Themenspecial VoIP Vermittlungsausschuss

Breko: Notruf-Regelung für VoIP-Anbieter verzerrt Wettbewerb

Bei den TGK-Änderungen sind Regeln für "innovative Dienste" weiterhin umstritten
Von Marie-Anne Winter

Am kommenden Montag tritt der Vermittlungsausschuss des Bundestages zu seiner voraussichtlich letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode zusammen. Auf der Tagesordnung wird dabei auch das Telekommunikationsänderungsgesetz stehen, mit dem in das erst letztes Jahr novellierten TKG weitreichender Verbraucherschutzregelungen sowie eine Übergangsvorschrift für "innovative Dienste" eingefügt werden soll. Der Verband der Regio-Carrier (BREKO) sieht diese Sonderklausel, durch die Anbieter von Sprachdiensten per Voice over IP drei Jahre lang keine Notruffunktionalitäten sicherstellen müssen, kritisch.

"Die geplante Regelung führt zu eklatanten Wettbewerbsverzerrungen zwischen etablierten Unternehmen und Voice-over-IP-Anbietern", warnt Verbandsgeschäftsführer Rainer Lüddemann. "Bei der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes 1998 wurde den infrastrukturbasierten Wettbewerbern auferlegt, in kürzester Zeit entsprechende Systeme einzurichten. Hierfür waren erhebliche Investitionen erforderlich, die neuen Diensteanbietern nun einfach erlassen werden und ihnen damit einen erheblichen Marktvorteil bescheren."

Diese wettbewerbswidrige Bevorzugung der neuen Anbieter ist nach Ansicht des Verbandes ein Verstoß gegen den Grundsatz der Technologieneutralität und des verfassungsrechtlich garantierten Gleichheitsgrundsatzes. Lüddemann: "Die Gewährleistung von Notrufen liegt im öffentlichen Interesse und muss von jedem Anbieter von Sprachdiensten - unabhängig von der eingesetzten Technologie - ermöglicht werden."

Regelungen sind "wenig praktikabel"

Eigentlicher Grund für die Gesetzesänderung waren zahlreiche Verbraucherschutzbestimmungen, die direkt in das Gesetz integriert werden sollten. "Wir halten diese Regelungen noch immer für zu weitreichend und zum Teil wenig praktikabel", betont Rainer Lüddemann, sieht aber Spielraum für einen politischen Kompromiss: "Im Interesse der Rechtssicherheit und damit das fast ein Jahr währende Gesetzgebungsverfahren zum Abschluss kommt, wären unsere Unternehmen bereit, diese bittere Pille zu schlucken."

Deshalb appelliert der Verband an die Mitglieder des Vermittlungsausschusses, sich dafür einzusetzen, das Gesetz am kommenden Montag passieren zu lassen, jedoch ohne die wettbewerbsverzerrende VoIP-Klausel.

Derzeit kann bei der IP-basierten Telefonie im mobilen Einsatz ein Notruf nicht zur nächstgelegenen Rettungsleitstelle übermittelt und der Standort des Hilfsbedürftigen nicht automatisch ermittelt werden. In den USA wurden VoIP-Anbieter nach Fällen von missglückten Notrufen von der dortigen Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) ultimativ aufgefordert, den erweiterten Zugang zur Notrufnummer 911 bis Ende November sicherzustellen oder die Dienste zu sperren.