Planungen

mobilcom prüft Übernahme von freenet

Gewinne der Internettochter könnten mobilcoms Steuerverlust abtragen
Von Björn Brodersen

Der Büdelsdorfer Telekommunikationsanbieter mobilcom prüft eine vollständige Übernahme der Internettochter freenet. Nach Anweisung des Aufsichtsrats des Unternehmens untersucht Firmenchef Thorsten Grenz derzeit, ob ein Kauf der restlichen Anteile an freenet die sinnvollste Alternative ist, um den angehäuften Steuerverlust von rund 3,2 Milliarden Euro abzutragen und die Marktpositionen zu stärken. Das berichtet heute die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ). Grenz selber wollte den Bericht nicht kommentieren.

Durch Verschmelzung werden weitere Übernahmen möglich

Bei einer Übernahme könnte mobilcom seinen Verlustvortrag gegen die hohen Gewinne der Internettochter, die sich in einem wachstumsstarken Markt bewegt, verrechnen. Schätzen zufolge könnte der Steuereffekt zwischen 300 und 500 Millionen Euro betragen. Zudem würden beide Unternehmen eine Marktkapitalisierung von rund zwei Milliarden Euro erreichen, heißt es in dem Bericht. Dadurch stünde den Firmen dann bei einem recht hohen Streubesitz reichlich Masse für Übernahmen zur Verfügung. Zu den Übernahmekandidaten gehören der alternative Anbieter Arcor, für den Vodafone schon länger einen Käufer sucht, und der italienische Internetanbieter Tiscali. Bereits übernommen von freenet wurden der Webhoster und DSL-Anbieter Strato und Talkline ID. Größenwachstum ist wichtig, um im hart umkämpften Internetgeschäft bestehen zu können.

Gegen eine Verschmelzung könnten die hohen Übernahmekosten sprechen. Branchenkennern zufolge kann auch eine Aktienverschmelzung nach dem Vorbild der Reintegration von T-Online in die Deutsche Telekom eine Option sein. Aktionäre von T-Online können gemäß einer heute veröffentlichten Pflichtmitteilung des Bonner Mutterkonzerns in Telekom-Aktien tauschen oder Gebrauch von einem Barangebot machen. Grund für die derzeitigen Planungen bei mobilcom könnte auch die Furcht davor sein, selbst von ausländischen Investmentfonds übernommen und anschließend zerschlagen zu werden.

freenet trägt hauptsächlich zu Gewinnen von mobilcom bei

freenet-Chef Eckhard Spoerr wartet allerdings noch auf eine Anfrage seitens mobilcom. "Mit uns hat mobilcom noch nicht gesprochen", sagte er gegenüber der FTD. "Wir würden einem solchen Vorhaben aber konstruktiv gegenüber stehen. Ich sehe auch die Ratio hinter einer solchen Überlegung." Voraussetzung müsse allerdings sein, dass sich in einem Übernahmeangebot die Ertrags- und Wachstumsstärke der Hamburger Internettochter für ihre Minderheitsaktionäre widerspiegelten. Zurzeit hält mobilcom 50,4 Prozent an freenet.

Nach Angaben der Zeitung besitzen die ausstehenden Aktien von freenet einen Marktwert von rund 450 Millionen Euro. Schon jetzt fahre der Büdelsdorfer Mobilfunkprovider mehr als die Hälfte seines Gewinns über seine freenet-Beteiligung ein. In den ersten drei Quartalen 2004 habe freenet sogar drei Viertel des Gewinns beigetragen. Der Gewinn von freenet vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) lag im dritten Quartal 2004 bei 31,31 Millionen Euro, der Umsatz bei 116,02 Millionen Euro.