e-voting

Tasten tippen statt Kreuzchen machen

Koblenz: Kommunal- und Europawahl per Computer
Von dpa / Marie-Anne Winter

Der Zeigefinger tippt auf mehrere Tasten - fertig. "Habe ich schon gewählt?", fragen manche Bürger verblüfft. Statt Kreuzchen zu machen haben sie viel flinker am Computer ihre Stimme abgegeben. In Mainz, Kastellaun und Bad Ems gab es bei der Landtagswahl 2001 und der Bundestagswahl 2002 mehrere elektronische Wahlgeräte in den Wahllokalen - ein Test, der positiv ausfiel.

Bei der Kommunal- und Europawahl am 13. Juni in Rheinland-Pfalz geht die Stadt Koblenz noch einen Schritt weiter: Als erste Großstadt im Land setzt sie die Stimmenzählgeräte mit Sichtschutz an den Seiten und Tasten für jeden Kandidaten flächendeckend ein. Auch in der Kleinstadt Kastellaun im Hunsrück kommen die Geräte in allen vier Stimmbezirken zum Einsatz.

"Gerade bei Kommunalwahlen mit ihrem komplizierten Wahlsystem ist das eine besondere Herausforderung", sagt Landeswahlleiter Jörg Berres in Bad Ems. Damit bezieht sich der Präsident des Statistischen Landesamtes auf das mögliche Kumulieren (Konzentration von bis zu drei Stimmen auf einen Kandidaten) und das Panaschieren (Verteilung der Stimmen auf Kandidaten verschiedener Parteien).

Computer zählen schneller

Die Vorteile seien aber immens. "Die Wähler können nicht mehr unbewusst ungültig wählen, wenn sie sich bei der Zahl ihrer Stimmen verzählen - das merkt der Computer", erklärt Berres. "Auch beim Auszählen passieren keine Fehler mehr und es geht sehr viel schneller." Berres Stellvertreter Stephan Danzer ergänzt: "Früher haben die Wahlvorstände bei Kommunalwahlen bis zu zwei Tage für das Auszählen der vorläufigen Ergebnisse gebraucht - jetzt können sie schon am Wahlabend fertig sein."

Die Zeitersparnis ist auch der Hauptgrund, warum die Stadt Koblenz in ihren 73 Stimmbezirken 215 elektronische Wahlgeräte einsetzen will. "Das Turnfest Rheinland-Pfalz belegt hier vom 10. bis 13. Juni alle großen Räumlichkeiten. Die fehlen uns zum Stimmenauszählen. Deshalb zählen wir rasch elektronisch", erklärt Sachbearbeiterin Sandra Horn. "Die Stimmen der Briefwähler müssen allerdings weiterhin mit der Hand ausgezählt werden." Nach Horns Worten vermuten manche Politiker, dass die Quote der Briefwähler dieses Mal wegen der möglichen Angst vieler Bürger vor den neuen Automaten steigt.

Die Stadt Koblenz investiere in die Geräte fast eine halbe Million Euro. "Die Geräte für die Kommunalwahl mieten wir, weil wir die nur alle fünf Jahre brauchen. Die anderen kaufen wir, weil sie für alle anderen Wahlen ohne Kumulieren und Panaschieren einsetzbar sind", erläutert Horn.

Wahlcomputer wurden erstmals 1999 eingesetzt

Die einzigen bislang in Deutschland zugelassenen elektronischen Wahlgeräte werden von der Firma Nedap im niederländischen Groenlo hergestellt. Die Software für deutsche Wahlen stammt von der HSG Wahlsysteme GmbH im nordrhein-westfälischen Werne. In Deutschland wurden die ersten Geräte bei der Europawahl 1999 in Köln und Düsseldorf eingesetzt. Bei der Bundestagswahl 2002 kamen schon rund 1 500 Automaten in 42 Gemeinden in fünf Bundesländern zum Einsatz.

"Bei der Bundestagswahl sind nur drei Geräte ausgefallen", sagt HSG-Chef Herbert Schulze Geiping. Wählen per Knopfdruck sei sicher: Jede Gemeinde halte mindestens ein Ersatzgerät parat, es gebe eine Hotline, und im Ernstfall sorge seine Firma in Windeseile für weitere Ersatzgeräte. "Auch bei Stromausfall passiert den bis dahin gespeicherten Stimmen nichts. Bleibt der Strom lange weg, kann eine Zwölf-Volt-Batterie angeschlossen werden", erklärt Schulze Geiping. Das Wahlgeheimnis sei ohnehin gewahrt: Die Geräte würden versiegelt in die Wahllokale gebracht und dort von den Wahlvorständen mit einem Schlüssel freigeschaltet.

Die bei der rheinland-pfälzischen Landtagswahl 2001 als Test eingesetzten Wahlgeräten stießen laut einer Studie der Universität Koblenz-Landau bei Wählern wie Wahlvorständen auf breite Zustimmung. Noch ausgeschlossen ist nach Angaben von Experten eine amtliche politische Wahl per Internet von zu Hause aus: Zu groß sei beim jetzigen Stand der Technik die Gefahr, dass Hacker das Wahlgeheimnis lüften oder die Wahlergebnisse manipulieren könnten.