Thread
Menü

Ergo: Keine Daten mehr abgreifbar, Traffic außerhalb des eigenen Netzes?


12.01.2022 14:12 - Gestartet von franskeijer
Die Daten sind also nicht mehr für die Provider einsehbar und wenn man einen internen Dienst aufruft, kommen die Anfragen dann nicht mehr (billig) intern im eigenen Netz an, sondern (teuer) von extern?
Menü
[1] blumenwiese antwortet auf franskeijer
12.01.2022 20:43
Benutzer franskeijer schrieb:
Die Daten sind also nicht mehr für die Provider einsehbar und wenn man einen internen Dienst aufruft, kommen die Anfragen dann nicht mehr (billig) intern im eigenen Netz an, sondern (teuer) von extern?

Ich denke eher, der Hintergrund ist ein anderer. Insbesondere Mobilfunkbetreiber, aber nicht nur, betreiben Traffic Shaping. Dies ist notwendig, um in überlasteten Funkzellen etwas Ordnung zu schaffen.

So können in diesen Fällen Beispiel Video Streams in ihrer Bandbreite reduziert werden beziehungsweise die Pakete anderer als wichtigerer empfundener Dienste können priorisiert werden. Dazu muss man aber die Header der Pakete anständig auswerten können. Benutzt man nun ein VPN, und nichts weiter ist der Dienst von Apple ja, dann funktioniert das nicht mehr. Denn die einzelne Pakete tragen dann nur noch die Information, dass sie, vereinfacht ausgedrückt, zu einem VPN gehören, der Netzbetreiber kann hier also nicht mehr wichtige von weniger wichtigen Diensten unterscheiden und das Traffic Shipping funktioniert nicht mehr.

Ich denke dies ist der Hintergrund der Beschwerde der Netzanbieter. Allerdings müsste dann folgerichtig die Verwendung eines jeden VPN den Unmut der Netzbetreiber verursachen. Und das wird es wahrscheinlich auch. Und dann kommen wir an eine Stelle, wo man sich fragen muss was wichtiger ist. Ist eine sicherere, eine anonymere Kommunikation maßgebend oder aber das zum Teil ja berechtigte Interesse der Netzbetreiber zur Koordinierung des eigenen Traffics.
Menü
[1.1] gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 antwortet auf blumenwiese
13.01.2022 02:54
Nein, es gibt für den Netzbetreiber kein berechtiges Interesse, im Traffic seiner Kunden herumzupfuschen, vollkommen egal zu welchem Zweck. Wenn's dem Provider zuviel Traffic ist, muss er seine Preise anpassen, nicht den Traffic panschen.
Menü
[1.1.1] blumenwiese antwortet auf gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2
13.01.2022 05:25
Benutzer gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 schrieb:
Nein, es gibt für den Netzbetreiber kein berechtiges Interesse, im Traffic seiner Kunden herumzupfuschen, vollkommen egal zu welchem Zweck. Wenn's dem Provider zuviel Traffic ist, muss er seine Preise anpassen, nicht den Traffic panschen.

Ich habe hier nur die Hintergründe und mögliche Beweggründe genannt.

Ob man Traffic Shaping gut oder schlecht findet, muss jeder selbst für sich entscheiden.

Aber Traffic Shaping ist vollkommen normal. Man denke nur an VoIP, wo es auch ein QoS gibt, damit ein Telefonieren auch noch möglich ist, wenn es die neusten Katzenvideos bei YouTube gibt.

Dass hier ein Ausbau der Kapazitäten besser wäre, ist sicher richtig. Aber aus den verschiedensten Gründen ist dies nicht immer und nicht immer sofort möglich.
Menü
[1.1.1.1] gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 antwortet auf blumenwiese
13.01.2022 14:34
Es geht hier nicht um Trafficshaping, es geht um Netzneutralitätsverletzung.

Das Problem ist nicht das Shaping, sondern die Bevorzugung bestimmter Dienste durch den Netzbetreiber.

Wenn die Zelle in der Summe, sagen wir, 100 Mb/s übertragen kann, und es sind gerade 200 Kunden aktiv, die jeweils mit 10 Mb/s Daten empfangen wollen würden, dann ist es vollkommen in Ordnung, wenn alle Kunden auf jeweils 0,5 Mb/s geshaped werden. Was nicht in Ordnung ist, ist, wenn der Video-Stream von Benutzer A auf 2 Mb/s geshaped wird während der Linux-ISO-Download von Benutzer B auf 0,2 Mb/s geshaped wird, oder umgekehrt--und nur für diese Art von Bevorzugung ist ein tieferer Einblick in den Traffic erforderlich.

