutzer wolfbln schrieb:


>
Das scheint ein generelles Problem zu sein. Ach ja, zurück nach Hirschhorn an die A44. Die Telekom baut demnächst eine Repeateranlage. Die anderen Betreiber müssen darauf warten.



Henning Gajek hat mich freundlicherweise darauf hingewiesen, dass der Tunnel an der A44 Hirschhagen, nicht Hirschhorn wie in meiner Antwort oben geschrieben, betrifft. Da hatte ich wohl Hirschhornsalz im Kopf.

Da ich nicht wie er bei Teltarif arbeite, kann ich den Kommentar nicht mehr korrigieren, wenn jemand darauf geantwortet hat.

Dieser "Hirschhagener" Tunnel hier ist nicht versorgt, außer durch hr3 und FFH auf UKW:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tunnel_Hirschhagen
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[2.1.1.1.1] br403 antwortet auf wolfbln
12.01.2023 16:57
Benutzer wolfbln schrieb:

Henning Gajek hat mich freundlicherweise darauf hingewiesen, dass der Tunnel an der A44 Hirschhagen, nicht Hirschhorn wie in meiner Antwort oben geschrieben, betrifft. Da hatte ich wohl Hirschhornsalz im Kopf.

Horn, Hagen, alles das gleiche..;)