Thread
Menü

Das Problem ist zweierlei...


16.04.2012 02:19 - Gestartet von GrößterNehmer
...aber eigentlich auch nicht. Eigentlich ist es dreierlei, oder vielleicht hat es auch nur eine Ursache. Je nachdem, wie man es betrachtet.

Das Urheberrecht ist ein Flickenteppich aus analoger Zeit garniert mit Flicken fürs digitale Zeitalter. Letzteres (diese ominösen Bits, die überall rumfliegen) bringt mit sich, dass eine Kopie von etwas völlig identisch mit dem Kopierten ist. Ich kann etwas eine Million mal kopieren und habe immer noch die gleiche Qualität. Und noch viel schlimmer: von den Kopien kann man wieder Kopien mit derselben Qualität erzeugen. Das wäre ja noch nicht so schlimm. CDs waren auch digital, wurden auf Schulhöfen, unter Kollegen oder Freunden getauscht und kopiert. Die Musikindustrie hat gestöhnt, weil sie ja dadurch so hohe Verluste erlitten, aber es ging halt, weil man eine CD ja nur kopieren konnte, wenn man jemanden kannte, der die hatte. Sonst musste man sie kaufen oder eben drauf verzichten. Seit Neuestem gibt es jetzt aber dieses Interweb. Plötzlich hat man immer einen Freund, der die CD hat, die man gerade haben möchte, denn im Interweb sind alle befreundet.

Früher hat man im Geschäft eine Ware gekauft, also z.B. eine Cassette mit Musik. Damit konnte man machen, was man wollte, man hatte sie ja schliesslich gekauft. Also im Wohnzimmer oder in der Küche oder im Auto hören, sie einem Freund für eine Party ausleihen, der Herzallerliebsten eine Kopie ziehen oder sie unter das zu kurze Tischbein legen. Auch verschenken oder verkaufen soll tatsächlich möglich gewesen sein (echt, man durfte das Eigentumsrecht an eine andere Person abtreten!) Das Schöne an der Sache mit der Kopie für die Herzallerliebste war, dass ihre Cassette schlechter klang, als die eigene. Und sollte sie nun ihren Freundinnen davon nochmals eine Kopie geben, klangen die noch schlechter. Irgendwann war dann Schluss mit dem Weiterkopieren, weil es einfach nur noch Sch****e klang. Das Beste war aber, dass sich das Problem mit dem Kopieren irgendwann von selbst löste, denn diese Cassetten nutzen sich mit der Zeit ab.

Also Alles in Allem kein großes Problem mit dem Kopieren von Werken. Damit die Rechteinhaber sich trotzdem nicht betrogen fühlten, haben sie noch ein bisschen Geld für jedes verkaufte Gerät gekriegt, mit dem man Werke vervielfältigen kann. Ist ja auch ok soweit. Solange die Kopie "schlechter" ist als das Original, kann man sich mit dem System arrangieren. Jetzt ist es aber seit Neuestem möglich Kopien anzufertigen, die exakt dem Original gleichen. Das ist erst mal gut für den Kopierenden und nicht so gut für den Rechteinhaber. Die haben sich dann eine Möglichkeit überlegt, wie man das Kopieren einschränken kann.

Damit kommen wir zum Flickenteppich: ich darf ein Werk für die private Nutzung kopieren. Dabei darf ich aber nicht einen möglicherweise vorhandenen Kopierschutz umgehen. Wenn nun alle (digitalen) Werke einen Kopierschutz haben, darf ich sie kopieren aber eben auch nicht. Also darf ich nichts mehr kopieren. Aber gerade weil ich ja kopieren darf, kriegen die Verwertungsgesellschaften ja Geld vom Verkauf von Geräten mit denen das Kopieren technisch möglich wäre. Ich zahle also beim Kauf eines Computers mit CD/DVD-Brenner und jedem Rohling Geld an die Verwertungsgesellschaften dafür, dass ich Musik und Filme technisch kopieren könnte, aber es nicht darf, weil sie einen Kopierschutz haben. Die verdienen also mit jeder Scheibe, die ich mit Urlaubsfotos oder einer Datensicherung beschreibe Geld. Ich beschere der VG Wort mit Kauf von Scanner und Drucker Geld, da ich damit ja ganze Universitätsbibliotheken kopieren könnte. Macht zwar keine, aber gut. Hier muss dringend mal eine klare Linie rein!