Ein Grenzbereich wäre ggf. sowas wie VoIP vs. Video-Download gleichzeitig beim selben Kunden. Aber auch hier wäre die korrekte Lösung, einen offenen Standard zu etablieren, der es dem Endgerät ermöglicht, ein etwaiges QoS im Netz zu steuern, nicht DPI durch den Provider. Allerdings frage ich mich auch, wie praktisch relevant das tatsächlich ist: Ist das tatsächlich ein übliches Szenario, und soweit es das ist, inwieweit können Provider da auch bisher überhaupt etwas tun? Ist ja nun auch nicht so, dass alle heute verwendeten Telefonie-/Konferenzlösungen unbedingt einfach per DPI zu erkennen sind.
Menü
[1.1.1.1.1] blumenwiese antwortet auf gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2
13.01.2022 14:53
Benutzer gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 schrieb:
Ein Grenzbereich wäre ggf. sowas wie VoIP vs. Video-Download gleichzeitig beim selben Kunden. Aber auch hier wäre die korrekte Lösung, einen offenen Standard zu etablieren, der es dem Endgerät ermöglicht, ein etwaiges QoS im Netz zu steuern, nicht DPI durch den Provider.

Vieles wäre wünschenswert und toll. Aber irgendwelche Wünsche und Hoffnungen, helfen uns heute nicht weiter. Also benutzen Netzbetreiber Traffic Shaping um die Funktion der Funkzelle aufrecht zu erhalten.

Ob man dabei einen generellen Ansatz anwendet oder aber dedizierte bestimmte Dienste oder Arten von Kommunikation drosselt oder bevorzugt, das ist Sache des Netzbetreiber. Er kennt sein Netz und er weiß, was wie und wann am besten funktioniert.

Und genau das funktioniert bei Verwendung eines VPN eben nicht mehr. Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden. Ich gehe bereits seit Jahren ausschließlich über einen VPN ins Internet. Das geht für sämtliche meine Geräte und sämtlichen Daten Verkehr. Zu mindestens in Ländern, in denen es keine Meinungsfreiheit gibt oder es zwar eine gibt diese aber stark eingeschränkt ist, halte ich VPN für absolut notwendig.

Ich beschreibe hier also lediglich, was ist Netzbetreiber tun und warum. Und die Hintergründe für ihren Protest, so wie ich sie sehe. D.h. nicht, sogar auf gar keinen Fall, dass ich mit der Forderung der Netzbetreiber, VPN zu verbieten, einverstanden bin.
Menü
[1.1.1.1.1.1] gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 antwortet auf blumenwiese
13.01.2022 15:29
Vieles wäre wünschenswert und toll. Aber irgendwelche Wünsche und Hoffnungen, helfen uns heute nicht weiter. Also benutzen Netzbetreiber Traffic Shaping um die Funktion der Funkzelle aufrecht zu erhalten.

Das ist hier aber, wie gesagt, eben vollkommen irrelevant, da es hier *NICHT* um Trafficshaping geht.

Was heisst es denn "die Funktion der Funkzelle aufrecht zu erhalten"?

Also, wörtlich genommen ist das natürlich sowieso Unsinn, denn die Funkzelle an sich hat ja überhaupt kein Funktionsproblem mit "Überlastung". Sind halt alle Zeitslots voll, das beeinträchtigt ja die Funkzelle nicht.

Beeinträchtigt ist ggf. die Funktionsfähigkeit bestimmter Anwendungen auf Endgeräten, die mit der unzureichenden Transportleistung nicht mehr funktionieren.

Das kann dann prinzipiell zwei Gründe haben: Ungerechte Verteilung vorhandener Resourcen oder einfach ein Mangel an Resourcen.

Die ungerechte Verteilung der Resourcen ist der Teil, gegen den man mit Traffic-Shaping etwas tun kann: Man kann eben alle Teilnehmer auf einen fairen Anteil der verfügbaren Resourcen beschränken, sodass andere Teilnehmer ebenfalls ihren fairen Anteil abkriegen. Aber dafür braucht man keinen Einblick in den Traffic. Ob es Videostreams oder VoIP ist oder einfach intransparente Pakete zu und von einem VPN-Endpunkt ist vollkommen irrelevant für das Shaping des Kunden auf einen fairen Anteil.

