Rechnung

BenQ hat 840 Millionen Euro Verlust gemacht

Politiker wollen sich für Rettung des Handy-Herstellers einsetzen
Von dpa / AFP / Björn Brodersen

Der taiwanesische BenQ-Konzern hat nach eigenen Angaben seit der Übernahme des ehemals zu Siemens gehörenden Handy-Geschäfts vor einem Jahr einen Verlust von umgerechnet 840 Millionen Euro gemacht. Wie BenQ-Sprecher Eric Yu der dpa heute in Taipeh sagte, habe das Unternehmen mit allen Mitteln versucht, die Verluste zu stoppen, aber es sei nicht gelungen. Hauptsächlich durch Verzögerungen in Forschung und Entwicklung sei diese Schieflage entstanden.

Zuvor habe das Unternehmen bereits zwei Werke in Mexiko und Taiwan schließen müssen. Die Produktion solle aber auf schmalerer Basis weiter geführt werden. Das Unternehmen hat Werke in Schanghai, Suzhou und in Brasilien sowie Forschungs- und Entwicklungszentren in Taiwan, Peking und Brasilien. BenQ hatte das Siemens-Handygeschäft vor genau einem Jahr für einen symbolischen Kaufpreis übernommen. Siemens gab noch einen dreistelligen Millionenbetrag als Mitgift.

IG-Metall-Chef Jürgen Peters kritisierte die beiden Unternehmen scharf. "Der Umgang von Siemens und BenQ mit den Beschäftigten ist empörend", sagte er. "Die Menschen sind von den Konzernen doppelt hintergangen worden: Erst werden die Beschäftigten erpresst, um die Arbeitskosten zu senken und dann soll doch die Schließung folgen." Noch zu Siemens-Zeiten hatten sich die Beschäftigten in der Handyfertigung auf Gehaltseinbußen eingelassen, um ihre Arbeitsplätze zu sichern.

Politiker sehen auch Siemens in der Pflicht

Nach dem Insolvenzantrag von BenQ Mobile setzen sich auch Politiker quer durch die Parteien für die Rettung des Handy-Herstellers ein. Dabei bemühten sie sich heute auch, den früheren Eigentümer Siemens in die Pflicht zu nehmen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sagte, die Münchner stünden weiter in der Verantwortung für ihre frühere Handysparte. Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber (CSU) lotete im Gespräch mit Siemens-Chef Klaus Kleinfeld die Chancen für einen Arbeitsplatzerhalt aus. Siemens prüft rechtliche Schritte gegen den taiwanischen BenQ-Konzern.

Insgesamt mehr als tausend wütende Beschäftigte demonstrierten heute gegen den Ausstieg von BenQ aus der Handy-Produktion in Deutschland. Bei einer Versammlung vor den Werkstoren in Kamp-Lintfort bezeichnete Ministerpräsident Rüttgers die Entscheidung der Taiwaner als "große Sauerei". Zusammen mit seiner Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) nahm er an einer Krisensitzung mit Betriebsrat, IG Metall, Unternehmensleitung und Kommunalpolitikern teil.

Auch vor der Siemens-Zentrale in München demonstrierten nach Gewerkschaftsangaben mehrere hundert Mitarbeiter von BenQ und Siemens. Ministerpräsident Stoiber telefonierte unterdessen mit Konzernchef Kleinfeld. Die Staatskanzlei in München kündigte zudem an, Stoiber werde auch Kontakt mit dem Insolvenzverwalter, der bisherigen Geschäftsführung sowie dem Betriebrat und den Gewerkschaften aufnehmen. Den Ausstieg von BenQ kritisierte der Ministerpräsident als Verstoß gegen den "unternehmerischen Anstand".

Auch SPD-Generalskretär Hubertus Heil bezeichnete es als "Skandal", dass 3 000 deutsche Beschäftigte "zum Spielball unseriöser Unternehmer" geworden seien. Siemens trage nach wie vor die "moralische Verantwortung" für seine früheren Mitarbeiter. Es dränge sich der Eindruck auf, dass der Münchner Konzern sich mit der Abgabe seines Handy-Geschäfts "billig arbeitsrechtlichen Verpflichtungen und Insolvenzanforderungen entledigen wollte", erklärte Heil.

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