Regulierung

Bundesnetzagentur will weiteren Festnetzmarkt aus Regulierung entlassen

Transitleistungen betreffen vor allem Anrufe zu Sonderrufnummern
Von Björn Brodersen

Die Bundesnetzagentur will mit dem Transitmarkt einen weiteren Telekommunikationsmarkt auf der Vorleistungsebene künftig nicht mehr regulieren. Zwei Wochen nach dem Start der Anhörung zu dem Vorhaben, die Märkte für Verbindungen aus dem Festnetz in inländische Fest- und Mobilfunknetze aus der Regulierung zu entlassen, ist dies ein weiterer Vorschlag der Regulierungsbehörde in Bonn. Nach Ansicht von Matthias Kurth, dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, bestehen im Bereich der Transitleistungen keine anhaltenden Marktzutrittsschranken für Wettbewerber. Die Wettbewerber der Deutschen Telekom hätten ausreichend Möglichkeiten, diese Leistungen von anderen Anbietern als der Telekom zu beziehen. Von daher gebe es bei den Transitleistungen einen wirksamen Wettbewerb.

"Die Bundesnetzagentur ist in höchstem Maße interessiert, den Wettbewerb zu fördern und dort zu wettbewerblichen Strukturen überzugehen, wo dies möglich ist", erklärt Kurth. "Bereits 2007 hatten wir auf der Vorleistungsebene den Markt für Fernübertragungssegmente von Mietleitungen als nicht mehr regulierungsbedürftig eingestuft. Jetzt können wir uns auch - bis auf einen Teilbereich - aus dem Transitmarkt für Verbindungsleistungen im Festnetz zurückziehen."

Es sei nicht vorgesehen, die Transitleistungen aus der Regulierung zu entlassen, wenn sie aus technischen Gründen ausschließlich zusammen mit der Verbindungsaufbauleistung angeboten wird. Dies sei eine wesentliche Voraussetzung von Call by Call und Preselection. Die Nachfrager dieser Leistung seien ausschließlich auf das Angebot der Deutschen Telekom angewiesen. Würden diese Transitleistungen auch aus der Regulierung entlassen werden, bestünde die Gefahr, dass die Telekom durch Preisanhebungen dem Call-by-Call- und Preselection-Geschäft den Garaus machen würde.

Call by Call und Preselection nicht von Regulierungsbefreiung betroffen

Die Leistung "Transit" ist neben "Verbindungsaufbau" und "Anrufzustellung" ein Bestandteil jeder Verbindungsleistung. Sie wird von den Telefonfirmen genutzt, wenn es keinen Zusammenschaltungspunkt zwischen dem Netzbetreiber des Anrufers und dem Netzbetreiber des Angerufenen gibt. Zur besseren Veranschaulichung kann man zum Beispiel diesen Bereich mit dem Transit eines Reisenden aus Westdeutschland nach Berlin durch die ehemalige DDR vergleichen. Die Transitleistung bieten neben der Telekom inzwischen genügend andere Netzbetreiber wie etwa Arcor, BT Germany oder Colt an. Diese Vorleistung ist vor allem bei Anrufen zu Sonderrufnummern wichtig, kann aber auch bei Gesprächen zwischen alternativen Vollanschluss-Anbietern notwendig sein.

Im Bereich der Zusammenschaltungsmärkte wird die Bundesnetzagentur nach eigener Aussage auf der Vorleistungsebene voraussichtlich weiterhin sowohl die Märkte für "Verbindungsaufbau" als auch die Märkte für "Anrufzustellung" in einzelne Festnetze regulieren, weil es nach derzeitigem Erkenntnisstand hier noch keinen wirksamen Wettbewerb gebe. Auf die Leistung "Anrufzustellung" seien beispielsweise alle Netzbetreiber angewiesen, wenn der Angerufene an das Netz eines anderen Netzbetreibers angeschlossen ist. Diese Leistung müsse also immer beim jeweiligen Netzbetreiber eingekauft werden und könne nicht durch eine eigene Leistung ersetzt werden.

Bundeskartellamt würde Aufsicht von Bundesnetzagentur übernehmen

Der Branchenverband VATM begrüßte den Vorschlag der Bundesnetzagentur und bezeichnete ihn als "angemessen und nachvollziehbar". "Wir begrüßen ausdrücklich die Entscheidung, die Vorleistungen in diesem Bereich, die für Call-by-Call- und Preselection-Anbieter relevant sind, weiterhin in der Regulierung belassen zu wollen. Auch dies entspricht den Marktgegebenheiten. Call-by-Call und Preselection sind eine wichtige zusätzliche Option für den Verbraucher", sagte VATM-Präsident Gerd Eickers.

In der im aktuellen Amtsblatt veröffentlichten Marktdefinition und Marktanalyse, die auf Grundlage der Empfehlung der EU-Kommission vom 17. Dezember 2007 entstand, ist der Transitmarkt nicht mehr aufgeführt. Sollte sich die Einschätzung der Bundesnetzagentur im weiteren Verfahren bestätigen, würde zukünftig das Bundeskartellamt die Aufsicht im Transitbereich übernehmen.

Der Entwurf zur Marktdefinition und -analyse ist auf den Internetseiten der Bundesnetzagentur zu finden. Nähere Informationen zum ebenfalls diskutierten Regulierungsende bei Festnetzgesprächen liefern wir Ihnen in einem weiteren Beitrag.