Prepaidkarte

Telefonieren mit buntem Plastik: Die Telefonkarte wurde 20

Ein Beinahe-Nachruf
Von Marie-Anne Winter

Vor zwanzig Jahren entwarf die Deutsche Telekom die Telefonkarte, mit der das Telefonieren von öffentlichen Fernsprechern aus einfacher werden sollte: Die bunten Karten im praktischen Scheckkartenformat ersetzen das unhandliche Kleingeld, mit denen die Telefonautomaten zuvor gefüttert werden müssten.

Im Sommer 1983 fanden die ersten Feldversuche mit vorausbezahlten Telefonkarten für öffentliche Telefone statt. Doch wie die Daten auf der Karte gespeichert werden sollten, war damals noch nicht klar, getestet wurden Hologrammkarten, Chipkarten, Magnetkarten und Lochkarten. Die Entscheidung fiel erst drei Jahre später: Das im Gebiet Bonn und Aachen getestete Chipkartensystem wurde bundesweit eingeführt. Als Grund gab die Telekom dessen überlegene Fälschungssicherheit an. Damit begann der Siegeszug der Telefonkarte. Nach 1,5 Millionen Stück im Jahr 1986 wurden im zweiten Jahr schon sechs Millionen der 4,6 Quadratzentimeter großen und 4,5 Gramm leichten Plastikkarten verkauft. Im November 1998 kam denn die 500-millionste Telefonkarte auf den Markt.

Doch die Beliebheit der bunten Karten hatte auch ihre Schattenseiten: Fast ein Jahrzehnt lang galt die Telekomkarte als sicher, doch Ende der neunziger Jahre gelang es findigen Tüftlern, die Karte zu knacken. Karten, die vor 1995 hergestellt wurden, konnten mit selbstgebauten Aufladegeräten nachgefüllt werden. Bald kam ein schwunghafter Schwarzhandel mit illegal nachgeladenen Karten in Gang. Der Telekom entgingen auf diese Weise Umsätze im mehrstelligen Millionenbereich. Im Sommer 2001 ergriff der Konzern eine drastische Maßnahme, um die Benutzung dieser Karten unmöglich zu machen: Sie sperrte in Berlin sämtliche öffentliche Telefone für Telefonkarten, die vor 1998 hergestellt wurden. Denn die Bundeshauptstadt war gleichzeitig auch die Hauptstadt der Telefonkartenfälscher, hier lag der Mißbrauch dreimal so hoch wie im restlichen Bundesgebiet.

Aber die Telefonkarten hat ihre großen Zeiten trotzdem hinter sich: Mit der zunehmenden Verbreitung der Handys wird sie nach und nach überflüssig. In den letzten Jahren mussten die Kartenhersteller weltweit erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen. Die Telekom reagiert auf die sinkende Nachfrage auch mit dem Abbau von öffentlichen Fernsprechern bzw. mit deren Umwandung in so genannte Basistelefone, von denen aus Notrufe abgesetzt werden können. Auch Telefonate per Calling-Card und R-Gespräche sind möglich.

Trotzdem arbeiten die etwa 300 Mitarbeiter der Telekom-Tochter DeTeCardService in Nürnberg ständig an der Weiterentwicklung der Telefonkarte. Die neue Generation von Euro-Chips sorgt für ein gesichertes Authentifizierungsverfahren zwischen Karte und Kartentelefon. Auch echte Raritäten für die Sammler befinden sich unter den über 700 Millionen Telefonkarten, die die Telekom seit 1983 verkauft wurden. In der Collectors-Serie gibt es Karten aus Papier, Metall, Glas oder Holz. All diese Karten sind voll funktionsfähig. Im vergangenen Jahr wurden immerhin noch 20 Millionen Telefonkarten verkauft.