Klar ist: wenn jemand etwas produziert (Musik, Filme, Texte, Bilder,...) dann gehört ihm dies und er muss davor geschützt werden, dass andere ihm dies weg nehmen. Wenn dies nicht so ist, wird kaum jemand noch was produzieren. Andererseits müssen die Rechteinhaber aber auch verstehen, dass sie ihre Werke nicht zu Geld machen können, wenn sie durch Kopierschütze so arg eingeschränkt sind, dass man sie nicht mehr vernünftig nutzen kann. Ich habe CDs und DVDs im Schrank, die ich nicht mehr nutzen kann, weil ich dafür keine Player mehr habe. Und auf mein Media-Center darf ich sie nicht kopieren, weil sie einen Kopierschutz haben. Meine vor Jahren gekauften Musik-Downloads kann ich nicht mehr hören, da ich keine Musik gekauft habe, sondern das Nutzungsrecht diese Musik im Windows Media Player anzuhören. Ohne einen Windows-PC nützt mir das jetzt nicht mehr viel.

Ich will aber nicht zu sehr auf der Musikindustrie rumhacken, denn die habens endlich verstanden und sind (meiner Meinung nach maßgeblich durch Wirken von Steve Jobs [RIP]) auf dem richtigen Weg. Seit dem Musik ohne Kopierschutz verkauft wird, habe ich sehr viel mehr Musik gekauft als zuvor. Das meiste kaufe ich im iTunes Store, manchmal aber auch bei MediaMarkt oder Saturn (gleicher Laden), wenn es da günstiger ist. Und warum? Weil ich weiss, dass ich diese Lieder auf allen meinen Geräten abspielen kann und immer abspielen können werde. Wahrscheinlich werde ich "Bück dich hoch" von Deichkind in 20 Jahren nicht in meinem fliegenden Auto hören, aber ich könnte es zumindest. Seit dem man Musik kopierschutzfrei kaufen kann, habe ich nicht einen einzigen Titel irgendwo aus dubiosen Quellen aus dem Internet geladen oder über Youtube- oder MyVideo-Konvertierungstools runtergeladen. Trotzdem ist mein iTunes voll mit aktueller Musik. Gerne kaufe ich auch für meine Schwester oder Freunde Musik, weil ich weiss, ich kann sie ihnen auf einem Stick oder einer gebrannten CD geben, ohne dass es irgendwelche Lizenzprobleme gibt.

Aber Kai hat schon Recht. Der Streit ist nicht einfach zu lösen. Alle Lieder, die ich gekauft habe, hätte ich auch kostenlos illegal runterladen können. Auch hätte ich meine gekaufte Musik jedem im Internet kostenlos zum Download anbieten können. Hab ich aber nicht gemacht, weil ich Respekt vor dem geistigen Eigentum Anderer habe. Vielleicht sollten sich andere Kreativindustrien ein Beispiel an der Musikindustrie nehmen und sich einfach darauf konzentrieren Kauf und Benutzung ihrer Werke so einfach zu machen, dass die Mehrheit keinen Anreiz mehr hat Inhalte illegal zu beziehen. Es wird immer Leute geben, die dies ausnutzen und Werke illegal beziehen. Dies kann man auch mit den besten Kopierschützen nicht verhindern. Verhindert wird dadurch aber, dass ehrliche Leute sich diese Werke kaufen, weil sie in ihrer rechtmäßigen Nutzung eingeschränkt werden.

Ich glaube wirklich, dass die entsprechenden Industrien damit mehr Geld verdienen würden, selbst wenn 2/3 der Nutzer die Werke illegal bezogen haben, denn von diesen Nutzern hätte sehr wahrscheinlich nur ein extrem geringer Teil das Werk gekauft, wenn es nicht illegal zu beziehen gewesen wäre. Viele von denen nehmen einfach nur mit, was man kriegen kann. Die Rechnung "illegale Downloads = entgangener Gewinn" ist völliger Quatsch, denn nur ein Bruchteil hätte wirklich bezahlt, wenn es nicht illegal verfügbar wäre. Der tatsächlich entgangene Gewinn entsteht durch die Leute, die von Kopierschützen und umständlichen Kaufvorgängen abgeschreckt werden.

