Sparprogramm

Vodafone: Offenbar kein Arcor-Verkauf

Angeblich bis zu 6 000 Stellen weltweit bedroht
Von dpa / AFP / Ralf Trautmann

Der britische Mobilfunkkonzern Vodafone steht dem Vernehmen nach vor einem Strategiewechsel. Neben dem Handy-Geschäft wolle das Unternehmen in einigen Ländern künftig auch Festnetz-Dienste anbieten, hieß es heute in unternehmensnahen Kreisen. "Ein Verkauf der Festnetztochter Arcor ist damit erst einmal vom Tisch." In anderen Märkten könnte die Gesellschaft kleinere Festnetzanbieter zukaufen oder Kooperationen eingehen. Vodafone will morgen seine Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr vorlegen und sich dabei auch zur künftigen Strategie äußern.

Diese werde auch Kosteneinsparungen umfassen, mit denen der Weltmarktführer seine operative Geschäftsentwicklung nachhaltig stärken will, hieß es weiter. Wie der Sunday Telegraph berichtete, will der Mobilfunkrriese in dieser Woche ein weiteres Sparprogramm bekannt geben. Hierbei sind mit 6 000 rund zehn Prozent der Stellen weltweit gefährdet, wobei vor allem Europa mit seinen gesättigten Handy-Märkten betroffen sein dürfte. Vorstandschef Arun Sarin hatte vor einigen Wochen bereits Einsparungen in Europa angekündigt und dabei angedeutet, dass der Konzern neben Mobilfunk auch Festnetz anbieten will. Neben dem Stellenabbau plant Vodafone eine Auslagerung von IT-Abteilungen, um seine Kosten zu drücken.

Laut einem Bericht der Financial Times will Vodafone künftig auf Großakquisitionen verzichten. Der Fokus werde auf organischem Wachstum liegen, berichtete die Zeitung heute. Dies würde einen Bruch mit der Strategie von Konzerngründer Chris Gent darstellen, der Vodafone durch milliardenschwere Zukäufe wie Mannesmann zum weltgrößten Mobilfunkkonzern gemacht hatte.

Stellenstreichungen auch in Deutschland

Von den Einschnitten werde die deutsche Tochter nicht verschont bleiben. So solle der Bereich Technik um 500 Stellen abgespeckt werden. Auf betriebsbedingte Kündigungen will die Gesellschaft dabei nach eigenen Angaben verzichten. Um einen Stellenabbau zu vermeiden, sollen die Mitarbeiter weiterqualifiziert und dann in anderen Geschäftsfeldern beschäftigt werden, sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft IG Metall, Siegfried Balduin. Denkbar sei etwa ein Einsatz im Vertrieb. Zudem sollen in der Zentrale in Düsseldorf weniger Arbeiten an Fremdfirmen vergeben werden.

Ursprünglich war in Deutschland auch die Schließung von Standorten geprüft worden, was die Unternehmensführung aber verwarf. Allerdings stehen dem Vernehmen nach in Zukunft Einschnitte in weiteren Konzernteilen an. Neben der Auslagerung von IT-Abteilungen seien etwa Einsparungen im Marketing möglich, hieß es in Branchenkreisen. Vodafone hat wie seine Konkurrenten mit der Marktsättigung in Deutschland und dem damit verbundenen Preisverfall zu kämpfen. Im vergangenen Jahr hatte bereits Marktführer T-Mobile umfassende Sparmaßnahmen eingeleitet.

Verlusten in Höhe von bis zu 20 Milliarden Pfund erwartet

Wegen des harten Konkurrenzkampfs auf den wichtigsten europäischen Märkten hatte Vodafone Ende Februar seine Geschäftserwartungen senken müssen. Statt der bisher erwarteten sechs bis neun Prozent Wachstum rechnete das Unternehmen nun nur noch mit fünf bis 6,5 Prozent Zuwachs im Geschäftsjahr 2006/2007. Zudem müsse der Firmenwert der Töchter in Deutschland, Italien und wohl auch Japan um insgesamt bis zu 28 Milliarden Pfund (rund 41 Milliarden Euro) gesenkt werden. Der Großteil der Berichtigung trifft dabei Deutschland.

Unter anderem wegen der geringeren Wachstumserwartungen der deutschen Tochter rechnen Analysten mit tiefroten Zahlen. Der Verlust könnte bei bis zu 15 Milliarden britischen Pfund (rund 22 Milliarden Euro) liegen, sagten Analysten. Damit würde der Weltmarktführer den höchsten Verlust seiner Geschichte und eines Unternehmens in Großbritannien jemals einfahren. Die Zeitung The Observer berichtete, dass sich die Vodafone-Verluste sogar auf 20 Milliarden Pfund belaufen.