mehr Offenheit

Netzbetreiber als Innovationsbremse

Die TU-Wissenschaftlerin Barbara van Schewick sieht das Internet am Scheideweg
Von Marie-Anne Winter

Inzwischen werde jedoch von der ursprünglichen Architektur abgewichen. So benutzten Netzwerkbetreiber verstärkt Technologie, die es ihnen ermögliche, zwischen Anwendungen zu unterscheiden und ihre Ausführung nach eigenem Gutdünken zu beeinflussen. Bestimmte Anwendungen könnten ganz ausgeschlossen werden. So könne ein Netzwerkbetreiber die Anwendung eines Konkurrenten verlangsamen, ohne dass die Kunden davon etwas ahnen. In den USA sei genau so etwas schon mit der Software eines Internet-Telefonie-Anbieters geschehen.

Einschränkungen der Netze behindern den Fortschritt

In der Konsequenz würde die Kontrolle des Netzes durch die Betreiber dazu führen, dass einige Anwendungen vom Markt gedrängt werden oder gar nicht erst auf den Markt kommen. Für den jeweiligen Netzwerkbetreiber kann das durchaus lukrativ sein, doch für unabhängige Entwickler wird es zunehmend schwieriger, Innovationen gewinnbringend zu vermarkten. Damit sinke auch der Anreiz, überhaupt an innovativen Anwendungen und Produkten zu forschen.

Neuerungen, die auch den Netzwerkbetreibern neue oder zusätzliche Einnahmemöglichkeiten eröffnen würden, bleiben in der Folge aus. Denn planbar sind Erfolge nicht, wie der Siegeszug von E-Mail, Word Wide Web oder Musiktauschbörsen zeige. "Die Offenheit der Netze ist daher die Grundvoraussetzung, um weiterhin eine Vielfalt von Innovationen im Internet zu ermöglichen. Das Internet steht nun am Scheideweg. Wettbewerb alleine ist nicht die Lösung. Es geht darum, welche Architektur sich in Zukunft durchsetzen wird", zieht Barbara van Schewick Bilanz.

USA: Forderung nach stärkerer Regulierung

Im Mutterland des Internets, den USA, gebe es bereits eine lebhafte öffentliche Debatte über dieses Thema. Forscher, Politiker, Unternehmen sowie Interessenverbände von Konsumenten und Bürgerrechtlern forderten die zuständige Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) auf, die schon verloren gegangene Neutralität des Netzwerkes durch Regulierung der Netzbetreiber wiederherzustellen. Entsprechend groß sei dort das Interesse an den Ergebnissen der "Pionierarbeit" von Barbara van Schewick.