Zum Thema "Leih-Downloads sind teurer als DVDs in der nächsten Videothek": klar, es ist nicht nachvollziehbar, warum man für eine DVD in der Videothek für einen Tag zwei Euro bezahlt und der Download 4 Euro kostet, obwohl für die Bereitstellung übers Netz wahrscheinlich weniger Kosten entstehen. Aber dann leiht euch den Film nicht online aus, sondern aus der Videothek. Gemäß dem Gesetz der Marktwirtschaft sollte der Preis dann sinken. Oder auch nicht, denn die Bequemlichkeit einen Film mit einem Klick zu leihen plus Benzin und Aufwand, um zur Videothek zu fahren, wird viele dann doch dazu bewegen den höheren Preis online zu bezahlen. Ist halt Marktwirtschaft. Deswegen verkaufen Tankstellen auch Bier und Tiefkühlpizza zum dreifachen Preis.

Gruß
GrößterNehmer
Menü
[1] Telly antwortet auf GrößterNehmer
16.04.2012 11:14
Ich finde den ganzen Beitrag toll!

Den besten Satz möchte ich rot markieren:

Der tatsächlich entgangene Gewinn entsteht durch die Leute, die von Kopierschützen und umständlichen Kaufvorgängen abgeschreckt werden.

Telly
Menü
[2] Kai Petzke antwortet auf GrößterNehmer
17.04.2012 10:59
Benutzer GrößterNehmer schrieb:
[sehr viel Text]

Vielen Dank für Deine ausführliche Stellungnahme! Ich gebe Dir recht, dass die Digitalisierung und die anonyme und weltweite Verfügbarkeit des Internet die aktuelle Situation heraufbeschworen haben, wo sich ein Inhalt auch gegen den Willen des Urhebers in Windeseile millionenfach verbreiten kann. Sich der Autor/Verfasser/Künstler/etc. also durchaus um die Recht an seinem Werk "beraubt" fühlen kann.

Folglich ist die Diskussion um das Copyright neu entbrannt. Und ich vermute, dass das Ergebnis sein wird, dass die Rechte des Autors auch künftig möglichst geschützt werden sollen. Mit dem Ergebnis, dass der Staat verstärkt gegen Schwarzkopierer vorgehen wird, genauso, wie er es schon heute gegen Schwarzfahrer tut. Denn Schwarzfahren ist ja noch einfacher als Schwarzkopieren, man braucht noch nicht einmal einen PC :-)

Vielleicht sollten sich andere Kreativindustrien ein Beispiel an der Musikindustrie nehmen und sich einfach darauf konzentrieren Kauf und Benutzung ihrer Werke so einfach zu machen, dass die Mehrheit keinen Anreiz mehr hat Inhalte illegal zu beziehen.

Das ist ein sehr valider Punkt. Dummerweise nur haben die Inhalte-Produzenten mit den Eigentumsrechten an den Inhalten auch das Recht, diese suboptimal zu verwerten (siehe auch mein Editorial). Den Musik-Produzenten fiel es möglicherweise am einfachsten, auf Kopierschutz zu verzichten, weil in deren Verwertungskette der Broadcast über unverschlüsselte Kanäle seit eh und je am Anfang steht: Ein aktueller Titel, der nicht im Radio oder Musikfernsehen gespielt wird, wird es in den Charts nicht nach oben schaffen. Damit sind aber zumindest Kopien mittlerer Qualität eh massenweise im Umlauf, und es macht nicht mehr so wahnsinnig viel Sinn, Downloads zu verschlüsseln, weil das rein die legalen Käufer behindert.

In der Film-Industrie ist es genau umgekehrt: Die Ausstrahlung im frei empfangbaren Fernsehen steht am Ende der Verwertungskette, und vorher ist alles geschlossen (Kino, Airlines, online-Streaming, Bluray, Pay-TV etc. pp.). Hier wird man nur sehr, sehr zögerlich auf den Kopier-"Schutz" verzichten wollen. Und jeder Film, der ohne diesen vermeintlichen Schutz vermarktet wird und baden geht, wird als Argument gegen die "bösen" Raubkopierer herhalten müssen, auch, wenn es ganz andere Gründe waren, warum der Film floppte, etwa, weil der Film oder das Marketing dafür schlecht waren.

Wenn das Pricing stimmt, werden die Leute vermutlich auch Verschlüsselung und zeitliche Limitierung akzeptieren. Dann darf ein für 24 Stunden abrufbarer Stream aber m.E. höchstens ein bis zwei Euro kosten. Davon ist Maxdome z.B. noch weit weg.