Gegen den Mangel an Resourcen dagegen kann man mit Traffic-Shaping nichts tun. Wenn die Bandbreite nicht mehr reicht, um ein VoIP-Telefonat zu führen, dann kann man das nicht durch Traffic-Shaping ändern. Bzw. wenn kann man das nur lokal ändern, indem man dann etwas anderes kaputt macht. Also, man kann natürlich das VoIP-Telefonat priorisieren und dafür den Video-Stream eines anderen Kunden kaputtmachen ... aber in der Summe über alle Teilnehmer der Funkzelle hat man damit ja nicht "die Funktion aufrecht erhalten", man hat lediglich eine Anwendung kaputtgemacht, um eine andere zu ermöglichen.

Und außerdem ist es natürlich auch ein irrelevanter Einwand, dass uns Wünsche und Hoffnungen nicht weiterhelfen. Es geht hier darum, wie Telcos ihre Wünsche nach Kontrolle über den Traffic ihrer Kunden rechtfertigen. Und diese Rechtfertigung ist nicht haltbar, weil es ja erstmal an den Telcos scheitert, netzwerkneutrales QoS zu implementieren, um ihr DPI überflüssig zu machen, und auch mit VPN-Traffic QoS machen zu können. Folglich ist es eine relevante Anmerkung, dass die Telcos Alternativen hätten zu der Forderung nach mehr Einblick in den Traffic ihrer Kunden, stattdessen aber auffällig immer nur fordern, möglichst viel Einblick zu haben.

Außerdem ergibt die Beschwerde der Telcos ja auch insofern schon keinen Sinn, als ja wenn überhaupt nur Kunden, die das VPN nutzen, unter dem Mangel an QoS leiden - andere Kunden werden dadurch ja nicht beeinträchtigt, solange der Provider netzneutral ist.

Ob man dabei einen generellen Ansatz anwendet oder aber dedizierte bestimmte Dienste oder Arten von Kommunikation drosselt oder bevorzugt, das ist Sache des Netzbetreiber. Er kennt sein Netz und er weiß, was wie und wann am besten funktioniert.

Das ist natürlich Unfug, weil es den offensichtlichen Interessenskonflikt des Netzbetreibers ignoriert, der Netzneutralität überhaupt erst zu einem politisch relevanten Thema macht. Wenn Netzbetreiber immer nur die optimale Versorgung ihrer Kunden zum Ziel hätten, dann wäre Netzneutralität auch ohne Regulierung schon gegeben.

Das ganze Problem ist, dass Netzbetreiber wirtschaftliche Eigeninteressen in die Priorisierungsentscheidungen einfließen lassen - was dann auch erklärt, weshalb sie penetrant möglichst viel Einblick wollen, statt die Implementation von netzwerkneutralem QoS voranzutreiben.
Menü
[1.1.1.1.1.1.1] blumenwiese antwortet auf gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2
13.01.2022 16:19
Wenn Funkzellen überlastet sind, indem durch die eingesetzten Geräte vorhandener Bandbreite aufgebraucht ist, muss der Netzbetreiber reagieren. Sonst wird es für alle langsamer.

Und du stellst das durchaus korrekt da. Man kann natürlich für alle die Bandbreite drosseln. Egal was sie tun. Dann ist das Katzen Video eben genauso wichtig wie VoiceOver IP oder andere Echtzeit Anwendungen. Das kann man machen.

Andererseits kann man eben auch wichtigere Anwendungen für die Allgemeinheit priorisieren. Dazu muss der Netzbetreiber natürlich eine Auswahl treffen. Und er muss entscheiden ob das Katzen Video in diesem Fall dann wichtiger ist als VoiceOver IP oder umgekehrt.

Da wie du vollkommen zu Recht schreibst, die Gesamtbandbreite grundsätzlich durch diese Maßnahmen nicht beeinflusst wird, kann es nur darum gehen, bestimmte Dienste zu bevorzugen in solchen Situationen. Und das tut der Netzbetreiber dann nicht, weil er böse ist. Das tut ihr auch nicht, weil er damit in dem Moment irgendwie mehr oder weniger Geld verdient. Das tut ihr, um die Kunden zufrieden zu stellen. Also wird er Annahmen darüber treffen beziehungsweise im Datenverkehr sehen, welche Anwendung momentan am häufigsten benutzt werden. Oder wird andere Kriterien anlegen müssen um zu entscheiden, welche Dienste temporär bevorzugt werden.

Und ein Netzbetreiber wird letztlich versuchen immer das zu tun, was ihm den größten Profit bringt. Und den größten Profit bringt ihn Kunden, die Verträge haben, dafür Geld bezahlen und die Verträge auch behalten. Und wenn Kunden unzufrieden sind mit den Leistungen ihres Netzanbieters, werden sie wechseln. Nicht umsonst haben Mobilfunk Anbieter mit die höchsten Wechselquoten.

