Konzernumbau

Regierung Prodi bestürzt über Entwicklung der Telecom Italia

Angst vor dem Verlust der hauseigenen Mobilfunk-Gesellschaft
Von dpa / Björn Brodersen

Romano Prodi versucht gar nicht erst, seinen Ärger zu verbergen: "Bestürzt und besorgt" sei er über die jüngsten Entwicklungen in der Endlos-Saga zwischen der Telecom Italia und ihrer Mobilfunktochter TIM. Der italienische Ministerpräsident ist verstimmt, "weil es so aussieht, als würde der einzige noch verbleibende italienische Mobilfunkanbieter bald auch in ausländische Hände fallen", meinte heute die Zeitung La Repubblica. Italien riskiere, unter den Wirtschaftsmächten der Welt das einzige Land zu werden, das keine hauseigene Mobilfunk-Gesellschaft hat, fasste das Blatt die Ängste von Politikern, Top-Managern und Investoren zusammen.

Eine tief greifende Reorganisation hatte der italienische Telekommunikationskonzern am Montag beschlossen. Will heißen: Das Unternehmen wird in zwei Teile gespalten: Einen für Festnetztelefonie und einen für Mobilfunk. Beobachtern zufolge ist dies tatsächlich der erste Schritt für den Verkauf von Telecom Italia Mobile (TIM).

Entscheidungen über die Zukunft der Handy-Gesellschaft seien aber noch nicht gefallen, betonte Telecom-Italia-Chef Marco Tronchetti Provera. Jedoch ließ er durchblicken, dass eventuell eingehende Angebote geprüft würden. Italienische Medien hatten zuvor die spanische Telefónica, die US-Finanzgesellschaft Carlisle Group sowie Deutsche Telekom und France Telecom als mögliche Interessenten genannt. "TIM darf nicht verkauft werden, aber wenn es unbedingt notwendig ist, dann sollten die Käufer Italiener sein", sagte der Top-Manager Biagio Agnes. Denn bisher hielt nur noch TIM eisern die Stellung, während die anderen beiden italienischen Anbieter bereits ins Ausland verkauft wurden: Vodafone [Link entfernt] nach Großbritannien, Wind an die Ägypter von Orascom.

Auch die Mitarbeiter des Konzerns sind besorgt

Auch die über 85 000 Mitarbeiter des italienischen Telekom-Konzerns sind besorgt. Sie haben für die nächsten Wochen bereits einen Streik angekündigt. Der mögliche Verkauf von TIM, der für sie eine unsichere Zukunft bedeutet, habe rein finanzielle Beweggründe, beklagen sie: Immerhin sitzt Telecom Italia auf einem Schuldenberg von über 41 Milliarden Euro - und ein möglicher TIM-Deal könnte bis zu 35 Milliarden Euro wert sein.

Die Telecom Italia hatte TIM in den 90er Jahren abgespalten und erst im vergangenen Jahr für 20 Milliarden Euro wieder in den Konzern integriert. Ziel war es, den Kunden kombinierte Mobilfunk- und Festnetzangebote machen zu können. Offiziell heißt es nun, das Unternehmen habe seine Strategie geändert und den Weg hin zur Umwandlung in einen Medien-Konzern eingeschlagen. Musik, Filme und Sport sollen demnächst über das Internet vertrieben werden. Zu diesem Zweck hatte sich Tronchetti Provera in der vergangenen Woche bereits mit dem australischen Medienmogul Rupert Murdoch in Griechenland auf dessen Yacht getroffen, um über den Kauf von Senderechten für Filme und TV-Programme zu verhandeln.

Dennoch, Kommentatoren sind überzeugt, dass es Tronchetti Provera vor allem um einen drastischen Schuldenabbau geht. "Telecom macht den Weg zur Scheidung von TIM frei", titelte die Zeitung Il Messaggero. Neben Prodi schien aber auch die Börse zunächst nicht glücklich mit den jüngsten Entwicklungen. Am Tag nach der Aufsichtsratssitzung verlor die Aktie in Mailand bereits am Morgen über 1,50 Prozent und rutschte auf 2,22 Euro ab.

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