Benutzer Leiter Kundenverarsche³ schrieb:
Ich habe gerade im anderen Beitrag ausgeführt, warum das aus meiner Sicht so richtig ist.
Ich kann dem nicht so ganz folgen, weil Du die Trennung eher aus "administrativen" Gründen forderst (Legitimationskette), ich die Trennung eher nicht sehe auf Grund der inhaltlichen Qualität der Arbeit. Denn Du schreibst:
"Journalismus ist eine ernsthafte und verantwortungsvolle Tätigkeit. Selbstherrlichkeit hat da überhaupt nichts zu suchen. Bereits in den etablierten Medien kennt die Selbstherrlichkeit der Artikelschreiber kaum noch Grenzen."
Na eben! Denn gerade bei Journalisten in ihrer Berliner Käseglocke beim Kuscheln mit den Großkopferten, ist diese Gefahr weitaus größer als bei Bloggern, deren weitaus geringere Reichweite solchen "Abdrehungen" eher nicht förderlich ist. Man muss nicht erst auf Lanz und Jörges verweisen, um zu zeigen, WIE selbstherrlich und abgedreht "richtige" Journalisten inzwischen sind. Bei der allwöchentlichen Selbstbeweihräucherung Sonntags im Presseclub sitzen auch oft Typen, über deren (Hintergrund-)wissen und Wortwahl man eigentlich nur den Kopf schütteln kann. Aber da ich kein "richtiger" Journalist bin, darf ich das vermutlich nicht einschätzen.
In den etablierten Medien gibt es immerhin ein paar Sicherungen gegen solche Exzesse.
Nun, dann scheinen die aber nicht so recht zu funktionieren.
"Doch Bloggen ist KEIN Journalismus im herkömmlichen Sinne. Auch nicht, wenn es ein Journalist ist, der da bloggt."
Dem ist nun erst recht nicht zu folgen. Denn hier wird nun überdeutlich, dass Du Journalismus nicht als Tätigkeit inhaltlich verstehst, sondern rein statusmäßig. Worin unterscheidet sich denn der Blog eines Journalisten, wenn er diesen mit gleichem Rechercheaufwand (pro Beitrag - es dürfen ja ruhig weniger sein) und genauso seriös betreibt, wie er es (hoffentlich) in der Redaktion auch tut, von der Tätigkeit an seinem Arbeitsplatz?
Das eine paar macht ihn zum Fachjournalisten und das andere zum privaten Blogger, der das - i . d. R. zu seinem reinen Privatvergnügen macht.
Ja natürlich, aber mit Journalismus verbindet man eher Inhalt und Seriösität. Niemand denkt dabei an den Gehaltszettel, der einen Journalisten einer Redaktion zugehörig ausweist. Nur weil jemand - sei er Journalist oder nicht - bloggt, verschwindet doch in dem Moment nicht sein Fachwissen aus den Blog-Beiträgen.
Also: Journalismus kann es durchaus auf Blogs gegeben. Die Leute arbeiten halt nur ohne Auftrag und werden i.d.R. nicht dafür bezahlt. Dass es Spinner und Selbstdarsteller als Blogbetreiber gibt, nimmt davon nichts weg (denn Du schreibst selbst, dass es die in den Redaktionsstuben auch gibt). DAS kann also nicht das Unterscheidungsmerkmal sein. Dann bleibt nur noch der Gehaltszettel und der Presseausweis. Das wären für mich aber keine ausreichenden Kriterien, um nur dort Journalismus zu verorten. Im Gegenteil: UNABHÄNGIGKEIT halte ich für viel wichtiger. Und da sind die Blogger weitaus im Vorteil.
Ein Journalist kann den besten und sauber recherchierten Artikel in die Tonne kloppen, wenn er dem Chefredakteuer nicht gefällt, weil dieser meint, damit Anzeigenkunden zu vergrätzen, oder weil er nicht in den Kontext seines "unahängigen" Blattes passt.
Und außerdem braucht mir keiner erzählen, dass Blogger per se keine > "Hofberichterstattung" machen.
"Per se" habe ich nicht geschrieben. Und dass ich keinen Blog mit solcher Berichterstattung kenne, muss auch nichts bedeuten. Mir fällt aber partout kein Grund ein, warum ein Blogger das tun sollte, außer er gehört zum "Jungkader" einer Hofpartei.
Die Bloggerfreiheiten geben doch noch viel mehr Möglichkeiten hierzu an die Hand, als ein redaktionell eingebetteter Journalist hat. Es gibt zahlreiche solcher redundanter Fanboyblogs. In Toto viel mehr als es wirklich interessante, investigative Blogs gibt.
Auch richtig, aber widerspricht das der Tatsache, dass man in "guten" Blogs journalistische Qualität findet, wie sie oft genug in den "Qualitäts"-medien vermisst wird?
Ja. Da stimme ich dir auch zu. Nur bestätigt die - nach meiner Wahrnehmung - (rühmliche) Ausnahme eben nicht die Regel. Die Gratlinie zwischen "Investigativ-" und "Verschwörungsblog" ist teilweise recht dünn. Warum sollte man einem einzelnen Blogger vertrauen, wenn einen schon die Mainstreammedien oft genug hinters Licht führen wollen?
Hihi. Mit Hinsicht auf all das eben Geschriebene:
Vielleicht GENAU DESWEGEN? ;-)
Die notwendige Hintergrundrecherche - gerade zu Personen - ist mit einer starken Redaktion im Rücken besser zu bewerkstelligen.
Das ist ja gerade mein Stoßseufzer, dass genau DAS in den letzten Jahren immer mehr der schnellen Schlagzeile geopfert wurde. Und wieder wird der vermeintliche Nachteil zum Vorteil des Bloggers: Dem sitzt kein Redakteur mit dem Fertigstellungstermin des Beitrags im Nacken, was schon allein aus Zeitgründen ordentlicher Recherche im Wege steht. Genau DESWEGEN macht es heutzutage wenig Unterschied, welches Blatt man aufschlägt. Man findet überall die gleichen abgeschriebenen Agenturmeldungen - inklusive Rechtschreibfehlern und hinzugedichteten Vornamen.