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Editorial: SMS im Ausland künftig billiger als zu Hause?

Roaming-Regulierung durch die EU nimmt den nächsten Schritt
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Mit einer Mobilfunk-SIM-Karte erwirbt man ein ganzes Bündel an Leistungen, egal, ob Prepaid-Karte oder Laufzeitvertrag: Sprachverbindungen ins eigene Netz, ins Mobilfunknetz der Konkurrenz, ins Festnetz, zu Sonderrufnummern, ins Ausland und schließlich im Ausland. Hinzu kommen die Preise für SMS, die ebenfalls immer stärker nach netzintern, -extern und Ausland, sowie Roaming aufgespalten werden. Datentarife werden wiederum nach Zugangsmethode, gebuchtem Kontingent und teilweise sogar nach dem Endgerät unterschieden.

Der durchschnittliche Kunde nimmt beim Vertragsabschluss nur wenige Einzelpreise seines Tarifwerks wahr. Dieses betrifft meist die am häufigsten genutzten Verbindungen, wie Gespräche und SMS zu anderen Kunden im Inland. Für andere Verbindungen ist es hingegen oft schon schwer, überhaupt die Preise in Erfahrung zu bringen. Wirksamen Wettbewerb gibt es dort in der Regel nicht.

Beim erfolgreichsten Mobilfunk-Discounter, Aldi Talk, kosten Verbindungen zu unseren europäischen Nachbarländern beispielsweise den mehr als 14-fachen Preis wie Verbindungen zu inländischen Mobilfunk- oder Festnetzanschlüssen. Dabei unterscheiden sich die Kosten, die dem zugrundeliegenden Netzbetreiber E-Plus entstehen, nur geringfügig. Ein Anruf zu einer 01805-Servicenummer kostet bei Aldi Talk in der Hauptzeit 86 Cent pro Minute - 72 Prozent mehr als bei Vertragstarifen beim E-Plus-"Original" und 614 Prozent mehr als vom Festnetz aus.

Durch die hohen Preise in den weniger beachteten, aber dennoch genutzten, Bereichen verdienen die Netzbetreiber sehr gut. Insofern verwundert, dass die EU-Kommission einen dieser teuren Bereiche - nämlich Roaming - einer intensiven Regulierung unterwirft, während sie alle anderen Bereiche - Telefonate zu Servicerufnummern und ins Ausland, Datennutzung ohne gebuchtes Datenpaket oder bestimmte Dienstleistungen - ausklammert.

Warum erklärt sich die EU-Kommission für zuständig, wenn ein Telefonat von Deutschland nach Frankreich mit einer französischen SIM erfolgt, aber für nicht zuständig, wenn dasselbe Telefonat mit einer deutschen SIM abgewickelt wird? Dieselbe Kommission, die sonst so sehr auf europaweit einheitliche Preise und Regulierung setzt, lässt zu, dass sich die Preise für ein Telefonat zwischen einem österreichischen und einem deutschen Geschäftsmann auf einer Messe in Deutschland um bis zu den Faktor vier unterscheiden, je nachdem, wer wen anruft.

Nun liegt es in der Natur ihrer Aufgabe, dass EU-Kommissare viel reisen. Offensichtlich ärgern sie sich - zurückgekehrt ins Büro - erheblich über die unverschämte Roaming-Rechnung. Und so ist es verständlich und zu begrüßen, dass sie hier eingreifen. Nur sollten sie bei der Gelegenheit die diversen anderen Hochpreis-Refugien nicht aus dem Blick verlieren. Preissenkungen beim Roaming sind aus sozialpolitischer Sicht hier nicht gerade die vordringliche Aufgabe: Sie kommen nämlich vor allem jenen gesellschaftlichen Schichten zugute, die sich Auslandsreisen überhaupt leisten können. Wer hingegen aus Kostengründen den Festnetz-Anschluss abgeschafft hat, gehört hingegen eher nicht zu den Vielfliegern und würde von Kostensenkungen in den anderen Bereichen viel mehr profitieren, etwa von Preissenkungen für Telefonate zu Sondernummern. Selbst die Agentur für Arbeit ist in vielen Regionen nur noch per 0180-Rufnummer erreichbar.