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Editorial: Einladung zum Telefonterror

Die kurze Wirkung des Richterspruchs des Bundesverwaltungsgerichts
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Einen klaren Sieg hat Vodafone in letzter Instanz errungen: Wie das Bundesverwaltungsgericht entschied, brauchen sie bei Prepaid-Karten Name und Anschrift des Kunden nicht mehr zu erfassen. Das vereinfacht den Vertrieb dieser Karten ungemein. Beim Händler muss kein Vertragsformular mehr ausgefüllt werden, und die Kopie des Personalausweises ist auch überflüssig. Der Netzbetreiber muss den Eingang der Formulare nicht mehr Überwachen, und die Daten nicht mehr erfassen.

Bereits Stunden nach der Veröffentlichung des Urteils gab es viel Kritik, auch bei uns im Forum. Denn die Nichterfassung von Prepaid-Handys ist geradezu eine Einladung für Kriminelle, diese Geräte für ihre Taten zu benutzen. Sicherlich, Top-Terroristen oder Drahtzieher des illegalen Waffen-, Drogen- oder Menschenhandels wissen eh, wie sie staatlichen Überwachungsmaßnahmen entgehen könen. Doch beim typischen Kleinkriminellen dürfte dieses Wissen nicht immer anzutreffen sein. Und manchmal findet man eine Spur zu den "Großen" ja auch über die "Kleinen".

Andere Taten, die übers Telefon abgesprochen oder ausgeführt werden, benötigen gar nicht erst diesen Organisationsgrad. Als Beispiel sei der Telefonterror angeführt, bei dem die Täter oft gezielt ihre Anonymität ausnutzen, um dem Opfer zusätzlich Angst einzujagen. Ist die Telefonnummer des Anrufers nicht registriert, nutzen auch Fangschaltungen nicht, um den Täter zu identifizieren. Ärger bei Betroffenen ist damit vorprogrammiert.

Der Sieg von Vodafone dürfte jedoch nur von kurzer Dauer sein. Das Urteil [Link entfernt] des Bundesverwaltungsgerichts bezieht sich nämlich auf eine juristische Spitzfindigkeit: In § 90 TKG [Link entfernt] werden die Anbieter zwar zum Führen von Kundendateien verpflichtet, nicht aber auch zur Erhebung der dazu notwendigen Daten.

Nun ist es logisch, dass ohne Erhebung der Daten das Führen der Datei unmöglich ist. Daraus folgerte die Regulierungsbehörde, dass der Gesetzgeber wollte, dass die Daten auch erhoben werden. Dem folgte das Bundesverwaltungsgericht nicht, da die Erhebung der Daten nach Ansicht des Gerichts nach einen Eingriff in das Grundrecht auf "informelle Selbstbestimmung" darstellt. Zwar sei ein solcher Eingriff per Gesetz durchaus zulässig, doch müsse dieser aus dem Gesetz auch ausdrücklich und nicht nur stillschweigend hervorgehen.

Die entsprechende Gesetzesänderung ist bereits vorbereitet. Im § 109, Abs. 1 des Regierungsentwurfs des Telekommunikationsgesetzes [Link entfernt] (kurz TKG) wird nicht nur die Speicherung, sondern auch die Erfassung der Daten der Anschlussinhaber vorgeschrieben. Mussten bisher nur Name und Anschrift gespeichert werden, müssen künftig auch das Geburtsdatum sowie Beginn und Ende des Vertrages erfasst und gespeichert werden. Einzige Einschränkung: Eine rückwirkende Erfassung der Daten bereits bestehender Verträge ist nicht vorgesehen.