Was ich damit sagen will: Blinde Netzneutralität hilft nicht weiter. Natürlich ist der Bandbreiten Ausbau oder überhaupt die Erhöhung der Ressourcen immer das beste Mittel gegen Engpässe. Aber eben so natürlich ist dies nicht immer und nicht überall und zu jeder Zeit möglich. Dann müssen andere Maßnahmen ergriffen werden. Und es ist vollkommen natürlich und auch im Sinne der Kunden, wenn dann der Netzanbieter die Dienste bevorzugt die am häufigsten nachgefragt werden beziehungsweise die bei den Kunden aus anderen Gründen am wichtigsten oder beliebtesten sind. Denn das garantiert zu diesen Zeiten dann die höchste Kundenzufriedenheit. Oder andersherum ausgedrückt die noch geringste Kundenunzufriedenheit.
Menü
[1.1.1.1.1.1.1.1] gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 antwortet auf blumenwiese
13.01.2022 17:14
Und das tut der Netzbetreiber dann nicht, weil er böse ist. Das tut ihr auch nicht, weil er damit in dem Moment irgendwie mehr oder weniger Geld verdient. Das tut ihr, um die Kunden zufrieden zu stellen.

Kannst Du diese Behauptung auch irgendwie belegen?

Und ein Netzbetreiber wird letztlich versuchen immer das zu tun, was ihm den größten Profit bringt. Und den größten Profit bringt ihn Kunden, die Verträge haben, dafür Geld bezahlen und die Verträge auch behalten. Und wenn Kunden unzufrieden sind mit den Leistungen ihres Netzanbieters, werden sie wechseln. Nicht umsonst haben Mobilfunk Anbieter mit die höchsten Wechselquoten.

Welche Belege müsste man Dir zeigen, um Dich vom Gegenteil zu überzeugen?

Also, das Problem, das ich mit dieser Argumentation habe, ist, dass sie nichts dazu aussagt, warum das ausgerechnet bei Mobilfunknetzbetreibern so sein sollte, und wenn man sie verallgemeinert, würde aus dieser Argumentation folgen, dass Unternehmen ausnahmslos immer ausschließlich im Interesse ihrer Kunden handeln und dass folglich Kundenverarschung nicht existiert ... was ja doch recht offensichtlich der Realität widerspricht!?

Außerdem widersprichst Du Dir irgendwie selbst? "Das tut ihr auch nicht, weil er damit in dem Moment irgendwie mehr oder weniger Geld verdient." und "Und ein Netzbetreiber wird letztlich versuchen immer das zu tun, was ihm den größten Profit bringt." passen irgendwie nicht zusammen!?

Was ich damit sagen will: Blinde Netzneutralität hilft nicht weiter.

Warum nicht?

Natürlich ist der Bandbreiten Ausbau oder überhaupt die Erhöhung der Ressourcen immer das beste Mittel gegen Engpässe. Aber eben so natürlich ist dies nicht immer und nicht überall und zu jeder Zeit möglich.

Warum nicht? Also, so Netz-Engpässe brechen ja meistens nicht überraschend über den Netzbetreiber herein, sondern sind das Resultat eines kontinuierlichen Wachstums über Jahre ... warum sollte es dann nicht "überall und zu jeder Zeit möglich" sein, solcher Überlastung durch Ausbau vorzubeugen?

Also, wenn sich spontan tausende Leute irgendwo draußen auf dem Land auf einem Acker versammeln, dann könnte ich das Argument nachvollziehen, klar. Aber das ist ja nicht die übliche Entstehungsgeschichte von Netzüberlastungen.

Dann müssen andere Maßnahmen ergriffen werden. Und es ist vollkommen natürlich und auch im Sinne der Kunden, wenn dann der Netzanbieter die Dienste bevorzugt die am häufigsten nachgefragt werden beziehungsweise die bei den Kunden aus anderen Gründen am wichtigsten oder beliebtesten sind.

Das verstehe nicht nicht. Warum soll es im Interesse der Kunden sein, wenn für Kunden, die weniger beliebte Software nutzen, eine systematisch mangelhafte Leistung erbracht wird? Also, das wäre doch die zwingende Implikation von "beliebte Dienste werden bevorzugt"!?

Denn das garantiert zu diesen Zeiten dann die höchste Kundenzufriedenheit. Oder andersherum ausgedrückt die noch geringste Kundenunzufriedenheit.

Also, ja, ich kann nachvollziehen, wie man zu dem Schluss kommen kann ... nur ist das doch kein Alleinstellungsmerkmal dieser Strategie und deshalb als Rechtfertigung nicht geeignet!?

