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VoIP: Zukunft von ENUM

Telefonzentrale für Internet-Telefonie drängt auf baldigen ENUM-Start
Von Michael Plura

Es ist dringend erforderlich, die Zuordnung von herkömmlichen Telefonnummer und den Teilnehmernummern für die Internet-Telefonie in Deutschland zu regeln, bevor Wildwuchs mit unabsehbaren Folgen für die Verbraucher und die Anbieter von Internet-Telefondiensten entsteht. Hierzu fordert Gerhard Wenderoth, Geschäftsführer der toplink GmbH, die den Internet-Telefonknoten im zentralen Frankfurter Internet-Datenzentrum betreibt, über das mehr als 90 Prozent des deutschen Internet-Datenverkehrs fließt, die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP) auf, das nationale ENUM-Projekt voranbringen. Die RegTP soll die ENUM- Verwaltung einer anerkannten Selbstorganisation der Internetwirtschaft wie dem DENIC eG (Deutsches Network Information Center) oder dem eco-Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. überantworten, empfiehlt Gerhard Wenderoth. Andernfalls drohe die Gefahr, dass ein ausländischer Anbieter die dringend geforderte Umsetzung deutscher Rufnummern an sich reißt.

Der globale ENUM-Standard (tElephone Number Mapping) dient der Übersetzung herkömmlicher Telefonnummern in Internetadressen des im Internet üblichen Domain Name System (DNS). ENUM stellt eine wichtige Voraussetzung dar, um bei der Voice-over-Internet-Protocol- Telefonie (VoIP) über die althergebrachte Telefonnummer erreichbar zu sein. Unter einer ENUM-Adresse lassen sich VoIP-Ziele, Festnetz- und Mobilfunknummern sowie Emails und Webseiten mit Prioritätenreihenfolge festlegen. Aufgrund der globalen Struktur des Internet könnte ein ENUM-Server, der im Ausland steht, problemlos die Umsetzung aller in Deutschland vergebenen Telefonnummern in Internetadressen übernehmen, mahnt toplink-Chef Gerhard Wenderoth akuten Handlungsbedarf bei der RegTP an, um die deutsche ENUM- Umsetzung in Deutschland zu halten. Der Betrieb eines ausländisc hen ENUM-Servers für den deutschen Telefonnummernraum wäre rechtlich zulässig, weil die deutschen Telefonnummern zwar unter der hoheitlichen Verwaltung der RegTP vergeben werden, jedoch dem Kunden gehören. "Firmen und Verbraucher können ihre Telefonnummern ohne weiteres bei einem ausländischen ENUM-Dienst für die Umwandlung in Internetadressen freigeben", sagt Gerhard Wenderoth.

Zur Umsetzung einer Telefonnummer in eine Internetadresse wird die Ziffernfolge inklusive Ländercode (also zum Beispiel"+49 721 6636? 200") einfach von allen Fremdzeichen bereinigt, um Punkte zwischen den Ziffern ergänzt und in umgekehrter Reihenfolge vor den Zusatz "e164.arpa" gesetzt. Aus der Telefonnummer "+49 721 6636? 200" wird die Internetadresse "0.0.2.6.3.6.6.1.2.7.9.4.e164.arpa". Die Klausel "e164" resultiert daher, dass der Rufnummernplan für das althergebrachte weltweite Telefonnetz von der International Telecommunication Union (ITU) in einem Dokument mit der Bezeichnung E.164 festgeschrieben ist. "arpa" geht auf die 1958 gegründete Forschungsbehörde Advanced Research Projects Agency (ARPA) zurück, die im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums unter anderem die frühe Entwicklung des Internet übernahm. Heutzutage stellt "arpa" die klassische Top Level Domain (TLD) für Internet-Ressourcen der Internet Engineering Task Force (IETF) dar, die seit 1986 als globale Organisation mit der Verwaltung und Weiterentwicklung des Internet befasst ist. In Europa kümmert sich das 1989 gegründete Forum Réseaux IP Européens (RIPE) um die Vergabe von Internetadressen (IP-Adressen). Die internationale ENUM- TLD "e164.arpa" wird derzeit im Auftrag der ITU von RIPE verwaltet, wobei die einzelnen Ländercodes nach Rücksprache mit Vertretern der ITU an nationale Länderorganisationen delegiert werden. In Deutschland sind seit 2002 ENUM-Einträge unter "9.4.e164.arpa" versuchsweise über DENIC, das Deutsche Network Information Center als die zentrale Registrierungsstelle für Domains unterhalb der Top- Level-Domain ".de", verfügbar. "ENUM gehört auf jeden Fall in die Hände einer unabhängigen Selbstorganisation der Internetwirtschaft und nicht etwa eines einzelnen Anbieters wie beispielsweise der Deutschen Telekom", warnt toplink-Geschäftsführer Gerhard Wenderoth vor Fehlentwicklungen: "Sollte der Quasi-Staatsmonopolist die ENUM- Administration übernehmen, wäre dies das Ende des Wettbewerbs bei der Internet-Telefonie in Deutschland. Dann könnte die Deutsche Telekom ihre Vormachtstellung im herkömmlichen Telefonmarkt mit Hilfe der RegTP auf die Internet-Telefonie übertragen. Die Folgen wären mangelnder Wettbewerb bei Preisen und Innovationen, Leidtragende wären Firmen und Verbraucher."

Wenderoth: Kein ENUM-Kuhhandel zwischen RegTP und Deutscher Telekom

Einem "Kuhhandel" zwischen staatlicher Regierungsaufsicht und dem mehrheitlich im Staatsbesitz befindlichen Telefoncarrier könnte ein ausländischer ENUM-Server ohnehin einen Riegel vorschieben, gibt toplink-Chef Gerhard Wenderoth zu bedenken. "Es wäre für einen ausländischen Betreiber ein Kinderspiel, den deutschen Rufnummernraum in Internetadressen umzusetzen", sagt Gerhard Wenderoth, und appelliert an die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation: "Dem obersten Regulierer muss klar sein, dass angesichts des globalen Charakters des Internet die nationale Regulierungspolitik am Ende ist. Statt sich auf vermeintlich hoheitlichen Rechten auszuruhen, sind Schnelligkeit und Flexibilität gefordert, um Deutschland im internationalen Wettbewerb eine herausragende Stellung einzuräumen. Eine von herstellerübergreifenden Internet-Organisationen wie DENIC oder eco administrierte ENUM-Umsetzung wäre eine solche Maßnahme zur Stärkung der deutschen Wettbewerbsposition."

Ein drohender ENUM-Betrieb für den deutschen Rufnummernraum im Ausland hätte nicht nur schwere Wettbewerbsnachteile für Deutschland, sondern würde auch erhebliche rechtliche Probleme für die Wirtschaft und die Verbraucher nach sich ziehen, hat toplink analysiert. Da die hoheitliche Kontrolle durch die RegTP entfiele, wäre der falschen Rufnummern-ENUM-Zuordnung Tür und Tor geöffnet. So ließe sich beispielsweise die Bestellhotline eines Versandhauses auf eine beliebige Internetadresse umleiten, umreißt toplink- Geschäftsführer Gerhard Wenderoth die Problematik, wenn die RegTP in Sachen ENUM nicht zügig handelt. Als Vorbild verweist Gerhard Wenderoth auf Österreich: Als weltweit erstes Land wurde in Österreich schon am 24. August 2004 ein Vertrag zum kommerziellen ENUM-Betrieb unterzeichnet. In diesem Vertrag delegiert der österreichische Regulator RTR den Betrieb an enum.at. Seit 9. Dezember letzten Jahres funktioniert der Service einwandfrei.