Insofern wird die Filmindustrie noch weiter leiden.


Kai
Menü
[2.1] GrößterNehmer antwortet auf Kai Petzke
18.04.2012 05:10
Benutzer Kai Petzke schrieb:
Benutzer GrößterNehmer schrieb:
[sehr viel Text]
Ja, war durchaus etwas mehr :-) Über das Thema könnte man aber ganze Bücher schreiben. Darauf hatte ich allerdings keine Lust und es war auch schon spät :-D

Folglich ist die Diskussion um das Copyright neu entbrannt. Und ich vermute, dass das Ergebnis sein wird, dass die Rechte des Autors auch künftig möglichst geschützt werden sollen.
Was ja auch richtig ist, denn sonst hören wir bald nur noch alte Musik, gucken alte Filme und benutzen alte Programme, weil niemand mehr Bock drauf hat etwas Neues zu erdenken bzw. es umzusetzen. Oder zumindest nicht mehr in dem bisherigen Umfang, denn es gibt ja auch noch Creative Commons bzw. Open Source.

Mit dem Ergebnis, dass der Staat verstärkt gegen Schwarzkopierer vorgehen wird, genauso, wie er es schon heute gegen Schwarzfahrer tut. Denn Schwarzfahren ist ja noch einfacher als Schwarzkopieren, man braucht noch nicht einmal einen PC :-)
Ich sehe jetzt nicht unbedingt, dass der Staat gegen Schwarzfahrer vorgeht. Zumindest wenn du mit Schwarzfahrern die Leute meinst, die Bus oder Bahn ohne gültigen Fahrschein fahren. Das kann dem Staat ja egal sein. In Bus und Bahn werden Tickets ja nicht von Polizei oder Ordnungsamt kontrolliert, sondern von Kontrolleuren der jeweiligen Betriebe. Keine Ahnung, was Schwarzfahren ist, aber sicher keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit.

ABER: ich würde mal behaupten, dass mehr Leute davor zurückschrecken, "schwarz" zu fahren, als irgendwas aus dem Internet zu laden. Im Internet bist du (vermeindlich) anonym. Du bist Zuhause vor deinem Rechner und niemand weiß, was du tust. Zumindest werden die meisten Leute so denken oder wenigstens nicht erwarten, wegen einem Download erwischt zu werden. Fürs Schwarzfahren braucht man Cojones, weil es ja bekannt ist, dass die Verkehrsbetriebe Fahrscheine kontrollieren. Wirst du erwischt, sehen das andere Leute. Selbst wenn ich wüsste, dass ich durch Schwarzfahren trotz der "Strafgebühren" von bei uns 60 EUR Geld sparen könnte, würde ich es nicht tun, denn mir wäre es einfach zu peinlich, wenn andere Leute sehen würden, dass ich mir den Bus "nicht leisten kann". Ohne Ticket zu fahren heißt ja nicht, dass man sich das Ticket nicht leisten kann, aber das würden die anderen Passagiere sicher denken. Ich bin halt ein Angsthase, dem sowas peinlich wäre.

Das ist ein sehr valider Punkt. Dummerweise nur haben die Inhalte-Produzenten mit den Eigentumsrechten an den Inhalten auch das Recht, diese suboptimal zu verwerten (siehe auch mein Editorial).
Klar kann jeder mit seinem Eigentum machen, was er will (so lange er sich an geltendes Recht hält). Wenn ich jede Woche 30 Pfandflaschen in den Müll schmeisse, kann mich da keiner für belangen, aber meine Nachbarn werden sicherlich ihre Meinung über mich haben, wenn ich mich ständig darüber beklage, dass die Kosten für Getränke so hoch sind.

