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Entweder werde ich alt, oder Teltarif weiß nicht mehr, worüber sie schreiben...


02.11.2017 08:02 - Gestartet von DL7FOS
Ich bin Funkamateur, nicht mein ganzes Leben, aber eine lange Zeit. Das bin ich auch geworden, weil mich unter Anderem auch das Medium Radio und die technisch möglichen und vor Allem beliebten Überreichweiten diese Fangemeinschaft ausgezeichnet haben. In Marburg konnte ich mit einer Wurfantenne und einem überempfindlichen Tuner von Marantz mit entsprechendem Schmalbandfilter die Heimatsender des NDR problemlos empfangen. Natürlich nicht rauschfrei, aber die analogen Einschränkungen sind gequetschten Digital-Streams überlegen. AN meinem jetzigen Standort hören wir WDR 2, weil man in Hessen nicht im Stande ist, einen Sender zwischen albernem Laberfunk und Intellektuellenfunk auf die Beine zu stellen. FFH und hr3 eifern sich stets nach, hr1 ist zum einschlafen, FFH nicht mein Stil.

Nun berichtet Teltarif über den fehlenden Overspill und tut so, als sei das Problem erst heute entdeckt worden. Auch ich kommentiere seit Langem genau über dieses Problem und eine Erklärung dafür zu suchen, schlägt in die Kerbe des DAB+-Marketings. Damit zu leben, anstatt es als Nachteil der neuen Medien zu proklamieren, erscheint mir logisch. Obgleich das Phänomen 60 Jahre und länger dem intensiven Radiohörer mehr Freude als Störungen brachte. Das Problem beim Radio ist ja nicht, dass UKW ein schlechtes Medium sei, sondern dass sich in Deutschland seit Jahrzehnten profitorientierte Marketingstrategen Gedanken darüber machen, wie sie ihre Werbefläche möglichst noch mehr Kunden zur Verfügung stellen und stopfen damit die Bänder zu. Und weil Radio nicht so beliebt ist wie Fernsehen, können sie nicht, wie RTL und Co. dafür Gebühren nehmen. Kürzlich hat mich ein junger Mensch nach den Vorteilen von DAB+ gefragt und ich erklärte ihm das System mit der Senderaufteilung. Er kommentierte: "Was, und ich dachte, man kann von Nord nach Süd den regionalen Lieblingssender unterbrechungsfrei auf der Autobahn hören", das wäre nämlich auch für mich der schlagende Vorteil von DAB+ gewesen. Die überregionale Verbreitung betrifft aber zumeist nur Privatsender, keine Servicewellen. Und beim Italienurlaub früher war der NDR auch noch bis weit hinter Kassel zu hören. Dabei möchte ich jetzt nicht noch das Fass aufmachen, warum regionale Sendeanstaltungen fünf und mehr RAdioprogramme überhaupt betreiben müssen, die sich zum Teil sogar noch ähneln.

Bevor es DAB+ überhaupt massentauglich gab, war das Internet-radio längst präsent. Und auch heute wäre DAB+ für mich im heimischen Umfeld überhaupt keine Alternative und das Drosseln von Sendern über die Landesgrenze ohnehin obsolet. Mit einem Echo Dot hat man beispielsweise ein günstiges Radio, mit dem ich überall alles hören kann. Wer braucht da ein rückschrittliches und begrenztes, terrestrisches Radioverfahren, das auf dem Lande auch nicht störungsfrei funktioniert?

Im Ergebnis war der Overspill für mich überhaupt ein Argument für den Radioempfang. Zumindest in meiner Situation, im Landesinneren und Großstädten vermutlich ein zu vernachlässigendes Feature. Nun aber bleibt das Internet-Radio die einzige Alternative und ich habe schon jetzt geplant, meine letzten Analogradios durch smarte Lautsprecher zu ersetzen. Nur dumm ist, dass an mein Sangean WR-1 klanglich kaum etwas ran kommen kann. Ich denke übrigens auch, dass die DAB+-Befürworter, von denen es viele im Netz gibt, ganz andere Radiohörer sind, als die ursprünglichen. Da kann man natürlich schnell der Weisheit unterliegen, dass alles Analoge Prinzip bedingt schlecht sei.

Am Schluss noch eine kleine Gschichte aus dem Leben. Kürzlich gab es in unserer Region einen flächendeckenden Stromausfall für knapp zwei Stunden. Von jetzt auf gleich war der Strom weg, auch die Basisstationen der Mobilnetze waren stromlos. Telefonieren war somit weder über das Internet, noch über das Mobilfunknetz möglich. Das einzig vorhandene Amateurfunkgerät mit UKW-Empfänger war die einzige Möglichkeit, eventuell eine Information zu bekommen. DAB+-Basen wären vermutlich zu nah gewesen, so dass sie auch vom Stromausfall hätten betroffen sein können. Und das sind Momente, in denen man sich auch in der luxusverwöhnten ersten Welt in einer kriegsfreien und katastrophenarmen Lage mal überlegt, was im Zweifel passieren kann. Übrigens sendete auch Katwarn die Meldung erst nach wiederkehrendem Strom. Darüber würde ich bei aller Digitaleuphorie einfach mal nachdenken.