Entwicklungssprünge

Telekommunikation und die neue Mobilität

Neue Technologien verändern die Gesellschaft
Von Marie-Anne Winter

Vor 100 Jahren waren das Reisen oder der Besitz eines Automobils noch den Reichen vorbehalten. In den westlichen Industrienationen ist es für die breiten Massen längst selbstverständlich, auto-mobil zu sein. Nachdem Jahrtausende lang die eigenen Füße das übliche Fortbewegungsmittel waren, gab es in den vergangenen zwei Jahrhunderten vier große Technikschübe, die mehr Bewegung mit sich brachten: die Eisenbahn, das Auto, das Flugzeug und schließlich die Telekommunikation. Jeder dieser Schübe erschloss eine neue Dimension.

Durch die Eisenbahn entstanden neue Zentren rund um die Bahnhöfe. Durch Industrieansiedlungen, die viele Arbeiter anzogen, entstanden die ersten Großstädte. Später ermöglichte das Auto eine Ausdehnung der Städte in die Fläche. Es entstanden weitläufige Vorstädte. Durch das Flugzeug kamen neue Möglichkeiten von Urlaubs- und Wochenendgestaltung hinzu.

Der vierte Technologieschub durch die Telekommunikation hat gerade erst angefangen, sich auf das Mobilitätsverhalten auszuwirken. Die neuen Kommunikationstechniken ermöglichen es theoretisch, bestimmte Arbeiten von jedem Ort der Welt aus in der gleichen Zeit erledigen. Moderne Kommunikationsmittel wie Internet, E-Mail oder Videokonferenz bieten den Nutzern mehr Entscheidungsfreiheit und Lebensqualität.

Die neue Bewegungsfreiheit ermöglich auch das Zuhause-bleiben

Doch die neue Mobilität, die möglich sein soll, weil Arbeiter eben nicht mehr ihrem Job hinterherziehen müssen, ist noch Utopie. Es ist längst nicht so, dass die Arbeit den mobilen Arbeitern folgt. Zwar wird zunehmend mehr Arbeit per Internet von zu Hause oder auch von Unterwegs aus erledigt, doch dass Unternehmen ihre Belegschaft aus global vagabundierenden Telearbeitern rekrutieren, die sich auf sonnenverwöhnten Inseln mit Palmen und Sandstrand niedergelassen haben und sich allenfalls per Net-Meeting treffen, ist bisher keineswegs die Regel.

Die neuen Kommunikationstechnologien geben den Nutzern mit neuen mobilen Endgeräten immer mehr Bewegungsfreiheit, sie werden aber auch eingesetzt, um Mobilität zu vermeiden. Etwa indem herkömmliche Konferenzen und Meetings durch Telefon- und Videokonferenzen ersetzt werden. Damit werden Zeit und Reisekosten gespart.

Auch private Nutzer bewegen sich zunehmend virtuell um die Welt - vom heimischen PC aus kann man per Internet Menschen aus der ganzen Welt "treffen", ohne die eigenen vier Wände zu verlassen. Das ist eine neue Form der Mobilität, an die man vor einigen Jahrzehnten noch gar nicht gedacht hat.