Also, ich verstehe Dich hier so, dass Du sagst: Wenn die Nachfrage nach Bandbreite 10% über dem liegt, was das Netz/die Funkzelle hergibt, dann könnte man die beliebtesten Dienste bevorzugen, und wenn die ~ 90,9% der Nachfrage ausmachen, dann würden die mit dieser Priorisierung reibungsfrei funktionieren, darunter leiden würden dann die ~ 9,1% der Kunden, die weniger beliebte Dienste nutzen, für die das ganze eher katastrophal wäre - damit hätte man dann "nur" 9,1% (stark) unzufriedene Kunden statt 100% (mittelmäßig) unzufriedene Kunden, und hätte in diesem Sinne die Kundenzufriedenheit optimiert.

Habe ich Dich soweit richtig verstanden?

Falls ja, ist aber der große Haken daran doch, dass das gleiche Ziel mit jeder beliebigen Strategie erreichbar wäre, die 9,1% der Kunden "opfert", um für den Rest eine reibungslose Nutzung zu ermöglichen. Man könnte alle Kunden drosseln, deren Vorname mit einem I beginnt. Oder alle über 60 Jahren. Oder alle, die an einer Primzahl-Hausnummer wohnen. Oder einfach auswürfeln.

Und deshalb ist das eine untaugliche Rechtfertigung für die Bevorzugung bestimmter Dienste. Warum sollte ausgerechnet die Tatsache, dass ich einen unbeliebten Dienst nutze, ein Grund sein, bei mir die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung einzuschränken?

Zumal diese Lösung, wenn man sie zuende denkt, ja auch überhaupt keine Lösung ist: Wenn überhaupt, schafft eine solche Bevorzugung ja den Anreiz für alle Kunden, die bisher weniger beliebte Dienste nutzen, ebenfalls den beliebtesten Dienst zu nutzen. Mit der Folge, dass nun aller Traffic bei diesem beliebtesten Dienst aufläuft, die Nachfrage nach Bandbreite also wieder 10% über der Leistungsfähigkeit der Funkzelle ist und man ein neues Kriterium finden muss, nach dem man die vertraglichen Verpflichtungen bei 9,1% der Kunden nicht erfüllt.
Menü
[1.1.1.1.1.1.1.1.1] blumenwiese antwortet auf gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2
13.01.2022 18:17
Benutzer gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 schrieb:
Also, das Problem, das ich mit dieser Argumentation habe, ist, dass sie nichts dazu aussagt, warum das ausgerechnet bei Mobilfunknetzbetreibern so sein sollte, und wenn man sie verallgemeinert, würde aus dieser Argumentation folgen, dass Unternehmen ausnahmslos immer ausschließlich im Interesse ihrer Kunden handeln und dass folglich Kundenverarschung nicht existiert ... was ja doch recht offensichtlich der Realität widerspricht!?

Die Schlussfolgerung ist halt falsch. Natürlich gibt es Abzocker und Betrüger. Keine Frage. Aber solche Unternehmen bleiben nicht lange am Markt, weil sich das rumspricht und die Leute zu anderen Anbietern wechseln. Und wie gesagt ist die Wechselbereitschaft gerade im Mobilfunk sehr hoch.

Warum nicht? Also, so Netz-Engpässe brechen ja meistens nicht überraschend über den Netzbetreiber herein, sondern sind das Resultat eines kontinuierlichen Wachstums über Jahre ... warum sollte es dann nicht "überall und zu jeder Zeit möglich" sein, solcher Überlastung durch Ausbau vorzubeugen?

Weil vielleicht plötzlich bei Veranstaltungen oder aus anderen Gründen kann es selbstverständlich Engpässe in Funkzellen geben.

Das verstehe nicht nicht. Warum soll es im Interesse der Kunden sein, wenn für Kunden, die weniger beliebte Software nutzen, eine systematisch mangelhafte Leistung erbracht wird? Also, das wäre doch die zwingende Implikation von "beliebte Dienste werden bevorzugt"!?

Angebot und Nachfrage. Wenn 90 % Anwendung X nutzen und 10 % Anwendung Y, dann wird man wohl eher Anwendung X priorisieren, damit dadurch die meisten Kunden eine halbwegs erträgliche Verbindung haben können.

Falls ja, ist aber der große Haken daran doch, dass das gleiche Ziel mit jeder beliebigen Strategie erreichbar wäre, die 9,1% der Kunden "opfert", um für den Rest eine reibungslose Nutzung zu ermöglichen.