Den Musik-Produzenten fiel es möglicherweise am einfachsten, auf Kopierschutz zu verzichten, weil in deren Verwertungskette der Broadcast über unverschlüsselte Kanäle seit eh und je am Anfang steht: Ein aktueller Titel, der nicht im Radio oder Musikfernsehen gespielt wird, wird es in den Charts nicht nach oben schaffen. Damit sind aber zumindest Kopien mittlerer Qualität eh massenweise im Umlauf, und es macht nicht mehr so wahnsinnig viel Sinn, Downloads zu verschlüsseln, weil das rein die legalen Käufer behindert.
Klar, die neusten Lieder sind im (Internet-)Radio zu hören und könnten legal aufgezeichnet werden. Beim Internet-Radio sogar (vor nicht zu langer Zeit) in der gleichen Qualität, wie die gekauften Downloads. Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das die Masse getan hat bzw. dass das der Grund ist, warum heute bei Musik größtenteils auf DRM verzichtet wird. Der Aufwand Musik auf diese Weise zu erhalten ist zu groß im Verhältnis die gleiche Musik illegal runterzuladen. Denn die Chance, dabei erwischt zu werden ist zu groß bzw. das Bewusstsein etwas Illegales zu tun ist nicht vorhanden. Bei Musik ist es wohl eher so, dass die meisten einfach keinen Bedarf sehen aktuelle Lieder zu kaufen, weil man ja ständig mit aktueller Musik aus dem Radio versorgt wird. Nur wenn es wirklich einfach geht und man einen echten Mehrwert hat (die Musik jederzeit und auf allen Geräten abspielen zu können), lohnt es sich die Musik zu kaufen.

In der Film-Industrie ist es genau umgekehrt: Die Ausstrahlung im frei empfangbaren Fernsehen steht am Ende der Verwertungskette, und vorher ist alles geschlossen (Kino, Airlines, online-Streaming, Bluray, Pay-TV etc. pp.). Hier wird man nur sehr, sehr zögerlich auf den Kopier-"Schutz" verzichten wollen. Und jeder Film, der ohne diesen vermeintlichen Schutz vermarktet wird und baden geht, wird als Argument gegen die "bösen" Raubkopierer herhalten müssen, auch, wenn es ganz andere Gründe waren, warum der Film floppte, etwa, weil der Film oder das Marketing dafür schlecht waren.
Filme sind sowieso anders als Musik. Einen Film guckt man oft nur einmal, während man Musik (zumindest in einem gewissen Zeitraum) öfter hört. D.h. wenn ich einen Film online ausleihe, weiß ich, dass ich ihn nur innerhalb von 48 Stunden am PC oder meinen Apple TV am Fernseher gucken kann. Da weiß ich, wie meine Hardware im Nutzungszeitraum aussieht und kaufe nur, wenn sich das für mich lohnt. Da ist DRM ja auch völlig legitim, denn der Rechteinhaber muss ja irgendwie sicher stellen, dass ich den Film nicht länger als die gekaufte Nutzungsperiode nutze. Völlig anders ist es aber, wenn ich einen Film kaufe. Dafür bezahle ich mehr Geld, also will ich auch sicher sein, dass ich ihn jederzeit nutzen kann. Auch wenn ich kein Windows, keinen DVD-Player oder kein iTunes mehr nutze. Leihen heisst für mich, dass ich weiss, wie lange und auf welchen Geräten ich den Film nutzen will/darf. Beim Kauf erwerbe ich das permanete Nutzungsrecht und will das auch in ein paar Jahren noch ausüben können, egal welche Hardware ich dann habe.

Meine gekaufte Musik im iTunes Store konnte ich auf meinem Mac und iPod abspielen, aber auch in meinem neuen Autoradio oder Media-Server. Meine gekauften Filme nur auf meinem Mac oder Apple TV. Dies liegt nicht an Apple, sondern an den Rechteinhabern. Will ich nun die Filme auf meinem Media-Server oder auf meinem neu gekauften Entertainment-System fürs Auto abspielen, gucke ich in die Röhre. Das liegt nicht an Apple, sondern an den Rechteinhabern.

Wenn das Pricing stimmt, werden die Leute vermutlich auch Verschlüsselung und zeitliche Limitierung akzeptieren. Dann darf ein für 24 Stunden abrufbarer Stream aber m.E. höchstens ein bis zwei Euro kosten. Davon ist Maxdome z.B. noch weit weg.
Wie gesagt, bei zeitlicher Limitierung ist das DRM kein Problem, ja sogar notwendig. Da hängt alles nur vom Preis ab, weil der Nutzer ja weiß, wie er das Nutzungsrecht ausüben will. Da kauft der Nutzer eben nur, wenn ihm Preis und Nutzungseinschränkung in vernünftiger Relation zueinander stehen. Also Wiedergabe nur auf dem Computer oder Apple TV innerhalb von 48 Stunden gegenüber der Fahrt zur Videothek und Nutzung nur auf dem DVD-Player. Bei Kauf, also zeitlich uneingeschränkter Nutzungsdauer erwarte ich aber, dass ich das Produkt auch nach technischen Neuerungen weiter nutzen kann. Auch wenn mein in 2015 entwickeltes Neuro-Implantat den Film dann nicht als eigene Erinnerung, sondern nur als beobachtete Ereignisse wiedergeben kann.

