Datenspeicherung

Internetnutzer unter pauschalem Terrorismusverdacht

dmmv: Pläne des Innenministeriums führen Persönlichkeitsrechte ad absurdum
Von Marie-Anne Winter

Erst vor wenigen Wochen hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar unter Hinweis auf die bereits bestehenden Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden sowie den prinzipiellen Grundsatz zur Datenvermeidung und Datensparsamkeit die Unverhältnismäßigkeit eines solchen Schrittes angeprangert: "Für mich steht (...) im Vordergrund, dass eine generelle Vorratsdatenspeicherung ganz überwiegend personenbezogene Daten Unschuldiger betreffen würde. Angesichts der beschränkten personellen und sachlichen Ausstattung der Datenschutzbehörden ist eine umfassende Kontrolle aber nicht möglich. Gleichzeitig könnte eine solche Vorschrift von technisch versierten Straftätern umgangen werden."

Die Erfahrungen mit Anbietern illegaler Inhalte (wie etwa Kinderpornographie oder Raubkopien) zeigten, dass eine solche Regelung kaum zielführend sei. "Gerade terroristische Kreise sowie die Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität wissen, wie sie ihre Spuren über Anonymisierungsdienste oder der Verschlüsselungen von Nachrichten verwischen können" so Groth weiter. "Zudem verursacht die Sicherung der Daten bei größeren Anbietern Kosten im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich, die für Weiterentwicklungen und Innovationen nicht mehr zur Verfügung stehen."

Blinder Aktionismus nutzt niemandem

Im Hinblick auf die zwangsläufig entstehende Datenbank verweist Groth zudem auf die verführerische Anziehungskraft für Hacker und die organisierte Kriminalität: "Um eine spätere Recherche auch verschlüsselter Nachrichten wenigstens theoretisch zu ermöglichen, müssten die privaten Schlüssel der Nutzer in einer zentralen Datenbank gespeichert werden, auf die die Ermittlungsbehörden im Bedarfsfall zugreifen könnten. Eine solche Datenbank dürfte einen großen Anreiz für Hacker, Mitglieder der organisierten Kriminalität und für zur Wirtschaftsspionage eingesetzte Geheimdienste darstellen. Ein derartiges Sicherheitsrisiko ist für alle Nutzer der Online-Medien absolut untragbar, der damit einhergehende Vertrauensverlust in das Medium absolut inakzeptabel."

Allein die Bereitstellung von Speichermedien und die Sicherung der Daten würde bei den Internet- und Mobilfunk-Providern Kosten im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich verursachen. Allerdings ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht belegt, dass die somit anfallende gigantische Datenmenge für Ermittlungszwecke überhaupt sinnvoll genutzt werden kann. Es sollen bisher nicht einmal Informationen darüber vorliegen, wie die gegenwärtig vorliegenden Daten - mit erheblich kürzeren Speicherfristen ausgewertet - ausgewertet werden können und in wie vielen Fällen die jeweilige Recherche überhaupt erfolgreich gewesen sei.

"Der weniger als vagen Hoffnung, dass eine Auswertung der Daten zu einem verwertbaren Ermittlungsergebnis führt, stehen erhebliche Einschränkungen der Perönlichkeitsrechte, nicht kompensierbare Kosten auf Seiten der Anbieter sowie erhebliche Sicherheitsrisiken aller Beteiligten gegenüber. Vor diesem Hintergrund ist der neuerliche Vorstoß in Sachen Vorratsdatenspeicherung absolut unverständlich" fasst der dmmv-Präsident seine Kritik zusammen. "Die Konzeptlosigkeit und Hilflosigkeit in punkto Verbrechensbekämpfung und Terrorismusvermeidung darf in unseren Augen nicht in blindem Aktionismus münden."