Das wäre nur bei einer gleichmäßigen Verteilung der Ressourcenauslastung der Fall.
Menü
[1.1.1.1.1.1.1.1.1.1] gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 antwortet auf blumenwiese
13.01.2022 19:43
Die Schlussfolgerung ist halt falsch. Natürlich gibt es Abzocker und Betrüger. Keine Frage. Aber solche Unternehmen bleiben nicht lange am Markt, weil sich das rumspricht und die Leute zu anderen Anbietern wechseln. Und wie gesagt ist die Wechselbereitschaft gerade im Mobilfunk sehr hoch.

Welche Belege müsste man Dir zeigen, um Dich vom Gegenteil zu überzeugen? Also, was würdest Du als Nachweis dafür akzeptieren, dass es Unternehmen gibt, die ihre Kunden trotz großer Wechselbereitschaft über viele Jahre oder gar Jahrzehnte ver-arschen?

Weil vielleicht plötzlich bei Veranstaltungen oder aus anderen Gründen kann es selbstverständlich Engpässe in Funkzellen geben.

Zum einen ist das halt nicht, worüber wir hier reden, zum anderen stimmt es offensichtlich auch schlicht nicht: Veranstaltungen finden fast nie vollkommen überraschend an vollkommen überraschenden Orten statt. Veranstaltungen finden sehr vorhersagbar an dafür vorgesehenen Veranstaltungsorten statt, und die dort erforderliche Kapazität ist für keinen Netzbetreiber keine große Überraschung, sondern lange im Voraus planbar.

Nur, weil die Last an manchen Orten stark schwankt, heisst das nicht, dass sie irgendwie überraschend wäre.

Und niemand redet davon, dass in tatsächlichen Überraschungssituationen, wie sagen wir weggeschwemmten Basisstationen im Ahrtal, der Netzbetreiber eine Verantwortung für die Überlastung trifft. Das sind die absoluten Ausnahmefälle, und nicht das, worum es bei der Kritik an Mobilfunkbetreibern wegen überlasteter Netze geht.

Angebot und Nachfrage. Wenn 90 % Anwendung X nutzen und 10 % Anwendung Y, dann wird man wohl eher Anwendung X priorisieren, damit dadurch die meisten Kunden eine halbwegs erträgliche Verbindung haben können.

Ich gewinne den Eindruck, dass Du meine Erklärungen überhaupt nicht liest. Ich habe lang und breit erklärt, dass es zig alternative Strategien gäbe, genau das gleiche zu erreichen ... und die Frage war, warum ausgerechnet *DIESE* Strategie nun die richtige ist und nicht eine der unzähligen anderen - und darauf ist das schlicht überhaupt keine Antwort.

Falls ja, ist aber der große Haken daran doch, dass das gleiche Ziel mit jeder beliebigen Strategie erreichbar wäre, die 9,1% der Kunden "opfert", um für den Rest eine reibungslose Nutzung zu ermöglichen.

Das wäre nur bei einer gleichmäßigen Verteilung der Ressourcenauslastung der Fall.

Ja, na meinetwegen, dann schränken wir es halt auf Strategien ein, die ohne Bias in der Resourcenauslastung Kunden "opfert"? Kunden mit einem Vornamen, der mit 'I' beginnt, dürften vermutlich nicht überproportional viel oder unterproportional wenig Traffic verursachen ... warum also sollte der Provider nicht einfach alle Kunden ausbremsen, deren Vorname mit 'I' beginnt? (Mal unter der Annahme, dass das die entsprechenden 9,1% wären - ggf. wären halt durch Auswahl eines anderen Buchstabens oder Hinzunahme weiterer Buchstaben oder was auch immer die 9,1% einzustellen). Oder halt durch Auswürfeln? Es gibt doch unendlich Möglichkeiten, Kunden so auszuwählen, dass die Auswahl in Hinblick auf Trafficaufkommen statistisch repräsentativ ist, und diese dann auszubremsen, um die Service-Qualität für den Rest der Kunden zu erhöhen. Eine davon wäre, Kunden danach auszuwählen, dass sie unbeliebte Software benutzen. Warum sollte nun ausgerechnet diese Option gewählt werden und nicht eine der zahllosen anderen?
Menü
[1.1.2] grafkrolock antwortet auf gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2
13.01.2022 09:56
Benutzer gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 schrieb:
Nein, es gibt für den Netzbetreiber kein berechtiges Interesse, im Traffic seiner Kunden herumzupfuschen, vollkommen egal zu welchem Zweck. Wenn's dem Provider zuviel Traffic ist, muss er seine Preise anpassen, nicht den Traffic panschen.
Es geht nicht um Änderungen IM Traffic, sondern, wo der lang läuft. Dabei juckt es auch nicht, in welcher Funkzelle man sich befindet, sondern man will den Datenstrom am längsten im eigenen Netz halten, also im Backbone. Dabei ist es wichtig zu wissen, ob der Zielserver in Deutschland, in den USA oder sonst wo steht und vor allem auch: in welchem Netz.
Derlei verschleierte Laufwege erhöhen nur unnötig die Kosten. Bezahlen tut das natürlich nicht der Provider, sondern letztlich der Kunde. Der wiederum hat keinen Minderwert, wenn der Provider sein Ziel kennt, denn der Dateninhalt ist sowieso verschlüsselt. Es geht alleine um den Serverstandort.
Menü
[1.1.2.1] helmut-wk antwortet auf grafkrolock
13.01.2022 10:19
Benutzer grafkrolock schrieb:
Benutzer gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 schrieb: Es geht nicht um Änderungen IM Traffic, sondern, wo der lang läuft.

