TKG

Telekommunikationsgesetz kommt vermutlich erst 2004

Der Bundesregierung droht ein Vertragsverletzungsverfahren
Von Marie-Anne Winter

Mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) tut sich die Bundesregierung schwer. Eigentlich sollte das Gesetzeswerk, mit dem die Vorgaben der EU-Kommission verbindlich umgesetzt werden sollen, bis Ende des Jahres verabschiedet werden. Doch die komplexe Richtlinie ist offenbar nicht so einfach in deutsches Recht umzumünzen. Mehr Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt wollen erst einmal alle, aber jeder hat eine eigene Vorstellung davon, was unter mehr Wettbewerb zu verstehen ist. Die Telekom versucht, ihre Vormachtstellung als größtes Unternehmen im Markt zu verteidigen, die Wettbewerber wollen ihre Vorstellungen umgesetzt wissen und die Regulierungsbehörde (RegTP) möchte weiterhin regulieren dürfen.

Wie schon in einer früheren Meldung beschrieben, befürchtet die Regulierungsbehörde, dass durch die Ausweitung der Kompetenzen der EU-Kommission künftige Regulierungsverfahren in die Länge gezogen werden. Weiterhin stellen sich die Wettbewerber vor, dass die Regulierungsbehörde jedes Angebot der Telekom im Vorhinein ("ex ante") prüfen können müsse. Außerdem dürfe das Ende der Regulierung in einzelnen Bereichen wegen verbesserter Wettbewerbssituation auch nicht dazu führen, dass schlagartig bestimmte Vorleistungsprodukte wegfielen. So müsse beispielsweise sicher gestellt werden, dass heute abgeschlossene Mietverträge über Anschlussleitungen zum Endkunden auch dann weiterliefen, wenn die Telekom hier künftig ihre marktbeherrschende Position verliere.

Für den Verbraucher ergeben erst einmal Nachteile, wenn sich durch das neue TKG die Regulierungsverfahren in die Länge ziehen sollten. Dadurch wird der Wettbewerb geschwächt und dem Verbraucher stehen bei neuen Diensten anfangs nur wenige oder gar keine Alternativanbieter zur Verfügung. Die Festschreibung des Inkassos bis 2005 bringt zwar zweieinhalb Jahre Rechtssicherheit für offenes Call by Call, ab 2006 herrscht aber wieder Unsicherheit. Da Unternehmen ihre Investitionen langfristig planen, kann die neue Regelung bereits heute negative Auswirkungen haben, etwa weil Anbieter von der Einführung neuer Call-by-Call-Angebote wegen der nicht absehbaren Entwicklung Abstand nehmen.

Das zögerliche Herumlavieren hat allerdings auch negative Folgen, denn die Unsicherheit wird ja nicht geringer, wenn das TKG einfach nur später kommt. Vor allem hängt das Damoklesschwert "Vertragsverletzungsverfahren" über der Bundesregierung, wenn sie nicht in der Lage sein sollte, das neue TKG bis Ende des Jahres unter Dach und Fach zu bringen. Laut FTD [Link entfernt] drohte bereits ein Sprecher der EU-Kommission, dass allein die Umsetzung der Richtlinie zähle, nicht aber der Stand der Dinge. Wenn die deutsche Regierung die heute endende Frist zu Umsetzung absehbar um mehr als drei Monate überschreite, werde man in Brüssel sehr schnell reagieren und ein solches Verfahren einleiten. Das würde neben einer empfindlichen Geldbuße auch einen Imageschaden für Rot-Grün bedeuten. Das Bundeswirtschaftsministerium verweist angesichts der Verzögerungen auf Mehrdeutigkeiten in der Richtlinie. Man müsse alles konkreter formulieren und Interpretationsspielräume möglichst klein halten, damit später langwierige Streiterein vor Gericht vermieden würden. Auch müssten noch zahlreiche Stellungnahmen gesichtet und eingearbeitet werden. Die Verabschiedung des neuen TKG wird nun für das Frühjahr 2004 angepeilt.