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Die Klingelton-Industrie und der Klingelton-Klau

Durch unautorisierten Download von unsicheren Seiten entgehen der Branche Millionen
Von Marie-Anne Winter

Klingeltöne fürs Handy sind allseits beliebt - bei den Handynutzern, die ihre Lieblingsstücke bei jedem Anruf hören können und bei der Musik-, Mobilfunk- und Content-Industrie, bei denen sie nicht nur das Handy, sondern vor allem die Kassen klingeln lassen. Erste Marktstudien gehen mittlerweile davon aus, dass die UMTS-Handys in absehbarer Zeit die Musik-CD ersetzen werden. 6 bis 10 Prozent der Umsätze in der Musikindustrie sind bereits 2004 auf das Klingeltongeschäft entfallen. Der Anteil der Klingeltöne im Geschäft aller Content-Downloads liegt nach wie vor bei über 50 Prozent.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. In der ersten Euphorie, die das Musikformat MP3 vor einigen Jahren mit sich brachte, das den einfachen Austausch von Musikstücken über das Internet ermöglichte, tauschten die Nutzer fröhlich Musik aus, ohne sich um Business-Pläne der Musikindustrie zu kümmern. Diese war bekanntlich wenig amüsiert und reagierte mit Klagen und Strafen gegen derartige Tauschforen. Nun wiederholt sich die Geschichte mit illegalen Downloads von Klingeltönen. Diese können als Hörproben von bestimmten Seiten ohne großen Aufwand auf dem PC gespeichert und von dort aus aufs Handy überspielt werden. Auch der Austausch von Handy zu Handy ist in der Folge möglich.

Ein Drittel der Anbieterseiten sind unsicher

Der Softwareanbieter Qpass [Link entfernt] , der Plattformen für Netzbetreiber bereitstellt, darunter T-Mobile, Vodafone, Cingular und Nextel [Link entfernt] , hat nun diese Form des Klingelton-Klau untersucht und festgestellt, dass rund ein Drittel der getesteten Content-Seiten nicht sicher sind. Insgesamt wurden im Juni dieses Jahres 100 Internetseiten untersucht, davon 42 Seiten von Netzbetreibern und 58 von Portal-Anbietern. Rund zwei Drittel der angebotenen Hörproben von Klingeltönen auf den unsicheren Seiten hatten die geeignete Länge, um als Klingelton verwendet zu werden, die angebotene Länge der Hörproben betrug bis zu 30 Sekunden. In Deutschland, dem größten Klingeltonmarkt in Europa, befanden sich sogar auf 60 Prozent der Seiten unsichere Hörproben. Per Internet ist es natürlich möglich, auch Klingelton-Seiten anderer Länder zu besuchen und dort Dateien herunterzuladen.

Qpass schätzt, dass der Musik- und Mobilfunkindustrie im Jahr 2004 auf diese Weise rund 55 Millionen Euro durch die Lappen gegangen sind, davon rund 50 Millionen in Europa. Die geschätzten Ausfälle in den Jahren 2005 bis 2007 betragen bis zu 475 Millionen Euro. Qpass betont, dass diese Schätzungen sehr konservativ gehalten seien. Eingerechnet seien nur die Schäden durch Seiten, die tatsächlich auch Klingeltöne verkaufen. Es sei aber auch möglich, Hörproben von Seiten die Musikstücke anbieten, herunterzuladen und als Klingeltöne zu verwenden.

An Klingeltönen wollen viele mitverdienen

Natürlich sind hierzulande auch die relativ hohen Preise mit etwa 2,99 Euro pro Klingelton ein Motiv, dem regulären Kauf aus dem Weg zu gehen. Denn ein Song in CD-Qualität kosten etwa bei iTunes nur rund 99 Cent. Auf diesen Sachverhalt angesprochen, erklärte Christian Lutz, General Manager Europe, dass der hohe Preis für die Klingeltöne hierzulande zustande kommt, weil nicht nur die Musiklabels und die Contentanbieter, sondern auch die Mobilfunkbetreiber und weitere Zwischenhändler daran verdienen wollten. Apple wurde seine Musik direkt an die Kunden verkaufen, das sei bei den Klingelton-Anbietern ganz anders. So würden hier ein Großteil der Klingeltöne über Portale wie jamba! oder handy.de [Link entfernt] verkauft und mit Premium-SMS bezahlt. Allein für diese Bezahlweise ginge rund ein Drittel der Kosten des Klingeltons drauf. Zudem sei diese Art der Bezahlung wenig transparent und somit kundenunfreundlich.

Sicher und transparent

In den USA dagegen würden 80 Prozent der Klingeltöne über die Portale der Netzbetreiber verkauft und über die Mobilfunkrechnung abgerechnet. Der Vorteil dabei sei, dass die Kosten pro Klingelton niedriger werden und außerdem jede Transaktion nachvollziehbar sei. Wenn ein Kunde einen Klingelton einmal gekauft habe, werde dieser Vorgang in einem Pool für den jeweiligen Kunden gespeichert. Deshalb könne er diesen Ton immer wieder abrufen, etwa wenn er sein Handy verliert oder er den Klingelton versehentlich löscht. Deshalb sei ein vernünftige Contentplattform, über die Klingeltöne angeboten werden, nicht nur für die Rechte-Inhaber an den Klingeltönen und die Netzbetreiber gut, sondern auch für die Kunden. Es im Prinzip sei auch sehr einfach für die Anbieter, ihren Content sicher zu machen, sprich, illegale Kopien zu verhindern. So könnten die Hörproben in Flash angeboten werden. Flash sei ohnehin auf den meisten Rechnern installiert. Auch Streaming sei sicher.

Der Klingelton-Klau ist laut Qpass ein Zeichen dafür, dass die Geschäftsprozesse im Bereich der mobilen Musik noch nicht ausgereift seien. Allerdings habe ich auch im Internetgeschäft mit Musik gezeigt, dass die Nutzer bereit seien, für den Download ihrer Lieblingssongs zu bezahlen, wenn das Angebot übersichtlich ist und der Preis stimmt.