Jein. Solange "zusätzlicher" Traffic immer dahin gelenkt wird, wo gerade am meistern Platz ist (also der Traffic so gleichmäßig wie möglich über die vorhandenen Kapazitäten verteilt wird), stimmt diese Aussage. Aber wenn wichtiger Traffic auf Leitungen erfolgt, wo alles sofort weitergeleitet werden kann, und unwichtiger dahin, wo wg. Verstopfung ein Paket schon mal etwas länger auf einer Zwischenstation lagert, ist das für meine Begriffe schon eine Veränderung *im* Traffic. Genauso auch dann, wenn zwei Pakete zwar den gleichen Weg nehmen, aber das eine Paket das andere Überholen kann.

Dabei juckt es auch nicht, in welcher Funkzelle man sich befindet, sondern man will den Datenstrom am längsten im eigenen Netz halten, also im Backbone.

Das ist ein anderer Aspekt, der natürlich auch zum Traffic Shaping gehört. Allerdings: Bei einem VPN ist der Zielserver das andere Ende des VPN-Kanals (also der Ort, wo die Daten wieder entschlüsselt werden). Aus Sicht des Netzbetreibers ist da kein prinzipieller Unterschied zu anderem Traffic - nur kann eben schlechter bewertet werden, ob das Paket nun auf die "Datenautobahn" bzw. "Überholspur" kommen soll oder weniger stark priorisiert wird.

Bezahlen tut das natürlich nicht der Provider, sondern letztlich der Kunde.

Bis auf Weiteres wohl erst mal mit den Gebühren für das VPN von Apple etc. ...
Menü
[1.1.2.2] gs33Z5JOQRCtwMfPGcp2 antwortet auf grafkrolock
13.01.2022 14:19

einmal geändert am 13.01.2022 14:21
Ein Telco will die Daten natürlich nicht wirklich möglichst lange im eigenen Netz halten, denn im eigenen Netz muss man ja für zusätzliches Datenvolumen zusätzliche Infrastruktur bauen. Wenn man die Daten möglichst schnell an einem Peering-Punkt an das Zielnetz abkippt, kann man sich eigenen Infrastrukturausbau sparen.

Genauer muss man dabei Peering- und Transit-Traffic auseinanderhalten:

Ein kleiner lokaler ISP hat möglicherweise kein weit ausgedehntes Netz und kauft daher seinen Traffic zu und von allem das außerhalb seines eigenen kleinen Netzes liegt von einem Upstream-Provider ein. In solch einem Fall ist es natürlich für den ISP von Interesse, Traffic über die Außenanbindung zu vermeiden, weil er den bezahlen muss--das nennt man auch Transit-Traffic, weil der Großteil des Traffics über die Anbindung des Upstream-Providers ja nich von oder an Endpunkte(n) im Netz des Upstream-Provider ist, sondern der Upstream-Provider die Daten nur zwischen dem lokal-ISP und den etwaigen anderen Netzbetreibern auf dem Planeten vermittelt.

Zwischen großen Netzbetreibern gelten aber tendentiell andere Regeln: Man schaltet sich an sog. Peering-Punkten zusammen und kippt dort Traffic für den jeweils anderen ab, jede Seite bezahlt ihre Anbindung an den Peering-Punkt, aber zwischen den Parteien fließt kein Geld.

Potentiell kann auch beides gemischt auftreten. Z.B. kann ein ISP an einem Peering-Punkt einem Peering-Partner auch Traffic reinkippen, der nicht direkt für diesen Peering-Partner bestimmt ist, und den dieser dann als Dienstleistung zum Zielnetz befördert--das wäre dann ebenfalls Transit-Traffic, für den der ISP bezahlen würde.