Insofern wird die Filmindustrie noch weiter leiden.
Wahrscheinlich wird sie dies tun, auch wenn "leiden" nur jammern auf hohem Niveau bedeutet. Denn ich glaube nicht, dass viele Filme einen negativen Ertrag erzeugen. Der entgangene Gewinn liegt einzig daran, dass den potentiellen Käufern keine attraktiven Angebote gemacht werden.

Gruß
GrößterNehmer
Menü
[2.1.1] Kai Petzke antwortet auf GrößterNehmer
20.04.2012 11:05
Benutzer GrößterNehmer schrieb:

Benutzer Kai Petzke schrieb:
Folglich ist die Diskussion um das Copyright neu entbrannt. Und ich vermute, dass das Ergebnis sein wird, dass die Rechte des Autors auch künftig möglichst geschützt werden sollen.
Was ja auch richtig ist, denn sonst hören wir bald nur noch alte Musik, gucken alte Filme und benutzen alte Programme, weil niemand mehr Bock drauf hat etwas Neues zu erdenken bzw. es umzusetzen.

Ich glaube, es würde das Gegenteil passieren: Wir hätten MEHR neue Inhalte, nicht weniger, wenn Copyright-Gesetze entfallen. Denn es ist ja ganz einfach, einen neuen Inhalt zu produzieren, indem man einen bestehenden abändert.

Am Ende hätten wir also nicht einen Harry Potter, sondern hundert oder tausend Versionen davon, jede ein bisschen anders adaptiert und mit unterschiedlichem Ausgang. Genauso, wie es viele Versionen von "Aschenputtel" gibt; bei den Gebrüdern Grimm liest sich das Märchen anders als z.B. in Disney-Filmen. Was eine solche Diversizität, wo der bayrische Potter sich anders liest als der islamische, für die kulturelle Identität, die wir als "Deutsche" uns in den letzten Jahrhunderten nur mühsam erkämpft haben, bedeutet, kann ich als Physiker und Journalist nicht beurteilen; da müssen die Soziologen und Politikforscher ran.

Bleiben wir aber bei der Technik: Patent- und Copyright-Freiheit würde sehr schnell wieder zu Systemstreits führen, die für den Verbraucher fast immer ein Nachteil sind. Siehe VHS gegen Betamax gegen Video 2000 bei den Videorecordern, oder Bluray vs. HD-DVD beim DVD-Nachfolger.

Beim Betriebssystem Linux ist ebenfalls gut zu beobachten, wie die Diversität den technischen Fortschritt oft mehr behindert als fördert: Es gibt beispielsweise zwei Teams, die sich bemühen, eine zeitgemäße Desktop-Oberfläche umzusetzen. Beide kämpfen um die eh knappen Ressourcen, insbesondere die wenigen verfügbaren und ausreichend gebildeten freiwilligen Entwickler. Folglich ist keine der beiden Oberflächen auch nur annähernd so gut integriert und fehlerfrei, wie es für ein echtes Windows-Konkurrenz-Produkt nötig wäre (nein, ich möchte hier keinen Flamewar starten; und ja, ich verwenden intensiv Linux).

Linux-App-Entwickler sehen sich mit dem Problem konfrontiert, ihre Programme auf zwei Desktops und mindestens fünf Distributionen (SuSE, RedHat/CentOS, Debian, Ubuntu, Fedora) testen zu müssen, was schon so manchen zum Aufgaben bewogen hat, im freien, wie im kommerziellen Umfeld.

Wäre Desktop-Linux das führende PC-Betriebssystem, würde ich zwei Desktops und ein halbes Dutzend Distributionen im Sinne der Konkurrenz befürworten. Bei einem auf dem Desktop aber eh schon minoren System bedeutet die genannte Vielfalt aber letztendlich, dass man sich um jede Chance bringt, aus der Nische auszubrechen.


Kai