Es stellt sich also die Frage: Erhöht das Apple-VPN die Menge an Transit-Traffic, für den die Telekom bezahlen müsste?

Ich würde sagen: Nein, wenn überhaupt eher im Gegenteil.

Die VPN-Endpunkte von Apple sind natürlich überall auf dem Planeten verteilt, zum einen, weil das einfach ökonomisch sinnvoller ist, zum anderen, weil sonst die erhöhte Latenz dem Benutzer unangenehm auffallen würde. Es werden also wohl mindestens in Frankfurt, nah am DECIX, VPN-Endpunkte von Apple zu finden sein. Das heisst, dass etwaiger Traffic, der von einem Telekom-Kunden über das Apple-VPN gesendet wird, von der Telekom nie weiter als bis Frankfurt transportiert werden muss, und, da Apple die Endpunkte ja wohl bei großen CDN-Betreiberm hostet, diesen dort über offenes Peering ohne Zusatzkosten abkippen kann--und das unabhängig davon, wohin der getunntelte Traffic am Ende geht!

Folglich also: Sendet der Kunde ein Paket an, sagen wir, ein indisches Zielnetz, dann müsste die Telekom ohne Apple-VPN dieses entweder gegen Entgelt durch einen Transitprovider transportieren lassen, oder die Telekom muss eigene Infrastruktur nutzen, um das Paket nach Indien zu transportieren. Mit Apple-VPN kann die Telekom das getunntelte Paket einfach in Frankfurt im offenen Peering abkippen und effektiv bezahlt dann Apple für die Transit-Leistung nach Indien.

Was die Transportkosten angeht, sollte die Telekom froh sein, wenn alle Kunden allen ihren Traffic über VPN-Endpunkte innerhalb Deutschlands leiten, denn dann könnte die Telekom ihre internationale Infrastruktur zurückbauen und damit erheblich Geld sparen.

Wenn überhaupt wird andersrum ein Schuh draus: Ibs. die Telekom fällt damit auf, dass sie unüblich restriktives Peering betreibt. Soll heißen: Wenn ich als Netzbetreiber Pakete habe, die an Telekom-Kunden adressiert sind, und ich bin am DECIX vertreten, wo auch die Telekom vetreten ist (wie praktisch alle deutschen Netzbetreiber), dann erwartet die Telekom, dass ich sie dafür bezahle, dass sie die Pakete an ihre Kunden zustellt ... die ihrerseits die Telekom ja eigentlich schon dafür bezahlen, genau dies zu tun. Bzw. üblicherweise will die Telekom den Traffic dort einfach gar nicht entgegennehmen, sondern will stattdessen privates Peering irgendwo in der Pampa machen, wo nur die Telekom Leitungen hat, sodass man faktisch eine Leitung von der Telekom mieten müsste, um dann "kostenfrei" Peering machen zu können--die Peering-Anbindungen an großen Exchanges dagegen werden künstlich klein gehalten, um andere ISPs dazu zu zwingen, privates Peering zu "kaufen".

Und dieses Verhalten könnte ihnen natürlich auf die Füße fallen, wenn mit einem Mal der große VPN-Traffic sie dazu zwingen würde, ihr Peering marktüblich auszubauen, um eine andauernde Verstopfung zu verhindern, und dadurch dann der Druck für andere Netzbetreiber schwinden würde, mit ihnen private Peering zu unsäglichen Konditionen zu machen.
Menü
[2] kalleswelt antwortet auf franskeijer
13.01.2022 06:50
Man kann nur erahnen wie viele Millarden Nutzerprofile (wer ruft wen an, an welchem Standort, usw.) auf dem Markt bringen.

Dazu halt noch die NS Auswertung, wer hat was wo aufgerufen, diese fällt nun weg. Die Zahlen kann man nicht mal mehr schreiben, so viel bringen die.

PS: Nun kann Apple mit den Daten Geld Extramilliarden verdienen ;-)
Menü
[2.1] helmut-wk antwortet auf kalleswelt
13.01.2022 10:04
Benutzer kalleswelt schrieb:
Man kann nur erahnen wie viele Millarden Nutzerprofile (wer ruft wen an, an welchem Standort, usw.) auf dem Markt bringen.

Sicherheitsbehörden dürften solche Profile ohne Bezahlung abgreifen (mit entsprechender gesetzlicher Grundlage natürlich, in manchen Ländern allerdings auch ohne das). - Das kommentiere ich bewusst nicht.